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Blut der Wölfin

Blut der Wölfin

Titel: Blut der Wölfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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hatte.

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Entscheidung
    A ls wir am nächsten Morgen aufwachten, war es nicht Morgen, sondern früher Nachmittag. Das kommt davon, wenn man zwei Nächte hintereinander fast bis zur Morgendämmerung aufbleibt. Während ich noch gähnte, mich streckte und versuchte aufzuwachen, zog Clay sich an, ging hinunter und besorgte Frühstück. Jeremy war nicht in seinem Zimmer, hatte aber einen Zettel hinterlassen, damit Clay sich keine Sorgen machte. Jawohl, siebenundfünfzig Jahre alt, und er konnte immer noch nicht zur Tür hinausgehen, ohne jemandem Bescheid zu sagen, wo er sein würde. Das ist das Leben eines Rudelalpha.
    Wir aßen und redeten, während wir zusammenpackten. Duschen und Rasieren konnte bis Stonehaven warten.
    »Es wird schön sein, wieder im eigenen Bett zu liegen«, sagte ich, während ich den Rücken streckte. »Und apropos, ich möchte mit dem Kinderzimmer anfangen. Sollen wir mein Zimmer nehmen? Ich schlafe sowieso nie dort.«
    Clay schüttelte den Kopf und schob sich ein halbes Croissant in den Mund; er redete im Kauen weiter. »Behalt’s. Das ist dein Zimmer. Du brauchst es.«
    Vor fünf Jahren wären diese Worte niemals aus seinem Mund gekommen. Zum Teufel, er hätte vorgeschlagen, aus meinem Zimmer das Kinderzimmer zu machen, sobald wir auch nur beschlossen hatten, es mit einem Baby zu versuchen.
    Ich riss ein Stück von meinem Heidelbeermuffin ab und gab es ihm, dann machte ich mich ans Anziehen. »Dann nehmen wir das Gästezimmer. Das ist zwar am anderen Ende vom Gang, aber …«
    »Jeremy hat vorgeschlagen, Malcolms Zimmer zu nehmen. Klingt vernünftig, direkt neben meinem, dichter an deinem als das Gästezimmer.«
    Ich schnupperte prüfend an dem T-Shirt von gestern und zog es dann an. »Ist das Jeremy wirklich recht? Das Zimmer seines Vaters zu benutzen?«
    »Ich glaube, er möchte es so.« Er kämmte sich die Locken mit den Fingern durch und überprüfte das Ergebnis mit einem flüchtigen Blick in den Spiegel. »Das Zimmer ist seit zwanzig Jahren abgeschlossen. Wird Zeit, dass es genutzt wird. Schließen wir’s auf, räumen Malcolms Zeug raus, vertreiben …« Er zuckte die Achseln.
    »Vertreiben die Dämonen?«
    Ein leichtes Klopfen an der Tür. Clay öffnete.
    »Guten Morgen. Ich sehe schon, ihr …« Jeremy riss mir den Kaffeebecher aus der Hand. »Das Wasser ist nicht abgekocht, richtig?«
    »Abgekocht?«
    »Es gibt ein Problem mit dem Trinkwasser. Die städtische Wasserversorgung wahrscheinlich.« Er streckte mir eine Zeitung hin. »Erinnert ihr euch an diese Krankenschwestern gestern Abend? Die über diese Welle von Magen-Darm-Grippe geredet haben?«
    Ich warf einen Blick auf die Schlagzeile und hatte plötzlich ein kaltes Gefühl in den Eingeweiden. »Verseuchtes Trinkwasser? Das kann doch gar nicht sein. Nach Walkerton haben sie Torontos Trinkwasserversorgung komplett überholt.«
    Ich hatte damals mehrere Artikel über Walkerton geschrieben. Eine Kleinstadt in Ontario, deren Trinkwasser vor ein paar Jahren durch die Nachlässigkeit der zuständigen Stellen verseucht worden war. Es hatte sieben Tote und immer wieder gesundheitliche Probleme gegeben, und seither war die Trinkwasserqualität in der ganzen Provinz ein gefährliches Thema.
    »Wenn sie der Sache nachgehen, werden sie feststellen, dass es abgepacktes Wasser war«, sagte ich. »Die meisten Leute in Toronto trinken das sowieso.«
    »Vielleicht«, sagte Jeremy. »Aber bis auf weiteres …«
    »Trinken wir kein Wasser, weder aus der Leitung noch aus der Flasche. Hab’s kapiert. Kommt nicht drauf an, wir fahren ja sowieso gleich.«
    »Bald, aber jetzt noch nicht«, sagte Jeremy. »Die Frau, die in Cabbagetown verschwunden ist, wird immer noch vermisst.«
    »Na und?«, fragte Clay. »Vielleicht war sie desorientiert, nachdem sie zurückgekommen ist, und hat sich verlaufen. Oder sie ist überhaupt nie in das Portal geraten.«
    »Möglich, aber es wird jetzt in der gleichen Gegend ein weiterer Nachbar vermisst. Ein Mann Mitte dreißig, der wohl joggen gegangen ist, womit senilitätsbedingtes Herumirren ausgeschlossen sein dürfte.«
    »Er ist heute Morgen verschwunden? Nachdem wir das Portal geschlossen haben?«
    »Trotzdem, das …«, begann Clay.
    »… muss nicht heißen, dass er in das Portal geraten ist«, unterbrach Jeremy. »Oder dass es nicht geschlossen ist. Stimmt. Aber wenn nicht durch puren Zufall in dem Viertel, in dem wir dieses Portal geöffnet haben, gleichzeitig ein Serienmörder herumstreicht, halte

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