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Blumenfresser

Blumenfresser

Titel: Blumenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: László Darvasi
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lassen, als würden sie ein neckisches Spiel mit ihr treiben.
    Was ist mit Ihrer anderen Tochter, Herr Schütz?!, fragte sie dann.
    Er seufzte müde.
    Woher … woher wissen Sie?!
    Einmal haben Sie mich zu ihr geschickt! Sie haben ihr Geld geschickt, nicht?
    Ja, murmelte der Alte und trank von seinem Bier, sie ist gestorben, sagte er schließlich, auch sie ist gestorben. Wen ich liebe, wem ich beistehe, der stirbt, der Doktor starrte glasig vor sich hin.
    Sagen Sie doch, warum haben Sie mich zu ihr geschickt? Klara spürte, dass sie sich von neuem in gefährliche Gewässer begab, konnte jedoch ihre Neugier nicht in Zaum halten.
    Ich … ich weiß es nicht, Herr Schütz schüttelte den Kopf. Sie war in Wirklichkeit gar nicht meine Tochter. Nein, nein, ich habe ihr nur gesagt … dass ich es bin. Dass ich ihr Vater bin!
    Ich verstehe nicht, Klara zog die Brauen zusammen, plötzlich kam die Sonne hinter den Wolken hervor.
    Ich wollte es nur, ich wollte, dass sie jemanden hat.
    In diesem Moment wurden Rufe laut, denn das Pferd galoppierte schweißnass an ihnen vorbei, hinter sich her zerrte es den Wagen, der leer war, vom Klavier, von Ladislaus, von der Sängerin keine Spur.

Wenn das schöne Wetter zurückkehrt!
    Mitte Mai erreichten sie Olmütz, es hatte sich abgekühlt, die Luft dampfte, die feuchte Kälte drang Klara bis in die Knochen. Ihre Laune war gedrückt, unterwegs sprachen sie kaum ein Wort. Das frostige Wetter war nur düstere Kulisse, sie fuhren an einen traurigen Ort, also solle es auch ihnen schlechtgehen und die Welt möge ihr saures Antlitz zeigen. Dabei hatte sich der Winter in diesem Jahr früh verabschiedet, und es war der Tag des heiligen Johannes Nepomuk, ganz Tschechien feierte den in der Moldau ertränkten Priester, der sich geweigert hatte, das Beichtgeheimnis zu verraten.
    Klara, wollen Sie beichten?, fragte Herr Schütz unvermittelt.
    Nein, antwortete sie, ich möchte ganz und gar nicht beichten.
    Hätten Sie auch nichts zu beichten?!
    Aber ja doch, nickte Klara, ich habe viele Sünden, doch in Wahrheit ist ja nicht jedes Geheimnis Sünde.
    Das stimmt auch wieder, aber auch Geheimnisse würde ich gern hören, lächelte Herr Schütz etwas einfältig, ich würde sie nun wirklich niemandem verraten!
    Und wenn man Sie ordentlich foltern würde, auch dann nicht?
    Nein, auf keinen Fall!
    Klara antwortete erst nach längerem Schweigen.
    Ich glaube Ihnen nicht, Herr Schütz, und eine Zeitlang wurde nichts mehr geredet.
    Die Bewohner von Olmütz kümmerten sich kaum darum, dass aus dem Frühsommer plötzlich ein Vorfrühling geworden war, sie gingen im Hemd spazieren und tranken im knatterndenWind, brieten Wurst und kochten Knödel, saßen auf Bänken herum und lachten schallend über die Hüte, die übers Pflaster rollten, während ihre Besitzer rufend hinterherliefen.
    Von Pardubitz an hatte sich Gemüsegarten an Gemüsegarten gereiht, hinter Königgrätz tauchten die Geröllhaufen auf, düstere Mauern ragten in die Höhe, sie sahen das Staatsgefängnis, dann folgte Josephstadt, Linden, Eschen und Pappeln säumten die Straße. Die Stadt war hübsch, sicher konnte man hier gut leben, dachte Klara. Doch sowie sie sich vom Hauptplatz entfernten, stand schon das gefürchtete Gebäude vor ihnen, und sie stellte sich vor, was ihr Mann sehen mochte, wenn man ihn auf die Bastei hinausließ, wo Gefangene auch damals arbeiteten. Auf den umgebenden Feldern hatte der Winter ganze Schneeflächen vergessen, in der braunen Erde wirkten sie wie riesige Qualster. Wie hatten sie bis in den Mai überdauern können?! Die Mettau führte Hochwasser, der Fluss war trüb und führte Zweige und Grünes mit, in der Ferne hockten die Berge noch mit weißen Mützen herum, als wäre der Frühling nur eine lästige Pflicht. Auch Imre sah die Türme von Olmütz und die Waldstreifen, die die Äcker unterbrachen. Östlich der Bastei wogte eine Hopfenplantage, am Fuß der Burg befanden sich Reitställe, lange, gelbe Gebäude, und auf der Höhe der Querstraße, von wo aus sie beobachteten, stieg einem schon der Geruch von Pferdemist in die Nase. Ein Fuhrwerk brachte Hafer, neben der Scheune führte ein halbnackter Soldat ein Pferd spazieren.
    In dem Gasthaus, wo sie abstiegen, machten sich kaiserliche Offiziere einen guten Tag; als Klara zur Tür hereintrat, erhoben einige lächelnd ihre Gläser. Sie hatte von ihnen gehört. Die kleinen Offiziere der nahen Garnisonen vertrieben sich ihre unendlich viele Zeit, schwatzten die Ehefrauen

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