Blumenfresser
hinter ihnen zurück, sie fuhren quer durch das Reich. Jetzt warteten sie am Grenzbalken, das dort war das blumengeschmückte Fenster eines Gasthauses, dort streckte sich ein Kirchturm, Klara hörte ungarische Worte, Flüche und Gesang. Es war Nacht, sie hielten an, der Mond leuchtete, sein Licht besudelte sie, Peter wankte über den Hof, er übergab sich und beweinte seine Gefährten, die er treulos verlassen hatte.
Was wird mit ihnen werden, was wird mit Pietro, Kigl und Salamon?!
Was wird mit Somnakaj, der närrischen kleinen Flammenblume?!
Na klar, bibberte Klara, auch das Zigeunermädchen hat ihren Lohn erhalten, sie ist verlassen worden, weggeworfen wie ein schlechtes Kleidungsstück, sie hatte das ja vorhergesagt, das dumme Mädchen konnte sich auf Peter weniger verlassen als ein zum Tode Verurteilter darauf, dass der Strick reißt!
Am Morgen fuhren sie weiter, Peters Antlitz war schwarz, er knirschte mit den Zähnen. Entlang der Straße wanden sich Robinien und schwankten betrunken, in der Nähe zogen Herden von Rindern und Pferden, der von ihnen aufgewirbelte Staub war eine herabsinkende graue Wolke. Ein weißer Schatten huschte über sie hinweg, eine Möwe, sie folgte ihnen! Eine Möwe, eine böse Möwe! Dann kamen sie an, das war schon Szeged! Das war schon der äußere Abschnitt der Budaer Straße, mit seinen winzigen Hütten, den Scheunen und Lagerhäusern, und wie bekannt war das Geheul der Hunde! Peter trug sie auf den Armen ins Haus, er schnaubte immer noch wie einer, der töten will.
Er soll sie anhauchen, sie ins Gesicht beißen!
Es wurde dunkel, es wurde leicht, Laute kamen nur noch aus der Ferne.
Später erfuhr sie, dass auch Herr Schütz nach ihrer Heimkehr darniederlag. Sie selbst blieb noch lange schwach und hinfällig, doch es gab jemanden, der für sie sorgte, die wohltätige Hand einer großen, starken Frau.
Im Licht des Fiebers erkannte Klara allmählich, wer es war. Die Wüstenblume pflegte sie! Zsófia hatte sie alle unter ihrer Obhut, sie ging auch zu Herrn Schütz und zu Peter, der gleichfalls krank geworden war. Herrje, alle hatte sie diese grauenhafte Reise niedergeworfen!
War denn nichts weiter geschehen, als dass alle lebten und alle krank waren?!
Sie sind meinetwegen krank, nur meinetwegen!, hauchte Klara, und diese Erkenntnis machte sie glücklich. Zsófia nickte lächelnd, mag schon stimmen, meine Liebe. Abends plauderte sie mit ihr, sie saß neben dem Bett, hielt ihre Hand und kühlte ihr die heiße Stirn. Klara kam der Gedanke, dass diese Frau, dieses üppige, gütige und unglückliche Wesen, denn unglücklich, das war sie sicher, aus ihrer Seele ins Leben übersiedelt war.
Ich würde gerne so sein wie du, sagte sie einmal.
Und ich so wie du, sagte Zsófia und zog die Vorhänge vor, das Licht war zu stark.
Schlafen wir, Klara, du musst dich ausruhen, ich lege mich neben dich.
Es war gut, neben Zsófia zu schlafen, die zwei schöne Kinder hatte, Klara hatte Daguerreotypien von ihnen gesehen. Sie umarmte sie, und eine Mutter schien die Umarmung zu erwidern. Ihr Leib war warm, er roch nach Milch.
Einige Tage dauerte es noch, bis sie endlich auf die Beine kam, und als sie bereits Spaziergänge machte, packte Zsófia und reiste ab, um das Kind zurückzubringen. Lange umarmten sie einander, Berger stand in der Tür, der schreckliche Berger, der Äpfel über die Theiß werfen konnte, er war der Träger. Klara sah, dass er Zsófia ansah wie eine Göttin. Natürlich hatte der Nebel Peter wieder verschluckt, und auch Herr Schütz war wegen irgendeines Geschäfts oder wegen eines Kranken unterwegs.
Als Klara zum ersten Mal allein im Haus blieb und sich im Spiegel sah, starb sie fast vor Schreck.
Mein lieber Himmel, flüsterte sie, ich sehe aus wie meine eigene Mutter!
Doch in diesem Moment hörte sie die Grasmusik, und obgleich Klara noch schwach war und aussah wie ihre eigene Mutter, lächelte sie einen Moment lang und fiel erst dann vor Entsetzen in Ohnmacht.
Der Tanz des Hornviehs
Sie konnte nie mehr herausbekommen, was geschehen war. Mehrere Versionen zermarterten ihr Gemüt, mehrere Versionen fraßen an ihrem Herzen, und wenn sie die eine hörte, dachte sie an die andere. Nein, sie wusste nicht, wann es geschehen sein mochte. Vielleicht, als sie noch weg waren, in Olmütz, in Böhmen. Vielleicht, als sie mit Zsófia beieinander lag, schon zu Hause, einen Tag, eine Woche, nicht einmal der Herrgott wusste, wie lange. Die Nachricht kam in der Mittagsstunde, die
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