Blut Licht
Mum.“ Ich ließ den Lappen in das Waschbecken fallen, fuhr herum und küsste ihr die Wange. „Natürlich ist es mir recht. Sehr sogar. Außerdem glaube ich, dass du dich mit Ernestine gut verstehst und sogar mit Dad wieder auskommst. Was sollte ich dagegen einzuwenden haben?“
„Und dein Mann?“, hakte sie leicht verunsichert nach.
Ich lachte befreit auf. „Darian? Er würde euch sogar eigenhändig dorthin bringen, damit niemand auf die Idee kommt, es sich doch noch zu überlegen. Wann wollt ihr aufbrechen?“
„Frederico muss morgen nur einen halben Tag lang ins Büro, dann ist Wochenende. Ich selbst habe morgen und die kommenden zwei Wochen Urlaub. Wir könnten demnach gegen Mittag aufbrechen und gern zwei Wochen lang bleiben.“
„Dann macht das“, entgegnete ich erfreut, trocknete mir das Gesicht ab und reichte ihr das Handtuch. „Sprich mit den Beiden. Ich bin sicher, sie nehmen dein Angebot liebend gern an.“
Konnte es uns besser treffen? Ich wusste meine Familie zusammen, und in London konnten in aller Ruhe die Renovierungsarbeiten in der Kapelle durchgeführt werden, die Darian für die kommende Woche in Auftrag gegeben hatte. Außerdem konnte ich sicher sein, dass meine Tochter einen Wachhund mehr an ihrer Seite hatte.
Oh, verflixt! Mein Kopf ruckte hoch. Apropos Wachhund. Wenn es nicht zurück nach London ging, wohin mit Steven? Mit an den Strand konnte und würde er garantiert nicht wollen. Allein schon meiner Mutter wegen. Ob er uns vielleicht doch nach Basrah begleiten würde? Um das herauszufinden, musste ich ihn fragen. Und um ihn fra-gen zu können, musste ich ihn erst einmal zu Gesicht bekommen.
„Worüber denkst du nach?“, holte Mutters Frage mich zurück in die Gegenwart.
„Darüber, dass wir zurück zu den anderen gehen sollten, egal, wie wir aussehen“, entgegnete ich und öffnete die Tür. „Bereit?“ „Selbstverständlich, Tochter.“ Sie ließ das Handtuch auf den Waschbeckenrand fallen, nahm meine Hand und gemeinsam verließen wir das Bad. Natürlich lauerte uns Alistair mit der Kamera auf. Mich gruselte davor, die Bilder zu sehen. Mutter aber lachte nur. Quirlig wie Champagner unterhielt meine Mutter die Anwesenden, brachte sie zum Lachen und riss jeden mit. Sie schaffte es sogar, Darian zu einem Tanz zu bewegen, indem die das Radio bemühte, einen schwungvollen Song erwischte und meinen widerstrebenden Mann aus dem Sessel zog. Allerdings erlaubte er sich dann, sie wie ein junges Mädchen herumzuwirbeln.
Um dem nicht nachzustehen, bat Frederico mich ebenfalls auf die improvisierte Tanzfläche, verzichtete jedoch auf jeglichen Überschwung und bevorzugte mehr den Auf-einer-Stelle-tret-Foxtrott. „Sie ist vollkommen verändert“, murmelte Frederico und betrachtete seine Frau mit einem Blick, der seine ganzen Gefühle widerspiegelte. „Irgendwie... glücklich.“
„Wir haben miteinander gesprochen“, entgegnete ich leise und sah ebenfalls zu dem tanzenden Paar hinüber. Während Frederico besorgt zusammenzuckte, als Darian meine Mutter in die Luft hob und sich dabei im Kreis drehte, steckte mich ihr herzliches Lachen nur an. „Mach dir bitte keine Sorgen. Darian wird sie schon nicht fallenlassen.“
„Dich hoffentlich auch nicht“, erwiderte er ernst.
Ich lächelte versonnen und meine Augen strichen verliebt über den blonden Mann im beigefarbenen Anzug. „Nein, Frederico, das wird er niemals tun.“
Ich dachte schon, die gehen nie“, kam es eine Stunde später aus der Dunkelheit. Dann trat Steven aus dem Schatten heraus und sah über den Rand der Terrasse hinab auf die Straße, wo meine Mutter und Frederico eben in einen Wagen stiegen.
Verblüfft musterte ich erst ihn, dann die Ecke, in der er gestanden hatte. „Hast du die ganze Zeit über dort gewartet?“
"Was blieb mir übrig?“, brummte er übel gelaunt. „Ich konnte ja nicht ahnen, dass ihr eure Gäste mitbringt und dein Stiefvater sich direkt auf dem Stuhl breitmacht, auf dem ich vorher gesessen hatte. Fast hätte er sich auf mich gesetzt. Ich war schon drauf und dran, ihm zum Beweis für unsere Existenz kurz mal anzuknabbern.“
„Dann warst du die Mücke“, rutschte es mir begreifend heraus und er grinste bestätigend. „Das nächste Mal steche ich wirklich.“ „Lass es besser, sonst hole ich die Klatsche“, warf mein Bruder gutmütig ein und winkte noch einmal hinab in die Tiefe. „So, sie sind weg. Folglich sollten Dad und Ernie auch gleich wieder hier sein. Warum wolltest du
Weitere Kostenlose Bücher