Blut: Ein Kay-Scarpetta-Roman (German Edition)
Sicherheitsfirma?«
»Die hat im Herbst 2008 Konkurs angemeldet.«
Im ehemaligen Haus der Jordans geht in der oberen Etage ein Licht an.
»Ich habe mit Darryl Simons, dem früheren Inhaber von Coastal Security, geredet«, erwidert Marino. »Er sagt, er habe die alten Aufzeichnungen nicht mehr. Sie seien auf Computern gespeichert gewesen, die er nach der Pleite wohltätigen Zwecken gespendet habe. Mit anderen Worten, die Daten wurden vor drei Jahren gelöscht.«
»Ein ordentlicher und seriöser Geschäftsmann bewahrt Firmenunterlagen mindestens sieben Jahre lang auf, für den Fall, dass bei ihm eine Steuerprüfung stattfindet«, entgegne ich. »Und er behauptet, keine Sicherheitskopien gemacht zu haben?«
»Abgestürzt«, antwortet Marino, während die Verandabeleuchtung eingeschaltet wird.
Begleitet von einem nicht gerade unauffälligen Dröhnen fahren wir davon, als sich die Eingangstür öffnet. Ein muskulöser Mann in Pyjamahose tritt auf die Veranda und blickt uns nach.
»Sicher verstehst du, dass dieser Darryl Simons nicht begeistert ist, wenn er am Telefon nach der Alarmanlage der Jordans gefragt wird«, spricht Marino, untermalt vom Rattern und Ruckeln des Transporters, weiter. »Wenn sie aktiviert gewesen wäre und funktioniert hätte, wären sie jetzt nämlich nicht tot.«
»Und warum war sie nicht aktiviert und funktionstüchtig?«, beharre ich. »Hat er dir gesagt, ob es Dr. Jordan war, der sie hat einbauen lassen? Oder war es der Vorbesitzer?«
»Er konnte sich nicht erinnern.«
»Wir müssen rauskriegen, was aus seinen Firmencomputern geworden ist. An wen wurden sie gespendet? Vielleicht stehen sie ja noch irgendwo. Oder er hat die CDs im Safe«, schlage ich vor. »Ich würde ja zu gern seine monatlichen Kontoauszüge sehen. Oder seine Berichte. Man möchte doch annehmen, dass die Polizei damals einen Blick darauf geworfen hat. Was hat Ermittler Long dir erzählt? Jaime meinte, du hast mit ihm gesprochen.«
»Hat sie auch erwähnt, dass er alt ist und einen Schlaganfall hatte?«
Der Transporter hat eine Fehlzündung, die wie ein Schuss klingt, während wir in der Nähe der Kunsthochschule an Theatern, Cafés und Läden vorbeifahren, die Eis, Baguettesandwiches und Fahrräder verkaufen.
»Das Jahr 2002 ist doch noch nicht so lange her«, merke ich an. »Für mich ist die Spur noch nicht erkaltet. Abgekühlt oder lauwarm vielleicht, aber noch nicht kalt. Schließlich reden wir hier nicht von einem unaufgeklärten Mord, der vor fünfzig Jahren begangen wurde. Es müsste also noch genug Unterlagen und eine Menge Leute geben, die sich gut an einen so wichtigen und berühmten Fall wie diesen erinnern.«
»Ermittler Long sagte, dass alles in den Berichten steht«, erwidert Marino. »Ich habe widersprochen, die Alarmanlage der Jordans werde nirgendwo erwähnt. Er behauptet, sie hätten ständig Ärger mit Fehlalarmen gehabt und deshalb aufgehört, sie einzuschalten.«
»Wenn er das wusste, muss er mit der Sicherheitsfirma gesprochen haben«, entgegne ich, als wir den Reynolds Square umrunden. Er ist dunkel, und es stehen Bäume, Bänke und eine Statue darauf, die John Wesley beim Predigen darstellt. Daneben befindet sich ein altes Gebäude, in dem früher ein Krankenhaus für Malariapatienten untergebracht war.
»Ja, richtig, aber er erinnert sich nicht mehr.«
»Die Menschen vergessen. Sie erleiden Schlaganfälle. Und sie haben kein Interesse an einer Wiederaufnahme von Ermittlungen, die ihnen einen Irrtum nachweisen könnte.«
»Stimmt. Wir sollten uns das Berichtsheft anschauen«, antwortet Marino.
»Sicher haben damals ziemlich viele Leute hier ihre Alarmanlagen von Coastal Security installieren lassen. Was ist aus diesen Kunden geworden?«
»Vermutlich hat ein anderer Wachdienst die Verträge übernommen.«
»Und vielleicht ist diese Firma ja im Besitz der alten Aufzeichnungen. Möglicherweise gibt es sogar eine Festplatte oder Sicherheitskopien«, merke ich an.
»Eine gute Idee.«
»Lucy kann dir sicher dabei helfen. Sie ist ziemlich geschickt darin, angeblich verschwundene Dateien wieder zutagezufördern.«
»Nur dass Jaime sicher dagegen wäre.«
»Lucy soll ja nicht Jaime helfen, sondern uns. Außerdem hat Benton sicher auch ein paar interessante Ideen. Meiner Ansicht nach brauchen wir so viel Expertenwissen, wie wir bekommen können, da sich die Indizien zu widersprechen scheinen. Gut, dass wir gleich da sind, denn die Kiste klingt, als würde sie jede Sekunde den Geist
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