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Blumenfresser

Blumenfresser

Titel: Blumenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: László Darvasi
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Dachziegel herab und schlugen einem Mönch den Schädel ein. Bis zum Mittagsläuten hatte sich die Welt beruhigt, die Stadt badete bereits in der Wärme des Frühlings, dampfend trockneten Dächer und Pflastersteine, und am Abend auf dem Ball entschied sich alles.
    Klara trug ein weißes Atlaskleid, die Seide war mit Bändern geschmückt, in ihrem Haar prunkten Knospen, Imre kam der Gedanke, um wie viel natürlicher ein solcher Schmuck war als die zwischen den Locken der anderen Mädchen protzenden Perlenschnüre. Wer weiß, welche Betteleien die frischen Blumen Klaras Vater gekostet hatten, denn wo blühen um dieseZeit Tulpen und Rosen?! Neben Imre herrschte Gedränge, Mädchen flüsterten, der verspottete junge Mann maß sie mit tiefrotem Gesicht. Wie üblich war Redakteur Kigl von einer Zuhörerschaft umringt, die er mit düsteren Geschichten beunruhigte, er gab einen Bericht zum Zustand von Pest ab, wo die Syphilis aus den Kanälen atme, während die Friedhöfe gepflegt würden und auf den Gräbern Rosensträucher blühten, in Buda dagegen lugten Menschenknochen aus der Friedhofserde wie Kartoffeln aus einem Acker. Zwischen den Grabhügeln lägen weiße Schädel und Wadenbeine, und kürzlich habe man eine Hand gefunden, die am Handgelenk vom Arm abgetrennt gewesen sei, und am Finger, man möge sich das vorstellen, habe ein Ehering gesteckt.
    So eine, Herr Redakteur? Klara hielt ihm ihr Handgelenk unter die Nase.
    Kigl starrte sie mit schräg gelegtem Kopf an, Klara lachte.
    Die Saalwände waren mit Spiegeln verkleidet, vielarmige Lüster verströmten Licht. Das Mädchen tanzte mit ihren Freundinnen, nach einer Runde blieben sie stehen, nestelten einander im Haar herum, rückten die Perlenreihen an den Westen oder die Spitzenschleier zurecht. Die Mädchen gingen in Paaren, die Kleinere passte auf die Größere auf, die Hässlichere auf die Schönere, die weniger Wortgewandte schützte die Geschwätzige. Paarweise gingen auch die älteren Damen, unterhielten sich Arm in Arm, doch dabei verfolgten sie mit wacher Aufmerksamkeit, wann ihre Töchter gegen die Benimmregeln verstießen, denn dass die Gänse das tun würden, stand außer Frage. Da wusste Imre bereits, dass Klara mit ihrem Vater gekommen war, sie wurde von gar niemandem beaufsichtigt, Pelsőczy wanderte im benachbarten Saal umher, sicherlich pumpte er jemanden um Geld an. Imre glaubte sich zu erinnern, dass man vor zwei, drei Jahren ihre Mutter beerdigt hatte, das unverständlichste der zahlreichen Mysterien Pelsőczys. Wie die beiden Menschen hatten zusammenleben können, war nicht zu begreifen! Und wie waren sie zu so einem Geschöpf wie Klara gekommen?!
    Inzwischen hatten viele Ballbesucher Masken angelegt, um Imre herum kreiselten grinsende Teufel, Gespensterfratzen und Vogelköpfe, eine Hexe wieherte ihm ins Gesicht. Ein befrackter Kellner balancierte sein Tablett, er bekam einen Stoß ab, doch er schaffte es, dass die Gläser heil blieben, und verzog keine Miene. Imres schlechte Laune verflog plötzlich, er wurde heiter und freundlich, der Alkohol stieg ihm zu Kopf, er drängte sich zum Kellner durch und kippte noch zwei Gläser. Die Zigeuner intonierten einen Strauß-Walzer, und er trat zu dem Mädchen und lud sie unbeholfen zu einer Unterhaltung ein.
    Tanzen wir und unterhalten wir uns dabei, lachte Klara.
    Wenn Sie mit mir tanzen, werden Sie dabei leider nicht reden können.
    Das möchte ich doch mal sehen, ob mir Ihre Tanzkünste die Laune verderben!
    Sie wissen noch nicht, wie kompliziert das werden wird, brummte er und legte die Hand auf ihre Hüfte. Imre wusste, wovon er redete, er war tatsächlich so ungeschickt, dass schon nach den ersten Umdrehungen gekichert wurde. Der Körper des Mädchens spannte sich, doch sie versuchte, ihn zu führen, worauf er mehrmals gegen ihr Knie stieß und auch die Ungeheuerlichkeit beging, ihr auf die Füße zu treten. Klara sah ihn fassungslos an, als sei eine Welt für sie zusammengebrochen. Wie ein Ziegenbock, du lieber Himmel, wie ein richtiger Ziegenbock, sagte ihr Blick, während er sich peinlich berührt auf die Zunge biss und zu lächeln versuchte. Klaras Augen schwammen in Tränen, unverhohlenes Gelächter brodelte ihnen hinterher, man zeigte auf sie, und seine Ungeschicklichkeit griff wie eine ansteckende Krankheit auf sie über, ihre Bewegungen verlangsamten sich, wurden unsicher, schließlich trat sie ihm ihrerseits auf die Füße. Gut, sie war nichts schuldig geblieben. Imre hätte das Ganze gerne

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