Blut im Schnee
haben.“
„Das war tatsächlich unüberlegt“, gab Thorsten zu. Er ging vor, nahm von der Theke den fast leeren Kaffee mit und führte den Privatermittler bis zu einer der Sitzecken. Die waren schon aufgrund der hohen Lehnen an den gepolsterten Bänken gut geeignet, um ein halbwegs privates Gespräch zu führen.
Als sie saßen, ergriff Fernandez das Wort, noch ehe Thorsten beginnen konnte.
„Sagen Sie nichts, lassen Sie mich raten. Sie brauchen einen Ermittler, weil Sie vermuten, dass Ihre Frau oder Freundin eine Affäre hat.“
„Nein. Vollkommen daneben.“
„Da hat mich meine Intuition wohl getäuscht. Beinahe achtzig Prozent meiner Aufträge gehen in diese Richtung.“
Der Barkeeper kam und Thorsten war beruhigt, dass Fernandez ebenso wie er auf Alkohol verzichtete, indem er ein Wasser bestellte. Er selbst orderte sich ein alkoholfreies Bier.
„Ich glaube, Sie würden nie drauf kommen, ließe ich Sie weiterhin raten. Ich möchte, dass Sie neben den Ermittlungen der Polizei eigene anstellen. Es ist mir egal, was es kostet.“
Fernandez zog eine Braue nach oben. „Welcher Art sind diese Ermittlungen?“
Thorsten räusperte sich. „Es geht um den Mord an meinem Lebensgefährten. Er wurde, wie zwei weitere Männer vor ihm, auf erschreckende Weise getötet. Und die Polizei hat bisher keine Spur. Nicht, soweit ich weiß“, gestand er, worauf sein Gegenüber durch die Zähne pfiff.
„Das ist harter Tobak. Wie kommen Sie darauf, dass ich den Auftrag annehmen könnte?“
„Fragen kostet ja nichts, oder?“
Fernandez machte eine zustimmende Handbewegung und lehnte sich dann etwas vor. Thorsten erkannte kleine Lachfältchen um dessen Augen, was ihn vermuten ließ, dass Fernandes etwas älter als er selbst war.
„Was heißt, auf erschreckende Weise?“, erkundigte der sich vorsichtig.
Thorsten schluckte, denn er hatte gleich das Bild von Martin vor Augen, wie er auf dieser Bahre gelegen hatte.
„Sie wurden ihrer Männlichkeit beraubt. Komplett abgetrennt. Gefunden wurden sie mit dem Penis im Mund und die Hoden fehlten. Der wichtigste Punkt dabei: Alle drei waren schwul.“
„Ach du Scheiße!“, fluchte der Ermittler unerwartet. „Entschuldigung. Aber das ist … mir fehlen die Worte.“
Thorsten erwiderte nichts. Er wartete ab und ließ dem Mann etwas Raum. Währenddessen wurden ihre Getränke gebracht, und Thorsten ließ beides auf seinen Deckel schreiben. Er konnte beinahe sehen, wie es hinter der Stirn des Südländers arbeitete und ihn beschlich die Ahnung, dass der Mann ablehnen würde.
„Was Sie mir da auftragen wollen, ist heftig. Ich nehme an, Sie wissen das“, sagte er schließlich.
„Das ist mir klar. Aber ich kann nicht ertragen, dass Martins Mörder da draußen frei rumläuft und einfach weiter tötet.“
„Das kann ich verstehen und ich will Ihnen keine Versprechungen machen, sollte ich annehmen. Zwar habe ich Mittel und Wege, die der Polizei nicht zur Verfügung stehen, doch das ist keine Erfolgsgarantie.“
Thorsten nickte zustimmend. „Ich weiß. Aber ich möchte nichts unversucht lassen.“
„Welche Anhaltspunkte können Sie mir denn noch liefern, außer der Todesursache?“, fragte Fernandez leise.
Thorsten zog das Blatt mit den Notizen hervor und reichte es ihm. Er brauchte nicht lange, um die Stichpunkte zu lesen.
„Das ist nicht wirklich viel.“
„Das ist alles, was ich weiß. Und ich habe keine Ahnung, was die Polizei darüber hinaus bisher rausgefunden hat. Außer, dass sie mich verdächtigt haben.“
Fernandez sah auf und musterte Thorsten. „Warum?“
„Lebensversicherung und Testament. Aber ich war es nicht!“
„Wohl kaum, sonst würden Sie nicht mit mir hier sitzen.“
„Also, was sagen Sie?“, drängte Thorsten.
„Ich mache Ihnen einen Vorschlag. Ich stelle für Sie Nachforschungen an. Sollten die ins Leere laufen, lassen wir die Sache gut sein. Sollte ich etwas finden, geben Sie die Informationen an die Polizei weiter.“
„Mit diesem Kompromiss kann ich leben.“
Der Ermittler hielt Thorsten die Hand hin, der zur Besiegelung der Abmachung zugriff. Die Berührung war angenehm, weder zu fest noch zu locker und für Thorstens Geschmack hielt der andere seine Hand eine Spur zu lange fest.
„Woher haben Sie eigentlich meine Nummer?“
„Ein ehemaliger Schulfreund gab sie mir. Sie haben für ihn gearbeitet und er erzählte mir davon.“
„Ich hoffe, Ihr Freund hatte nur Positives zu berichten“, erwiderte Fernandes und musterte
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