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Blut Licht

Titel: Blut Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Abrantes
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ich wach und schlug die Augen auf. Von blökenden Lämmern auf saftigen Wiesen war nichts mehr zu sehen. Dafür sah ich ausgedörrten Boden unter und karges Mauerwerk hinter mir. Doch der Geruch war weiterhin real. Ebenso wie die vernehmlichen Kaugeräusche, untermalt vom leisen Knistern eines brennenden Feuers und einem gelegentlichen Zischen des in die Flammen tropfenden Fettes. Ich schnupperte lebhaft.
    „He, endlich bist du wach. Hast du Hunger?“, drang Kahinas Stimme an mein Ohr.
    Oh ja, den hatte ich. Abrupt wurde mir bewusst, wie lange ich nichts mehr gegessen hatte. Ich setzte mich ganz auf, lehnte mich mit dem Rücken an die Wand und verfluchte den harten Untergrund. Dabei zählte ich insgeheim meine schmerzenden Knochen durch und schwor mir, mich niemals wieder ohne Isomatte irgendwo auszustrecken.
    Indes tauchte Kahina mit einem Becher Wasser und einer Aluminiumschale auf, in der ein gegartes Stück Fleisch lag. Besteck hatte sie zufälligerweise nicht dabei?
    Sie grinste mich freudestrahlend an. „Das Tier hat dein Bruder vor gut drei Stunden erlegt. Zusammen mit Jason habe ich die junge Ziege ausgeweidet. Du hast da selig geschlafen und wir wollten dich nicht wecken. Ich hoffe, du magst Ziege?“
    Momentan würde ich alles mögen, egal wie es schmeckte. Das laute Knurren meines Magens machte deutlich, dass er kurz davor stand, sich selbst zu verdauen. Es wurde Zeit, dass er etwas Reelles zum Verarbeiten erhielt. Folglich streckte ich fordernd die Hände aus. „Klar. Her damit.“
    Sie reichte mir den provisorischen Teller und ich musste wohl oder übel meine ungewaschenen Finger zum Essen benutzen. Der erste Bissen brachte meine Geschmacksnerven zum Vibrieren. Das Fleisch triefte vor Fett, war nur noch lauwarm und unglaublich zäh. Es schmeckte nach Stall und gleichzeitig ein wenig fade. Dennoch schien es mir das Köstlichste zu sein, das jemals meinem Gaumen umschmeichelt hatte. Ich war dermaßen ausgehungert, dass ich gegenwärtig sogar ein Stück gekochte Schuhsohle, zusammen mit Spaghettis aus Schnürsenkeln, als schmackhaft empfunden hätte.
    Zu meinem eigenen Entsetzen stellte ich fest, dass ich das Fleisch nahezu verschlang. Gott, wie peinlich. Und so was nannte sich zivilisiert. Mein Blick fiel auf meine fettigen Finger, deren Zustand selbst dadurch nicht hätte verschlimmert werden können. Schwarze Ränder unter den Fingernägeln, schmierige und dunkle Verkrustungen in den Handflächen und an den Knöcheln, die eindeutig aus den Berührungen mit den Tieren stammten. Meine Mutter hätte mich wortreich und mit dezenter Unterschrift im Nackenbereich durch das Haus in Richtung Bad komplimentiert. Doch Mutter war nicht hier, ich kein Kind mehr und ein Bad gab es auch nicht. Trotzdem hätte ich mir die Hände zumindest grob reinigen können. Ich war ein Ferkel. Ein winziges Schmunzeln zuckte um meine Mundwinkel. Ich war ein verflixt hungriges Ferkel.
    Während ich mir noch kauend mit dem Ärmel des ohnehin müffelnden Gewandes das Fett von den Lippen wischte, nickte ich Kahina wohlwollend zu. Sie wirkte erfreut und wies über ihre Schulter zurück zum kleinen Lagerfeuer, über dem die inzwischen doch arg geplünderten und teilweise völlig verbrannten Überreste eines Bratens hingen. „Wenn du noch etwas mehr möchtest, kannst du dich jederzeit bedienen.“
    „Danke“, gab ich undeutlich zurück, schluckte das Fleischstück herunter und erhob mich. Langsam sah ich mich um. „Sind wir allein?“
    „Nein“, meinte sie kopfschüttelnd und wies diesmal über meine Schulter hinweg. „Jason versorgt die Kamele, dein Mann sucht eine sichere Route und dein Bruder sitzt dort hinten auf einer Anhöhe und hält Wache. Du hast die letzten fünf Stunden geschlafen. Sicher hattest du es nötig. Tut dir der Hintern sehr weh?“
    Nicht nur der. Wenn ich aufzählen würde, was an meinem Körper nicht schmerzte, war die Liste wesentlich kürzer. Doch statt einer Antwort verzog ich lediglich mein Gesicht. Kahina lachte schallend auf. „Du bist es sicher nicht gewohnt, auf einem Kamel zu reiten.“ Wie recht sie doch hatte. Ich war allenfalls an die Unbequemlichkeit der harten Stoßdämpfer bei einem tiefergelegten Sportwagen gewohnt, aber nicht an den Ritt auf einem Kamel oder sonstigem
    Reittier. Dennoch brachte ich es fertig zu murmeln: „Geht schon. Es gibt weitaus Schlimmeres.“
    Diesen Satz sollte ich eine gute halbe Stunde später bitter bereuen. Ich schaffte es gerade noch, den dringendsten

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