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Blut Licht

Titel: Blut Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Abrantes
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rauen Stamm der Palme ab und empfand das Gefühl der stechenden Rinde unter meiner Handfläche als durchaus real. Ebenso real wie zuvor den Sand zwischen meinen Zähnen. Einmal noch spuckte ich aus, dann sah ich mich weiter um. Zu meiner Linken machte ich in einigen Metern Entfernung ein kleines Gebäude aus Lehmziegeln aus, vor dem sich ein ummauerter Brunnen mit Seilwinde befand. Es drangen entfernte Geräusche von grunzenden Kamelen an mein Ohr. Vermutlich waren sie hinter dem Haus angebunden oder in eine umzäunte Koppel gesperrt. Gleichzeitig bedeutete die Anwesenheit von Kamelen, dass auch Menschen hier sein mussten. Stellte sich mir nur die Frage, ob sie gut oder böse waren.
    Hm, irgendwie kam mir der Anblick vertraut vor. Oh, natürlich, die Traumfragmente im Flugzeug.
    Ich schwankte zwischen der Möglichkeit, hier zu warten oder auf das Lehmhaus zuzugehen. Sicherer schien es, im Schatten der Palme auszuharren, doch würde es möglicherweise Stunden brauchen, ehe sich etwas tat und ich die Informationen erhielt, die ich vermutlich erhalten sollte. Warum sonst hatte es mich hierher verschlagen? Und was ich als noch wichtiger ansah: Wann war ich hier? Zukunft? Gegenwart? Vergangenheit?
    Mir wurde die Suche nach den Antworten abgenommen, als ein in weißes Leinen gekleideter Mann mit Turban aus der Behausung trat. Blitzschnell ließ ich mich flach auf den Boden fallen, robbte hinter den Stamm und lugte vorsichtig daran vorbei. Wenige Schritte von dem Eingang entfernt war der Mann stehen geblieben, hielt sich etwas an das Ohr, das wie ein Telefon wirkte, und sprach mit enormer Lautstärke hinein. Also war es definitiv die Gegenwart mit einem vielleicht winzigen Touch in Richtung Zukunft. Instinktiv suchte ich nach einem Sendemast, fand keinen und schlussfolgerte, dass er kein Handy, sondern ein Satellitentelefon benutzte. Nun ja, jetzt musste ich nur noch das Zeitmaß herausfinden, das sich allerdings am Stand der Sonne nur schwerlich definieren ließ. Also weiter abwarten und lauschen.
    Leider verstand ich kein Wort, erkannte jedoch das Klangbild. Arabisch. Dazu ließ die abgehackte Gestik erahnen, dass er sehr erregt war, vielleicht sogar verärgert. Ein weiterer Turban erschien in der Tür. Eindeutig ein weiterer Mann, denn sein dunkler Bart war auf diese Distanz hin gut zu erkennen. Er sprach den Telefonierenden an, erhielt eine energische Geste und verschwand wieder im Innern des Hauses. Es waren also mindestens zwei Männer.
    Unterdessen brüllte der Mann in den Hörer. Dann lauschte er und antwortete. Was immer er zu klären hatte, es brachte ihn dermaßen in Rage, dass er nach Beendigung des Gesprächs das Telefon zornig auf den Boden warf. Wütend trat er noch einmal kräftig dagegen und beförderte es wie einen Fußball in meine Richtung. Wenige Meter von mir entfernt prallte es gegen einen Stamm und fiel zu Boden. Dessen ungeachtet fuhr er zornig herum und marschierte schnurstracks zurück in die Behausung, wobei er leidenschaftliche Wortschwalle von sich gab.
    Mein Blick folgte ihm und wanderte zurück zum Telefon. Es wirkte intakt. Wahrscheinlich würde er es bald holen, oder jemanden schicken. Noch einmal sah ich zum Eingang hin, schob mich am Stamm hoch und schätzte die Entfernung zum Telefon. Zehn, vielleicht zwölf Meter. Das sollte zu schaffen sein.
    Wenn ich es in die Finger bekam und obendrein mitnehmen könnte, ließ sich doch bestimmt herausfinden, mit wem das Gespräch stattgefunden hatte. Vielleicht könnte sogar herausgefunden werden, worum es sich inhaltlich gegangen war. Ich hatte nur sehr wenig verstanden, einzelne Worte, die für mich keinerlei Sinn ergaben. Doch Darian oder Kahina konnten sicherlich etwas mit diesen Fragmenten anfangen.
    Den Blick weiterhin auf den Eingang gerichtet, rannte ich gebückt los, erwischte das Telefon und schlug einen Haken, um hinter dem nächsten Baum zu verschwinden. Das Herz klopfte mir bis zum Hals, doch am Hauseingang war bislang keine Bewegung auszumachen. Also brachte ich noch einige Meter mehr Distanz zwischen mich und das Haus, um mich in sicherer Entfernung an einen Stamm gelehnt niederzulassen.
    Für einen Moment betrachtete ich das Gerät. Es handelte sich tatsächlich um ein Satellitentelefon. Entgegen meiner Vorstellung war das Telefon erstaunlich klein und handlich. Kaum größer als ein Handy, dafür aber mit einer dicken Antenne ausgestattet. Über dem leicht flimmernden Display konnte ich sogar das zerkratzte Logo des Anbieters

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