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Blumenfresser

Blumenfresser

Titel: Blumenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: László Darvasi
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die Dünen und baten sie, die dort umherstreifenden und genauso hungrigen und erschöpften Zigeuner, die ihre lahmenden Kamele antrieben, um ein Almosen, und sie, obwohl sie noch Fladenbrot hatten und in ihren Schläuchen noch ein wenig Wasser schwappte, teilten nicht mit ihnen. Maria senkte traurig den Kopf, als würde sie nicht verstehen, wie die Menschen so hartherzig sein konnten. Joseph, der Zimmermann mit dem breiten Gesicht, sagte nur, verreckt, Mistviecher! Es war kein Fluch. Es war nur Wut. Gebt mir Geld!, flüsterte Habred, und die Geschichte offenbarte sich. Deswegen mussten sie entbehren und darben, das war ihre Strafe, weil sie nicht mit Jesus geteilt hatten!
    Und man muss wissen, dass Gilagóg, der nun Pfeife rauchend dem vor ihm sitzenden ungarischen Gelehrten von seiner Ahnung erzählte, ihn dadurch zu seinem Komplizen machte! Imre schwieg, als hätte er einen Frosch verschluckt. Gilagóg betastete sein Gesicht und brummte, man müsse es in Frauenurin waschen, das reinige und bringe es zum Glänzen. Er sagte, Imre sehe schlecht aus, er sauge den Duft giftiger Pflanzen ein oder vergifte sich mit betäubendem Blütenstaub.
    Benutzt du meine Tochter?, fragte er dann.
    Wie könnte ich, Imre lächelte, in der Nacht würde sie mir ein Messer ins Herz stoßen.
    Vielen von diesen Hunden wäre es das wert, brummte Gilagóg.
    Weißt du, warum die Zigeuner der heiligen Familie kein Almosen gegeben haben?, fragte Gilagóg unvermittelt.
    Keine Ahnung, Imre stieß einen Hund zur Seite, der seine Füße umschnüffelte.
    Wenn Jesus auch nur eine Krume von ihrem Brot isst, wird er so wie sie! Die Zigeuner wollten nicht, dass auch er ein Umhergetriebener, ein Heimatloser wird!
    Ob sie wohl wussten, wer der Säugling war?, spöttelte Imre.
    Sie spürten, dass er auch als Säugling ein großer Herr ist, knurrte der Zigeuner.
    Wieso, Gilagóg, ist denn Jesus kein Heimatloser geworden?
    Der Woiwode überlegte, so gesehen, ist er einer geworden.
    In ein paar Tagen werde ich im Casinogebäude einen Vortrag halten, sagte Imre. Weißt du, wo das Casino von Palánk ist? Gut. Weißt du auch, was das heißt, jemand hält einen Vortrag?
    Gilagóg war gekränkt, dass er für so unwissend gehalten wurde, hatte denn nicht auch er seinem Volk einen Vortrag gehalten, als sie Szeged einnahmen?!
    Ich werde einen Vortrag halten, aber nicht allein, du kommst mit, Woiwode, Imre erhob sich.
    Wie?!
    Du wirst mich begleiten und ebenfalls sprechen.
    Da sprang Gilagóg auf. Er starrte in das schmale, entschlossene Gesicht. Was wollte dieser Mensch von ihm?!
    Was interessiert mich irgendein Vortrag!, knurrte er.
    Eine unwiederbringliche Gelegenheit, Imre lächelte so, dass er groß und stark wirkte. Erzähl ihnen von der Erschaffung der Zigeuner! Wenn du sie nicht erzählst, verraucht, verfliegt sie, eure Geschichte löst sich in Luft auf. Jetzt kennst du sie, aber wer weiß, was morgen mit uns wird?!
    Imre klopfte seine Hose aus. An seinen Schuhen klebte Lehm, der Hund schnüffelte an seiner Hand und kläffte. Imre ging, doch er wandte sich noch einmal um, es ist bald soweit, Woiwode, ich benachrichtige dich!
    Gilagóg rief ihm nach.
    Sein so selbstsicherer Blick war nun verstört.
    Na, spuck schon aus, was du sagen möchtest! Imre trat wieder näher.
    Der Zigeuner drehte sich um, er ließ den Blick über das Lager schweifen, lange und umständlich, er verweilte bei jedem einzelnen Detail, als wolle er fortgehen, als würde er von der Welt Abschied nehmen, und als er sich wieder Imre zuwandte, war ihm anzusehen, dass ihn etwas bedrückte. Doch er verriet nicht,was es war. Schließlich nickte er, gut, Herr Schön, ich erzähle sie. Ich erzähle die Weltgeschichte der Zigeuner!

Der Herr aus Wien kann nicht schlafen
    Jede Menschenansammlung war gefährlich, Theater, Casino, Faschingsball! Auch religiöse Versammlungen wurden verboten, der Verein Heiliger Rosenkranz durfte nicht zusammentreten, nicht einmal die sanfte Mariengesellschaft. Doch im Fall Schön duldete der Herr aus Wien keinen Widerspruch und überzeugte das Amt. Er war eisern und entschlossen, ließ die Maske seiner gezierten Liebenswürdigkeit fallen und erklärte mit Polterstimme, woran sich die verehrten Herren zu halten hätten. Der Vortrag ist zu genehmigen und aus dem Hintergrund zu unterstützen, jede Hilfe ist Schön zu gewähren, damit er seine Rede halten kann. Warum, bitte schön? Weil wir dann sämtliche Gestalten, die zu überwachen sich lohnt, an einem Ort beisammen

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