Blut für Blut: Thriller (German Edition)
genommen haben, ins Präsidium zu kommen und mit uns zu reden.« Rebekka lächelte Anne Munk freundlich zu und wollte gerade das Tonbandgerät ausschalten, als es aus der Frau herausbrach: »Haben Sie jemanden im Visier, verdächtigen Sie jemanden?«
»Wir können uns zu der Ermittlung nicht äußern.«
»Ich habe auch nur gedacht …« Anne Munk schwieg, und sowohl Reza als auch Rebekka sahen sie aufmerksam an.
»Wenn Sie irgendetwas wissen, das zu der Ermittlung beitragen kann, ist es äußerst wichtig, dass Sie uns das sagen.« Reza blickte sie ernst an, und sie nickte kaum wahrnehmbar.
»Es ist nämlich so …« Anne Munk biss sich auf die Unterlippe, und Rebekka hatte das Gefühl, dass sie es auskostete, hier im Präsidium zu sitzen und die volle Aufmerksamkeit von zwei Ermittlern zu haben.
»Also, da ist jemand aus unserer Gruppe. Tibor. Tibor Budzik. Er ist Serbe.«
Rebekka und Reza sahen sie mit ausdruckslosen Gesichtern aufmerksam an.
»Tibor gehört seit ungefähr fünf Jahren zu unserer Gruppe. Er ist mit seinen beiden Cairnterriern alleine auf dem Kastell spazieren gegangen, und Kissi hat ihn angesprochen und gefragt, ob er sich uns nicht anschließen wolle.«
Anne Munk schwieg und ließ sich reichlich Zeit, von ihrem Wasser zu trinken, bevor sie fortfuhr: »Tibor hat etwas Merkwürdiges an sich, das habe ich immer gespürt. Als würde er etwas verbergen. Und obwohl wir seit fünf Jahren zweimal die Woche zusammen spazieren gehen, kenne ich ihn eigentlich nicht.«
»Was soll Tibor Budzik mit dem Mord an Kissi Schack zu tun haben?«
Reza fiel es schwer, seine Ungeduld zu verbergen, und Anne Munk lächelte ihn nervös an.
»Ich weiß es nicht. Ich erwähne ihn nur, weil er der Typ für so etwas sein könnte . Er war im Krieg.« Sie trank einen Schluck Wasser und entspannte sich. »Ich habe Kissi sehr gemocht. Das haben die anderen auch, doch Tibor hat sie auf eine, wie soll ich sagen … auf eine andere Weise gemocht, er schien in sie verliebt zu sein.«
»Hatten Sie das Gefühl, dass Kissi Schack auch an Tibor Budzik interessiert war?«
Anne Munk schüttelte entschieden den Kopf.
»Deshalb erzähle ich Ihnen das Ganze doch. Das war sie ganz bestimmt nicht, manchmal schien sie sogar leicht verärgert, dass er sie so belagerte, und ich weiß, dass unerwiderte Liebe Menschen zu den schlimmsten Verbrechen verleiten kann.«
Anne Munk wurde von einem klingelnden Handy unterbrochen, und Rebekka entschuldigte sich, dass sie es nicht ausgeschaltet hatte, wie sie das gewöhnlich tat, wenn sie Befragungen durchführten. Die Nummer auf dem Display war unterdrückt, und sie warf Reza einen Blick zu, der signalisierte, dass er mit der Befragung von Anne Munk fortfahren sollte, während sie vor die Tür ging, um den Anruf entgegenzunehmen.
»Rebekka Holm.«
»Hey, hier spricht Kristine Berg.« Die Stimme klang dünn, als wollte sie sich entschuldigen.
»Hey.«
»Ich weiß nicht, ob Sie sich an mich erinnern, ich bin eine Kollegin von Kissi Schack …«
»Ich erinnere mich ausgezeichnet an Sie.«
»Gut.« Ein kleines, nervöses Lachen war durch das Telefon zu hören. »Ich rufe an, weil Sie mich gebeten haben, unsere Archive auf den Namen Haleema hin durchzusehen. Ich wollte Ihnen nur mitteilen, dass ich unsere gesamten Bewohnerinnen aus den letzten fünf Jahren durchgegangen bin und zwei Frauen mit Namen Haleema gefunden habe, die hier in Lundely gewohnt haben. Sind Sie an ihren Daten interessiert?«
»Bitte mailen Sie mir das Material so schnell wie möglich«, sagte Rebekka und gab Kristine ihre E-Mail-Adresse.
»Können Sie sich an die beiden Haleemas erinnern?«, konnte sie nicht umhin zu fragen.
Kristine zögerte kurz.
»Ich erinnere mich an eine, Haleema Hamad, weil es hier draußen einen sehr unangenehmen Vorfall gegeben hat, während sie hier gewohnt hat. Ich weiß nicht, ob Sie von Iman wissen, Iman Salib. Iman hatte knapp ein Jahr hier gewohnt. Sie war auf der Flucht vor ihrer Familie, sie hatte eine neue Identität bekommen und sollte gerade wieder in die Gesellschaft integriert werden, als es ihrer Familie gelungen ist, sie aufzuspüren und umzubringen.«
Rebekka spürte, wie sich ihre Muskeln anspannten. Sie hatte den Fall Iman Salib bereits herausgeholt, eine furchtbare Geschichte. Die 21-jährige Iman Salib hatte sich in einen Dänen verliebt, was ihre Eltern nicht akzeptieren wollten, da die Tochter bereits einem entfernten Familienmitglied im Heimatland versprochen war. Ein paar
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