Blut klebt am Karlspreis
mich dann darum zu kümmern, wer sie zu bezahlen hatte.
Ich hörte über dieses Ansinnen locker hinweg. Das konnte beileibe nicht meine Aufgabe sein. „Sie haben dafür zu sorgen, dass dieses Haus nicht wieder an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossen wird“, sagte ich energisch, wenn auch insgeheim zähneknirschend. „Das Haus soll zum Teil abgerissen und umgebaut werden, bei den Arbeiten stört die Wasseruhr nur.“
Der Sachbearbeiter des Wasserwerks machte seufzend seine Notiz. „Keine Wasseruhr, Wasserzuleitung abklemmen; so wünschen Sie es, Herr Grundler?“
„Nein“, widersprach ich sofort, „so wünscht es der Hauseigentümer, dessen Interessen meine Kanzlei vertritt.“ Er könne gerne an die Immobiliengesellschaft in Gerolstein die Rechnungen schicken. „Ich glaube aber nicht, dass Sie von dort auch nur einen einzigen Pfennig bekommen.“
Nachdenklich hockte ich nach dem Telefonat in meinem Büro. Den Kopf hatte ich auf die Hände gestützt, mein Blick ging durchs Fenster zwischen den hellgrün belaubten Linden hindurch auf die Häuserfront auf der anderen Seite der Theaterstraße. Es gab sicherlich schönere Ausblicke als diesen, aber er machte mir deutlich, worum sich vieles drehte auf dieser sich wandelnden Straße mit den Versicherungsgesellschaften, Banken und Rechtsanwaltskanzleien. Die Fassade des gegenüberliegenden Bürohauses sah nicht viel anderes aus als die des unseren: nüchtern, sachlich, funktional; es ging hier ums Geschäft, nicht um die Schönheit.
Und darum ging es auch Brandmann. Er wollte Geschäfte machen, Geld verdienen; wie in einigen Jahren die Studenten, die nach dem Examen auf einen Job hofften, bei denen der Rubel gehörig rollte. Mit dem dicken Geldbeutel waren dann schnell die Ideale der Studentenzeit vergessen. Im Prinzip half Brandmann den Studiosi nur nach, wenn er sie auf den Boden der Legalität zurückholen wollte.
Ich kam nicht dazu, meine Gedanken zu Ende zu spinnen. „Hast du wenigstens heute Abend ein wenig Zeit für eine allein stehende, liebebedürftige Frau?“, fragte mich Sabine, die sich leise ins Zimmer geschlichen und die Arme von hinten um mich geschlungen hatte. „Noch eine Nacht alleine halte ich nicht aus. Es ist so süß, wenn du leise schnarchst.“ Sie biss mir ins Ohrläppchen. „Wir sollen übrigens zu Do und Dieter kommen. Sie haben uns zum Essen eingeladen und ich habe zugesagt.“
Damit war wenigstens am Abend angenehme Unterhaltung angesagt. Zuvor hatte ich aber noch ein weniger angenehmes Gespräch zu führen. Ich wollte es nicht versäumen, den AZ-Reporter über die Vernehmung von Franz Loogen zu informieren, auch wenn die Vernehmung nicht zu dem Ergebnis geführt hatte, das ich mir gewünscht hätte.
Der Schreiberling schien sich tatsächlich zu freuen, als ich ihn in der Redaktion anrief. „Schön, dass Sie an mich denken, Herr Grundler. Ich habe schon gehört, dass der Junge weiter in U-Haft sitzt. Scheint wohl doch ein größeres Kaliber zu sein, das Bürschchen, oder?“
„Mitnichten“, protestierte ich. „Hier wird ein Popanz aufgebauscht wie damals bei dem ehemaligen Europaabgeordneten, dessen Namen ich mir einfach nicht merken kann. Der ist auch nicht verurteilt worden, obwohl der angeblich ganz schlimme Dinge gemacht haben sollte. Bei Loogen ist das nicht anders“, behauptete ich. „Der Junge hat nach meiner Ansicht nichts getan, was eine Untersuchungshaft rechtfertigen könnte.“
„Das sagen Sie, Herr Grundler“, fiel mir der Journalist ins Wort. „Das sage ich“, bestätigte ich, „weil es so ist. Ich werde alles tun, damit der Junge schnellstmöglich aus der JVA in Heinsberg entlassen wird.“ Die Gelegenheit schien günstig, auf das meiner Meinung nach unverständliche Verhalten des Richters zu sprechen zu kommen. „Es ist ein Unding, dass der Psychologe erst gehört wird, nachdem die Fortsetzung der U-Haft angeordnet worden ist.“
„Kann ich das schreiben?“ Der Reporter witterte wohl eine Geschichte nach dem Motto: Anwalt legt sich mit Richter an oder so ähnlich.
„Von mir aus“, antwortete ich, „aber nur, wenn Sie in diesem Zusammenhang auch erwähnen, dass Loogen absolut nichts mit der rechten Szene zu tun hat und ich mittlerweile in Besitz von Beweismitteln gekommen bin, die meinen Mandanten eindeutig entlasten.“ Mich wunderte die Kaltblütigkeit, mit der ich bluffte. „Welche Beweise sind das?“, hakte der Schreiberling erwartungsgemäß nach.
Doch blieb ich
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