Blut klebt am Karlspreis
ihre Seite gesprungen.
Das Telefon rüttelte uns am Abend auf. Dieter wollte nur wissen, ob wir unsere Verabredung vergessen hätten. Hastig sprangen wir in unsere Klamotten und bedauerten, dass wir unsere intime Zweisamkeit unterbrechen mussten.
Aber was tut man nicht alles für Schwester, Schwager, Chef und Freunde?
Stromschlag
Offensichtlich war die AZ moderat mit Brandmann und mir umgegangen. Anderenfalls hätte mich Dieter schon früh am Morgen aus meinen Träumen und Sabines Armen gerissen. So verschliefen wir, was uns in der Erinnerung an die Nacht nicht verlegen machte. Wir bezeichneten unser verspätetes Erscheinen im Büro als Überstundenabbau, was uns bis auf Fräulein Schmitz auch niemand verübelte.
In der Kanzlei hatte man sich längst daran gewöhnt, dass ich anders als die meisten Menschen lebte und arbeitete. Das hatte sicherlich mit meiner Vergangenheit zu tun, von der die wenigsten wussten. Unsere Mitarbeiter sahen nur die Erfolge, die wir durch meine Arbeitsweise hatten und akzeptierten mich deshalb so, wie ich nun einmal war; ein bisweilen zynischer Einzelgänger, der sich mit dem zu kurzen Mäntelchen der Arroganz kleidete, um die Menschen nicht an sich heranzulassen. „Tobias, bemitleidest du dich etwa schon wieder?“ Sabine hatte mich längst durchschaut. Sie wusste, woran ich war, wenn ich mit melancholischem Blick in meinem Sessel versunken war. „Hast du etwa einen neuen Freund?“, fragte sie humorig, während sie mir die Zeitung zuwarf. „Bei der AZ kommst du heute relativ gut weg“, meinte sie und füllte mir den Kaffee nach.
Tatsächlich hatte sich der Reporter bei seinem Artikel in der Wortwahl zurückgehalten. Er kam zwar in seiner Berichterstattung über den Wasserschaden nicht umhin, einen Studenten die Vermutung über einen Zusammenhang zwischen dem Räumungsbegehren und den Zeitpunkt des Schadens äußern zu lassen, ansonsten befleißigte er sich aber, das emotionale Feuer nicht weiter zu schüren. Für mich war allerdings sein Artikel über das Gesellschaftsgeflecht von Brandmann interessanter.
„Wer steckt dahinter?“, hatte der Schreiberling den Bericht fragend betitelt und anschließend versucht, eine Antwort zu finden.
Für mich steckte hinter dem Bericht allerdings die Hilflosigkeit des Autors, das Geflecht zu entwirren. Brandmanns Name müsste der Journalist schnell herausbekommen; er brauchte nur in Gerolstein bei der Immobiliengesellschaft anzurufen. Aber auf diese Idee würde er wahrscheinlich auch ohne meinen Ratschlag garantiert noch kommen.
Bemerkenswert fand ich die Tendenz in dem Artikel über Loogen. Der Schreiberling ließ leichte Zweifel an der Täterschaft aufkommen und hatte mich sogar richtig zitiert.
Die Aachener Nachrichten hatten sich verständlicherweise ebenfalls auf den Wasserrohrbruch gestürzt, ließen es aber auch bei vagen Vermutungen bewenden. Der Zeitpunkt sei nur merkwürdig, wurde kritisch angemerkt.
Ein Anruf von Böhnke ließ mich die Zeitungslektüre beenden. „Was sind das für Beweismittel, die Sie haben?“, fragte er mich. Man habe davon im Polizeipräsidium gehört und sei bei der Ermittlungsbehörde unruhig geworden, klärte mich der Kommissar über den Hintergrund seiner Frage auf. „Wenn Grundler recherchiert, wird man inzwischen auch hier hellhörig.“
Ich prustete laut los. Mit den Beweismitteln, das sei ein Bluff gewesen, bekannte ich ehrlich. „In der Hinterhand habe ich nur die Informationen von Ihnen, die ich aber nicht verwenden darf.“ Der Kommissar nahm mein Bekenntnis kommentarlos hin. „Unmittelbar jedenfalls nicht“, entgegnete er vielmehr. Wie ich die Informationen mittelbar verwerten könnte, überließ er meinem Einfallsreichtum.
Ich dankte ihm für dieses Entgegenkommen, ohne seine Einwilligung wäre mir die Verwendung schwer gefallen. Aber etwas stimmte nicht. Böhnke wollte garantiert auf eine bestimmte Sache hinaus. Ich fragte ihn direkt: „Was liegt Ihnen denn am Herzen? Was stimmt nicht im Fall Franz Loogen?“
Böhnke seufzte. „Ich will nicht wissen, warum Sie mich ausgerechnet danach fragen“, sagte er freundschaftlich, „aber ich will es Ihnen gerne sagen. Im Fall Loogen stimmt etwas nicht mit dem Opfer des angeblichen Mordversuchs.“
„Wieso?“ Ich konnte meine Verblüffung nicht verhehlen. „Sie haben doch die Adresse des Mannes, oder? Das ist sicherlich der Hauptbelastungszeuge?“
„Das wäre der
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