Blumenfresser
knisternd. An einem Wintermorgen fand sich Peter ein, mit den üblichen Klagen, er hielt sich für einen verlassenen und gescheiterten Mann, sehnte sich nach Mitgefühl, und diesmal zog er kein Likörglas aus der Tasche. Er saß mit steifem Rücken auf dem Sofa und seufzte. Man hätte ihn fragen müssen, ob er ein Mörder sei, wie Somnakaj behauptete, doch dazu hatte Klara keine Kraft.
Und wenn er bejahte und zugab, dass er Adam niedergemetzelt hatte?!
Was würde sie dann tun?!
Peter nuschelte, als wäre er betrunken, vielleicht war er es. Er habe das Geschäft mit der Umleitung der Theiß abgewickelt, die Bauarbeiten sehe Klara ja, doch jetzt reise er ab, weit weg, irgendwann werde er sich melden.
Nur einmal möchte er noch ihre Hand halten!
Klara rührte sich nicht, und er nahm ihre Hand, drehte den Handteller nach oben und betrachtete lange den roten Fleck, dann drückte er mit seinem nassen Mund einen Kuss darauf.
Mörder, sagte Klara zu der sich schließenden Tür, du Mörder.
Peter schickte Geld, manchmal mehr, dann wieder demütigend wenig. Klara erhielt die Nachricht, sie solle zum Fleischer von Rochus gehen, dort warteten zehn Kilo Innereien auf sie. Sie war von seiner Dummheit erschüttert, was sollte sie denn mit so viel Fleisch anfangen?! Bei dieser Marktfrau bekam sie Kartoffeln und Petersilienwurzeln, bei jenem Jäger einen Hasen oder einen Fasan. Berger brachte oft Körbe, die mit Fischen und Krebsen gefüllt waren. Das Kind wuchs heran, es sprach schon in ganzen Sätzen. Als Klara wegen ihrer Schulden aufgefordert wurde, aus der Schwarzer-Adler-Straße fortzuziehen, sandte sie Herrn Schütz eine verzweifelte Nachricht, doch der konnte ihr nicht helfen, sein Blindheitsleiden hatte ihn wieder befallen. Klara verkaufte das Haus unter Wert, sie zog in die Kalvarienbergstraße, und die Zigeuner halfen ihr, und unterwegs, auf dem rumpelnden Wagen, fiel ihr auf, wie alt und verdorrt Gilagóg aussah. Die Zigeuner schafften ein paar Kleinigkeiten beiseite, Klara interessierte das nicht. Sie überredete sie, während der Fahrt zu singen. Und sie sangen. Und dann verschwanden ein Spiegel und eine Kleiderschachtel. Gilagóg sang nicht. Der Woiwode, der vielleicht gar kein Woiwode mehr war, wich Klaras Blick aus, sprach nicht, offenbar grollte er ihr, noch wegen Somnakaj. Das neue Haus mochte man vor ein paar Tagen hochgezogen haben, es war nicht mal verputzt, frischer Erdgeruch hing in der Luft, in den Zimmern hatte man über die Ritzen gekalkt. Das Kind zappelte auf ihrem Schoß, es erfasste die Traurigkeit der Lage noch nicht, die neue Welt war ihm ein Abenteuer.
Eines Tages klopfte Zsófia, sie kam unangekündigt, ihr Sonnenschirm war so weiß, als würde ein Wölkchen über ihr schweben. Sie war fülliger als bei ihrer letzten Begegnung, sie zog bereits zwei Kinder auf, doch auch jetzt waren ihre Bewegungen natürlich, sie hatte gute Laune und beteuerte eifrig, dass sie ihr helfen wolle. Nach einer zwanglosen Umarmung trat sie gleich ins Haus, dem Kind schenkte sie Schokolade und Holzsoldaten. Klara bot ihr Likör an, Zsófia trank genießerisch, ihre Zunge löste sich, sie duzten sich bereits. Zsófias Blick fiel auf den Tisch,der mit Säckchen und winzigen Päckchen überhäuft war. Eine geschnitzte Blume, Steine, Kiesel von irgendeinem Flussufer, trockene Zweige, gepresste Blätter. Eine Tuschzeichnung der Stadt Olmütz, Birnbäume, ein dahineilender Bach, ein Hügel.
Das hat Imre geschickt?
Klara nickte.
Und du antwortest ihm nicht?
Was soll ich ihm schreiben? Dass er mir fehlt?! Es ist gar nicht sicher, dass er mir fehlt, sie zuckte mit den Schultern.
Wenn du ihn hasst, fehlt er dir sicher, sagte Zsófia.
Ich weiß nicht, erwiderte Klara nachdenklich. Vielleicht hasse ich ihn nicht. Ich bin zornig, habe Angst, ich bin verwirrt.
Ich würde dich gerne umarmen, sagte Zsófia leise, und sie tat es auch, ihr Körper war warm, wie weiche Kissen drückten sich ihre gewaltigen Brüste an Klara. Zsófia säuselte an ihrem Hals. Klara stelle sich das vor, sie habe dieser Tage eine Fata Morgana gekauft, selbstverständlich sei das Geschäft außerhalb der Stadt abgeschlossen worden, dort, wo die Panduren den Räubern der Puszta nachspürten. Auch sie seien auf der Fahrt bei jeder Kurve von einem Kommissar angehalten worden, doch dieser wunderbare Doktor Schütz habe ihnen eine Genehmigung beschafft, mit der seien sie überall durchgelassen worden.
Klara machte sich von ihr los. Und hast du für die
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