Blut Licht
Bedürfnissen nachzukommen, ehe Darian auftauchte und zum Aufbruch drängte. Den Schmutz meiner Finger musste ich daher meiner Kleidung anvertrauen. Was immer ihn in diese Hektik hatte verfallen lassen, es musste einen triftigen Grund haben. Hastig machten wir uns auf den Weg. Der Blick zurück auf zwei, eine Staubwolke hinter sich herziehenden Patrouillenfahrzeugen des iranischen Militärs, die sich unserem Rastplatz schnell näherten, erklärte Darians Eile hinreichend. Allerdings machte sich mein Allerwertester mit jedem Schritt meines schaukelnden Transportmittels massiv bemerkbar und ließ mich jetzt schon erahnen, dass meine wortkarge Untertreibung schmerzhaft geahndet werden würde. Gab es hier vielleicht ein paar Kissen?
Nun ja, was soll ich groß über eine elendig lange Reise auf einem Kamel durch iranisches Gebiet erzählen? Der Tag wich der Nacht und es wurde ekelig kalt. Darian legte mir trotz meiner Jacke zusätzlich noch seinen dunklen Wettermantel um die Schultern, damit ich auf meinem schaukelnden Wüstenschiff nicht mit klappernden Zähnen zu Eis erstarrte. Die ganze Nacht hindurch begleiteten uns verschiedene Laute der in der Dunkelheit aktiven Tiere und oft hörten wir die vereinzelten Rufe von Füchsen und Schakalen.
Dann wich die Nacht wieder dem Tag und wir suchten uns in den Vormittagstunden ein schattigres Plätzchen, an dem wir während der heißesten Stunden rasten konnten. Nicht selten wurde es bis vierzig Grad heiß und ich kam mir vor wie in einem Backofen. In der größten Mittagshitze wünschte ich mir, die Haut abziehen zu können, denn ich schwitzte wie ein Bär. Es war mir - nebenbei gesagt auch völlig schnurz, dass Jason mir mehrmals beteuerte, ich würde mich noch an die hohen Temperaturen gewöhnen. Verdammt, ich wollte mich nicht daran gewöhnen. Meine Lippen waren aufgeplatzt, ich hatte einen fiesen Sonnenbrand im Gesicht und die knallig rote Farbe meiner Nase animierte zum Schielen. Ich hatte Durst und verzichtete doch größtenteils auf das Trinken, weil ich sonst wieder der Grund für unliebsame Unterbrechungen werden würde. Alles in allem fühlte ich mich Stunde um Stunde unbehaglicher.
Meist schlief ich vor Erschöpfung ein, kaum dass wir rasteten. Doch manchmal gelang mir das weniger. Dann beobachtete ich Jason und meinen Mann, die in einigen Metern Entfernung zu mir hockten und leise miteinander sprachen. Oftmals sahen sie zu mir herüber, zogen sich ein wenig mehr zurück und wurden noch leiser. Vermutlich wollten sie mich nicht stören und diskutierten die nächste Wegstrecke oder sonstige Vorkommnisse aus. Wahrscheinlich wäre es mir nicht weiter aufgefallen, wenn Jason nach solchen Gesprächen weniger schwermütig gewirkt hätte. Ein Nachfragen aber nützte wenig, denn er antwortete darauf äußerst wortkarg. Ich musste es wohl oder übel dabei belassen und akzeptieren, dass es Geheimnisse zwischen ihm und meinem Mann gab, die ich nicht erfahren sollte.
Ein anderes Geheimnis tat sich nach nur zwei Nächten auf. Wie Alistair es geschafft hatte, Kahinas Kamel zu bestechen, kann ich nicht sagen. Dann aber fand ich meinen Bruder auf dem Rücken jenes Lastenträgers wieder, während Kahina bei mir mit aufstieg. Auch ein Wolf brauchte anscheinend mal eine Pause. Weil Darian die beste Nachtsicht von uns allen hatte, kundschaftete er während unseres Rittes meist die Gegend aus. Jason bildete die Spitze unserer kleinen Karawane, mein Bruder den Abschluss. Wir Mädels durften weiter in der sicheren Mitte bleiben. Misslich war, dass eine derart gemächlich vorankommende Reise zwar die Möglichkeit zum Gespräch eröffnete, gleichzeitig aber der Platzmangel und die daraus resultierende, erhöhte Schweißausschüttung dieses gleich wieder im Keim erstickte.
Mal umgaben uns einige Hügel und es wurde ein wenig steiler, dann wieder karges Flachland soweit das Auge reichte. Mal war die Vegetation weniger, dann wieder weitaus großzügiger ausgeprägt. Nicht ein vertrockneter Strauch stand am Wegesrand - nein, es waren zwei. Dann wieder durchquerten wir ein Flussdelta, wo Ackerbau und Viehzucht ganz offensichtlich die Haupteinnahmequellen der, in diverse Dörfer verstreuten Anwohner war. Hier konnten wir unsere Wasservorräte auffüllen und auch ein abkühlendes Bad nehmen. Mein Bruder stahl zusammen mit Kahina eines Nachts einige Datteln aus einem Garten. Eine herrliche Erfrischung.
Irgendwann - ich hatte das Zeitgefühl restlos verloren - erreichten wir das Gebirge und
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