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Blut im Schnee

Blut im Schnee

Titel: Blut im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie R. Nikolay
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Leichnam von der Staatsanwaltschaft zur Beerdigung freigegeben würde. Mit der Planung der selbigen musste Thorsten sich vorerst nicht beschäftigen, worüber er eigentlich dankbar war. Dieser letzte Schritt des endgültigen Abschieds war der Schwerste. Ob es nun gut oder schlecht war, dass dieser Moment noch für unbestimmte Zeit vor ihm lag, konnte er nicht beantworten.
     
    Die Zeit bis zum Abend überbrückte er mit Hausarbeit. Etwas zu tun war hilfreich, um nicht zu viel nachzudenken. Er überlegte kurz, ob er das Bett abziehen sollte, entschied sich aber dagegen. Er schlief weiterhin auf dem Sofa, weil ihm Martins Geruch in der Bettwäsche zu sehr zusetzte. Dennoch nahm er jedes Mal, wenn er das Schlafzimmer betrat, das Kopfkissen und drückte seine Nase hinein. Es war tröstlich und schmerzhaft zugleich, einen tiefen Atemzug zu nehmen und den Mann zu riechen, den er liebte.
    Noch bevor es sechs Uhr wurde, war er fertig. Thorsten stellte den Putzeimer zurück in den Hauswirtschaftsraum und belud die Waschmaschine mit den Badematten. Alles blitzte und blinkte nach seinem Anflug von Putzwahn, der gut als Beschäftigungstherapie funktioniert hatte. Das Haus war sauber von oben bis unten, er selbst aber hatte nun dringend eine Dusche nötig. Und Hunger hatte er auch. Zum ersten Mal, seit Gruber ihm die schreckliche Nachricht überbracht hatte, verspürte er richtigen Hunger.
    Er duschte rasch, schlüpfte in Jeans und T-Shirt und steckte anschließend seinen Kopf in die Tiefkühltruhe. Sein Magen grummelte lautstark und so entschied er sich, nicht wählerisch zu sein. Er griff sich den Beutel mit der Paella, die in der Pfanne ruck zuck fertig wäre.
    Aus purer Gewohnheit schaltete er die kleine Musikanlage in der Küche ein. Nur eine der Gemeinsamkeiten, die ihn mit Martin verbunden hatte. Sie beide mochten Musik – und gutes Essen. Wie oft hatten sie zusammen gekocht, lautstark gesungen und herumgetanzt. Martins Lieblings-CD steckte im Player, Mika. Thorsten wusste nicht genau, wie das Album hieß, doch er kannte jedes Lied. Die teure Anlage startete an dem Punkt, an dem sie zuletzt abgeschaltet worden war. Die ersten Takte von Happy Ending erklangen und Thorsten hörte auf, in der Paella zu rühren. Kein Lied würde treffender ausdrücken, was aktuell in seinem Leben los war. Allein der Refrain spiegelte alles wider und Thorsten übersetzte die Worte im Kopf.
    Dies ist die Art und Weise wie du mich verlassen hast.
    Ich verstelle mich nicht.
    Keine Hoffnung, keine Liebe, keine Ehre,
    Kein Happy End.
    Dies ist der Weg, den wir lieben,
    mag es für immer sein,
    dann leben wir den Rest unseres Lebens,
    aber nicht zusammen.
    „Den Rest unseres Lebens“, murmelte er und kämpfte gegen die aufsteigenden Tränen an. „Wohl eher: meines verdammten Lebens!“
    Ungehalten rührte er in der Reispampe herum, die rein äußerlich wenig mit der Paella zu tun hatte, die er in seinem letzten Urlaub serviert bekommen hatte. Er war sich sicher, sein Leben wäre so lange die Hölle, bis Martins Tod aufgeklärt war und der Täter hinter Schloss und Riegel saß.
    Schließlich verklang die Melodie, wurde abgelöst von dem nächsten Musikstück, das deutlich fröhlicher war. Thorsten befand, dass sein Essen warm genug wäre, und gab eine Portion auf den Teller. Den Rest ließ er in der Pfanne. So schlecht, wie es ausgesehen hatte, schmeckte es dann doch nicht. Er konnte sich auch nicht erinnern, dieses Fertiggericht gekauft zu haben. Aber was machte das schon? Das Hungergefühl verging, das zählte.
    Als er fertig war, räumte er den Teller in den Geschirrspüler und verpasste der Pfanne einen Deckel.
     
    Die Verabredung mit Fernandez war erst gegen sieben geplant, dennoch machte sich Thorsten schon zwanzig vor sieben auf den Weg runter in die Stadt. Die Straßen waren frei, so hatte er binnen weniger Minuten das Parkhaus am Viehmarkt erreicht. Um nicht unnötig über den verschneiten Platz zu laufen, nahm er den Treppenaufgang zur Volksbank. Das Havanna lag gleich daneben und in den Sommermonaten hatte das Lokal eine einladende Terrasse am Rand des Viehmarktes. Jetzt allerdings war alles verwaist und von Schnee bedeckt.
    Als Thorsten das Havanna betrat, schlug ihm angenehme Wärme entgegen. Die wenigen Schritte durch die kalte Luft hatten ihn frösteln lassen, da er trotz der eisigen Temperaturen weder Schal noch Mütze trug. Er setzte sich an die Theke, um auf Fernandez zu warten. Er hoffte, dass er den Mann erkannte, wenn dieser

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