Blut klebt am Karlspreis
Loogen nur unzureichend beantworten. Es sei alles so schnell gegangen, er könne sich nicht mehr an das Aussehen erinnern, sagte er und entlockte damit den Ermittlern ein siegessicheres Lächeln.
„Wenn Sie meinen, das reiche aus“, sagte ich betont langsam, „dann dürfen Sie sich nicht wundern, wenn ich Sie in der Verhandlung auseinander nehme, meine Herren.“ Aber ich sei felsenfest davon überzeugt, dass es überhaupt nicht zu einer Verhandlung käme. Die Staatsanwaltschaft täte gut daran, die Ermittlungen gegen meinen Mandanten einzustellen. „Er ist kein Schläger und Mörder, er ist ein übertölpelter Jugendlicher, der rein zufällig in die Keilerei geraten ist“, sagte ich entschieden. Warum er sich überhaupt an der Grenze aufgehalten hatte, wollte ich Loogen besser unter vier Augen fragen.
Doch machte mir der Psychologe einen Strich durch die Rechnung. „Warum warst du an der Grenze?“, wollte er wissen. „Aus Neugier“, antwortete der Junge leise. Eigentlich habe er zu dem Fußballspiel nach Kerkrade gewollt, aber es habe keine Eintrittskarten mehr gegeben. „Ich hatte gehört, dass an der Grenze Stimmung sein sollte und dort Anhänger aus Holland und aus Mönchengladbach waren. Da bin ich mit dem Mofa hingefahren.“
Flüsternd berichtete er erneut von dem schlimmen Ereignis. Er habe am Rande gestanden und zugesehen, wie sich die Fans gegenseitig beschimpften. Dann sei er plötzlich in die Meute hineingezogen worden und von allen Seiten umringt gewesen. „Und auf einmal hatte ich den Schläger in der Hand.“
Ich glaubte ihm. Aber das half Loogen im Moment nicht. Der Richter ordnete die Rückführung nach Heinsberg an und bat anschließend den Psychologen zu einem Gespräch in sein Zimmer.
Meinen Einwand, er möge doch zuerst mit dem Psychologen sprechen und danach über die Fortsetzung der U-Haft entscheiden, ließ der Richter nicht gelten. „Noch bestimme ich, was hier geschieht und nicht Sie, Herr Grundler!“, wies er mich barsch zurecht.
Tatenlos musste ich zusehen, wie Loogen, der mich mit großen Augen flehend ansah, wieder weggeführt wurde.
„Das ist ein Scheißjob“, schimpfte ich, als ich mit Dieter im Degraa am Theater zu Mittag aß.
Mein Freund hatte sich meinen Bericht schweigend angehört und zuckte jetzt nur mit den Schultern. „Scheiße ist, wenn du Informationen hast, die du noch nicht auf den Tisch legen kannst. Das kommt davon, wenn man sich vorab bei der Polizei informiert. Insofern hast du dir den Mist auch selbst eingebrockt, Tobias.“
In gewisser Weise musste ich ihm Recht geben. Den Polizeifilm, von dem mir Böhnke etwas gesagt hatte, hatte ich nicht vorbringen können. Der Staatsanwalt hatte ihn nicht als Beweis vorgelegt und ich konnte noch nicht einmal beweisen, ob es ihn überhaupt gab. Wenn, dann konnte ich den vermeintlichen Film allenfalls als Überraschungsmoment in einer Verhandlung anführen. „Scheißjob“, fluchte ich noch einmal und säbelte wütend an meinem Kotelett herum.
Gespannt war ich auf die Reaktion von Brandmann. Schon mehrfach hatte ich am Nachmittag am Telefon mein Glück versucht, ihn aber nicht erreichen können. Kurz vor dem Feierabend schließlich klappte die Verbindung.
Geschäfte hätten ihn den Tag über auf Trab gehalten, entschuldigte sich der ehemalige Soldat zu meiner Verblüffung, um dann doch wieder auf den Kommandoton umzusteigen und mich zu fragen: „Was gibt es?“
Es gäbe Probleme mit dem Grundbuch, behauptete ich. „Die Presse hat herausbekommen, dass Sie dort nicht als Eigentümer eingetragen sind, sondern eine Gesellschaft.“
„Richtig“, bestätigte Brandmann überraschend gelassen. Ich hatte mit einem Tobsuchtsanfall gerechnet. „Das ist die ImmoGrund, die wiederum aus zwei Gesellschaften besteht, der ImmoBrand und der ImmoMann. Alle zusammen gehören wiederum zu einer Gesellschaft, in der ich, wie auch in den anderen, Geschäftsführer bin.“
Ich war etwas erstaunt, dass Brandmann mir das Firmengeflecht so offen darlegte.
„Alles ganz legal“, unterbrach er mich in meinen Gedanken. „Das hat etwas mit dem Finanzamt zu tun und den vielen Immobilien in ganz Deutschland.“
Er machte mir einen Vorschlag: „Wenn Sie wollen, faxe ich Ihnen gerne meine Firmenstruktur zu. Daran können Sie auf einen Blick erkennen, dass ich nichts zu verbergen habe.“
„Haben Sie denn Mitgesellschafter?“, fragte ich interessiert, obwohl ich mir die Antwort denken
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