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Blut & Barolo

Titel: Blut & Barolo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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Verletzung überstanden. Selbst Dagobert nicht. Er respektiert dich sehr, das hat er mir anvertraut. Er hat seinen Vater nie kennengelernt, aber er hätte sich jemanden wie dich gewünscht. Und tut es immer noch. Doch trotz allem ist es schwer, plötzlich nicht mehr der Beste zu sein. Wenn duauch die letzte Prüfung mit Bravour bestehst, wird sich in seine Trauer auch viel Stolz mischen. Er braucht dich, wir ... brauchen dich.«
    »Wo ist denn dein Mensch?«, fragte Giacomo, obwohl er wusste, dass diese Frage verboten war.
    Daisy antwortete leise, damit ihre Brüder es nicht hörten. Die kleinen Gassen hallten stärker als Kirchenwände. »Er lebt hier in Turin. Manchmal gehe ich an seinem Haus vorbei. Er musste mich fortgeben, eine Allergie. Dabei hat er mich so geliebt! Ich hatte sogar ein eigenes wunderschönes Zimmer. Meinen Platz in dieser Welt. Er war ein sanfter Mann, ein Diener Gottes, mit einem großen Herzen. Er trennte Recht und Unrecht wie Öl und Wasser, die sich nicht vereinen können.« Außer bei einer leckeren Vinaigrette, dachte Giacomo, behielt diesen Gedanken aber für sich. »Vielleicht wird er ja eines Tages wieder gesund. Ich würde so gern zurück zu ihm«, fuhr Daisy fort. »Davon dürfen Dagobert und Donald aber nichts wissen, ja?«
    »Versprochen. Danke für dein Vertrauen.«
    »Hab ich gleich gespürt, dass man dir alles erzählen kann. Du bist was Besonderes.«
    Giacomo hätte gerne etwas Nettes erwidert, doch er war völlig aus der Übung. Deshalb schwieg er nur und schaute sich die Gegend an. Sie kam ihm bekannt vor. Woher nur? Wann war er hier vorbeigekommen? Warum wurde er plötzlich so unruhig?
    Nach der nächsten Biegung wusste er es. Die Questura. Wo steckten die Hundefänger?
    Erst jetzt sprach Dagobert wieder.
    »Das Gebiet ist sicher. Aber nur für uns. Nicht für dein Opfer. Ein kleiner Störenfried, der vor kurzem eine unserer einträglichsten Futterstellen vernichtet hat. Dieses mickrige Exemplar von Hund zerstörte die Auslage einer Obsthändlerin, die uns regelmäßig etwas abgab. Als wir danach zu ihrkamen, scheuchte er uns einfach weg. Das bedeutet Rache. Es wurde uns zugetragen, wo wir ihn finden können. Blut muss fließen! Vergiss nicht, dass wir dir das Leben gerettet haben. Ohne uns bist du in dieser Stadt verloren. Zeige deinen Dank.«
    Er führte Giacomo zu einer von Unkraut zugewucherten Mauer. Erst als sie ganz nahe herangekommen war, erkannte der alte Trüffelhund, dass hinter dem Gestrüpp ein Gang hineinführte. Und der Geruch eines jungen Hundes drang in seine Nase.
     
    Einige Stunden zuvor hatte sich Niccolò den Kopf an einem tief verlaufenden Rohr gestoßen. Er zählte schon nicht mehr, wie oft das bereits passiert war. Zumindest die Dachshunde hatten ihren Spaß.
    »Oh, hab ich vergessen, ›Achtung‹ zu sagen?«
    »Du hast wieder mal nur an saftige Ratten gedacht, du Fressmaschine!«
    »Ach was! Der muss ständig aufpassen, dass er nicht über seine kleinen Beinchen fällt!«
    Die Stimmung unter ihnen war prächtig. Weil sie mit Niccolò reiche Beute gemacht hatten?
    »Was habt ihr mit mir vor?«, fragte das Windspiel. »Ihr könnt es ruhig verraten, ich werde schon nicht weglaufen.« »Ganz sicher nicht!«
    »Es sei denn, du könntest durch Beton gehen. Wie der alte Beppo. «
    »Der konnte das nie! Das hat er bloß erzählt, weil er ständig in irgendwelche Löcher fiel. «
    »Stimmt, der war ja so ein dusseliges Langhaar.«
    »Pass auf, was du sagst! Ich zeig dir gleich, wie ein Langhaar zubeißen kann. Wie ein Rudel Löwen! Oder wie zwei Rudel Wölfe! Oder vier ... «
    »... Schwärme Fische!«
    Ein Dachshund warf sich vor lauter Lachen ins Abwasser. »Fische! Das passt! Das passt super!«
    »Bekomme ich jetzt eine Antwort?«
    »Hast du was gefragt?« Das Lachen ebbte langsam ab. »Was ihr mit mir vorhabt?«
    »Bringen dich zum Kleinen Stinker. Weißt du doch. Alles andere entscheidet er. Wie immer. Ist nicht mehr weit.«
    »Eigentlich sind wir schon da.«
    Der Kanal öffnete sich zu einer niedrigen Halle, durch ein Rost fiel milchiges Licht herunter. Zwei Kanäle flossen von rechts und einer von links in dem rechteckigen Saal zusammen, bildeten eine Art See. In diesem lag eine Insel, von allen Seiten umflossen, doch mit der gegenüberliegenden Wand durch einen Betonsteg verbunden, hinter dem eine Wendeltreppe ins Dunkel führte.
    Der Kleine Stinker unterschied sich durch nichts von den anderen Dachshunden. Er thronte auf einem Müllberg, errichtet

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