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Blumenfresser

Blumenfresser

Titel: Blumenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: László Darvasi
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hat. Und in der Nähe lauert Peter!
    Wir werden auch einen Ausflug machen, Klara, wir fahren in eine wundervolle Gegend!, schrie Herr Schütz, er spielte immer noch Theater.
    Und obwohl Klara beim Frühstück leichter Schwindel und eine Schwäche befallen hatten, versicherte ihr der Doktor, dass sie sich in Liesing prächtig fühlen würde.
    Er mietete einen Wagen, und sie zockelten noch vor dem Mittagessen zur Bierquelle, wo die Kegelpartien der ortsansässigen Bürger schon in vollem Gang waren. Die Menschen hatten ihre Jacken abgelegt und sonnten sich im Hemd, der laue Wind spielte zwischen den blühenden Kastanien und Platanen, als segelten Schleier vom Himmel herab. Ein Mädchen mit einem riesigen Korb verkaufte Brezeln, der Duft von Bratwurst und Würsteln hing in der Luft, und aus Fässern, die kaum auf einen durchschnittlichen Wagen gepasst hätten, wurde Bier gezapft. Männer in karierten Hosen breiteten ihre Gehröcke ins Gras und streckten sich aus, die betuchteren tranken Sekt, Frauen tratschten unter Sonnenschirmen, und plötzlich, als sei es Teil einer Darbietung, näherte sich auf der Straße, auf der auch sie gekommen waren, ein ansehnlicher Wagen mit einem schwarz glänzenden Klavier darauf. Klara erschrak, denn der Mann auf dem Bock sah ihrem Vater ähnlich, und die Frau, die sich am Klavier festhielt, war ihre Mutter, Margit Benedek! Der Wagen machte halt, der Kutscher führte die Pferde zur Seite, dann kletterte er flink zum Klavier hinauf und stellte sich vor, er sei Ladislaus, der weltberühmte Pianist, den man in London, Rom und Paris feiere, auch seine Partnerin sei eine Künstlerin von Weltrang, die große, unübertreffliche Margaret, und nunwürden sie dem hochverehrten Publikum aus Schuberts Winterreise vortragen.
    Bitte Applaus, Applaus!
    Die Leute jauchzten, pfiffen und warfen ihre Hüte in die Luft. Herr Schütz vergoss Tränen. Nach dem Konzert sammelte die Sängerin Geld ein, sie war dick, schielte und erinnerte jetzt nicht mehr an Klaras Mutter. Klara bemerkte zu ihrem Entsetzen, dass die Künstlerin Zsófia ähnlich zu werden begann. Stumm wies sie auf die Frau, und der Doktor nickte nur, als verstünde er genau, was Klara meinte. Die Musiker bekamen bei einer Grillbude ein Mittagessen und fuhren zurück in die Stadt. Klara sah ihnen lange nach, sie war enttäuscht. Wie schön wäre es gewesen, hätte sie wirklich Mutter und Vater gesehen!
    In der Ferne wogten die Hügel, einige waren von Klatschmohnteppichen bedeckt, und hinter einem Meer von Reben zogen sich als dunkler Streifen die Wälder hin, die die Stadt umfassten. Klara schlürfte Bier, die Wiener Damen schielten verächtlich nach ihr, doch sie ließ sich nicht stören. Auch Herr Schütz trank, er war bald beschwipst, den Schaum des dritten Krügels bliesen sie sich gegenseitig ins Gesicht, der Doktor wurde ganz kindisch, von der Stirn floss ihm der Schaum auf die Nase, plötzlich kamen ihm die Tränen, er trompetete gewaltig in sein Taschentuch, unter ersticktem Schluchzen beklagte er seine Tochter, eine unglückliche Witwe, die als wunderschöne Frau erschaffen worden sei, aber ihr nichtsnutziger Mann habe sie zugrunde gerichtet, sie ausgedörrt, er aber, Herr Schütz, habe trotzdem bewirkt, dass sie sich zu ihrem Vorteil veränderte, wenn schon ihr Schicksal sich zum Schlechten gewendet habe.
    Klara war etwas über seine Frau zu Ohren gekommen, sie war sehr jung verstorben. Armer, armer Herr Schütz, dachte sie.
    Warum hat sich ihr Schicksal zum Schlechten gewendet, Herr Schütz?
    Der Schurke von Ehemann war ein Trunkenbold!
    Das passiert auch anderen, sagte Klara, ihr schwindelte vom Bier. Ihre Tochter hat keine Kinder?, fragte sie dann.
    Der alte Mann starrte sie mit offenem Mund an, dann begann er zu schreien, was sie das angehe, warum Klara das frage, mit welchem Recht, wer sie denn sei, dass sie in seinen entsetzlichen Schmerzen herumstochere wie ein Chirurg im Brustkorb?!
    Sie wurden angezischt, doch der Doktor wehrte mit einer wütenden Geste ab.
    Ich wollte Sie nicht kränken, Herr Schütz, Klara ergriff seine zitternde Hand. Sie reden, worüber Sie reden wollen. Wenn ich etwas Falsches frage, schweigen Sie ruhig, gut?
    Schon gut, schon gut, murmelte der Doktor, ich habe mich hinreißen lassen, ich verstehe das gar nicht, ich verstehe es wirklich nicht, verzeihen Sie mir!
    Klara starrte in den Himmel, die Wolken schwammen träge dahin, sie umringten die Sonne, mal um sie zu verdecken, mal um sie erstrahlen zu

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