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Blut der Wölfin

Blut der Wölfin

Titel: Blut der Wölfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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zögerte ich, halb in der Erwartung, ein Auto mit heulender Sirene in die Einfahrt einbiegen zu sehen.
    Als der Schlüssel im Schloss stockte, machte mein Magen einen Satz. War das Schloss ausgetauscht worden?
    Ein letztes verzweifeltes Klirren, und das Schloss ging auf. Ich drehte den Knauf und schob, immer noch auf die Alarmanlage vorbereitet, aber es passierte nichts. Ich horchte auf Schritte und sah mich dann nach Anzeichen dafür um, dass Shanahan da war. Xavier zufolge war Shanahan heute Abend bei seiner monatlichen Schulung zur Kundenakquise, die er niemals versäumte. Aber irgendwann passierte schließlich alles zum ersten Mal.
    Etwas zischte, und ich fuhr zusammen.
    Eine Katze stand in der Tür, irgend so ein langhaariges verhätscheltes Ding, das in einem Hinterhof keine fünf Minuten lang durchgehalten hätte. Ein halbherziges Knurren von Jeremy, und die Katze verschwand.
    Jeremys Klauen klickten auf dem Parkettfußboden, als wir uns auf die Suche machten; er ging langsamer, verlagerte das Gewicht auf die Ballen, und es wurde still. Mein Herz hämmerte; jeder Muskel war angespannt.
    Wir fanden den verschlossenen Raum ohne Schwierigkeiten. Es war einfach ein Schlafzimmer mit abgeschlossener Tür und zugemauertem Fenster. Das Schloss war so primitiv, dass Xavier sich nicht einmal die Mühe gemacht hatte, einen Schlüssel zu beschaffen – ein hartes Drehen am Türknauf, und es war geknackt.
    Wir standen in einer Art Bibliothek. Regale bedeckten die Wände, gefüllt mit Unmengen von Krimskrams und ein paar Büchern. Es gab einige unbequem aussehende Ledersessel und eine gut bestückte Bar. Als ich sie entdeckte, versuchte ich mich zu entsinnen, wann ich das letzte Mal Alkohol getrunken hatte. Ich hatte nie viel für alkoholische Getränke übrig gehabt, aber es ist wirklich merkwürdig, wie sehr man Dinge vermisst, wenn sie einem verboten sind.
    Jeremy grunzte.
    Ja richtig, der Brief.
    Auf einem Tisch in der Mitte des Raums standen mehrere Glaskästen mit Kunstgegenständen, kleinen Statuen und Krimskrams darin. Und einer davon enthielt den Brief.
    Ich konnte all das von der Tür aus erkennen. Näher kam ich nicht heran, denn wir konnten nicht wissen, wie groß die Reichweite der Formel war.
    Jeremy machte einen vorsichtigen Schritt ins Zimmer hinein und blieb stehen. Wir horchten beide auf das Geräusch eines ausgelösten Alarms, aber wir wussten nicht, was passieren würde, wenn der Alarm wirklich ausgelöst wurde. Lucas hatte gesagt, das hinge von dem jeweiligen Formelwirker ab, und es könnte alles Mögliche sein – Lichter konnten flackern, Sirenen konnten aufheulen, das Zimmer konnte in ein Höllenportal stürzen. Ich glaube, das Letztere war ein Scherz, aber wir hatten in den letzten paar Jahren so viel gesehen, dass ein Museumsräume verschluckendes Höllenportal auch nicht mehr sonderlich überraschend gekommen wäre.
    Als nichts passierte – nichts Offensichtliches zumindest –, tappte Jeremy zu dem Tisch hinüber. Dies war der komplizierte Teil.
    Jeremy musste mit der Wandlung beginnen und dabei besonders auf seine Hand achten, um genau dann aufzuhören, wenn er in der Lage war, den Glasschneider aus dem Beutel um seinen Hals zu holen, den Kasten aufzuschneiden und den Brief in den Beutel zu stecken. Ich war froh, dass es Jeremy war, der das erledigte. Gegen die Herausforderung hätte ich nichts einzuwenden gehabt, aber Jeremy konnte seine Wandlungen am besten kontrollieren und war von uns allen wohl am besten in der Lage, den Glasschneider zu handhaben, wenn er noch weitgehend in Wolfsgestalt war.
    Ich sah nicht zu. Meine Unbefangenheit unserer Doppelnatur gegenüber wird sich vielleicht nie auch auf den Zwischenzustand mitten in der Wandlung ausdehnen. Ich habe Werwölfe versehentlich in dieser Form gesehen; ich habe nicht das Bedürfnis, sie absichtlich darin zu beobachten. Ich halte mich nicht für eitel, aber ich will so nicht gesehen werden und gehe davon aus, dass das Gleiche für andere gilt. Gut, möglicherweise mit Ausnahme von Clay, aber Claytons Wesen sollte niemals mit dem Normalfall verwechselt werden.
    Als Jeremy also den Tisch erreicht hatte, wandte ich mich ab und blieb so stehen, bis eine kalte Nase gegen meine Hand stieß.
    »Hast du ihn?«, fragte ich, und dann sah ich das zusammengerollte Papier aus dem Beutel um seinen Hals ragen. Ich grinste und tätschelte ihm den Kopf. »Braver Hund.«
    Er stieß mich mit einem »Mach schon!«-Knurren in Richtung Tür.
     
    Clay

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