Blut Licht
Oha. Wenn ich dem Datum glauben durfte und obendrein den Zustand der Zeitungen betrachtete, der noch einmal ein paar Jährchen obenauf addierte, dann hatte es mich gut und gern zehn Jahre in die Zukunft katapultiert.
Erstaunt stellte ich beim Durchblättern fest, dass Prinz William inzwischen verheiratet war und die Queen doch tatsächlich sechzig Jahre an Regentschaft voll bekommen hatte. Mich erschütterten die Informationen über den desolaten Zustand der Finanzmärkte, eine erwähnte Eurokrise und eine drohende Insolvenz Griechenlands. Was war geschehen? Zumindest die Information, dass ein afroamerikanischer Präsident in den USA die Vorbereitungen zu seiner Wiederwahl traf, bewirkte ein überaus erfreutes Lächeln. Ob er letztendlich gewonnen hatte? Ich schob sämtliche Fragen erst einmal beiseite, denn sie waren schlichtweg Zukunftsmusik.
Während ich weiterhin die Nachrichten aus ferner Zukunft überflog, fiel mir eine Mitteilungaus dem Kulturteil auf. Vermutlich hätte ich es übersehen, wenn sie nicht mit einem Bild versehen worden wäre, das mich aufmerken ließ. Einem großen Farbdruck, der die Vorankündigung für eine Ausstellung darstellte, welche eine Schriftrolle offenbarte, die mich entfernt an jene erinnerte, die ich vor einigen Monaten inmitten der iranischen Wüste zusammen mit einer jungen Frau aus einem brennenden Zelt gerettet hatte. Ich betrachtete es genauer und nickte mir selbst zu. Ja, es war dem schon verdammt ähnlich. War das der erhoffte Hinweis?
Schnell überflog ich den Artikel darunter. Das britische Museum wollte am 2. November des in der Zeitung genannten, aktuellen Jahres und somit exakt zwanzig Jahre nach der formalen Rehabilitation Galileo Galileis durch die römisch-katholische Kirche, anlässlich dieses denkwürdigen Datums eine Ausstellung über ebenjenes Universalgenie eröffnen. Geplant sei eine Ausstellung, die bis dato noch unbekannte und vom Vatikan eigens dafür bereitgestellte Exponate und Unterlagen dem geneigten Besucher zugänglich machen wollte. Die Vorbereitungen dafür würden bereits in vollem Gange laufen, was unter anderem ein großes Aufgebot an Sicherheitskräften erforderte, da viele Exponate bereits eingetroffen wären und die Veranstalter jederzeit mit Demonstrationen sowie Übergriffen von Gegnern der Kirche rechnen würden. Als Grund für das hohe Sicherheitsaufkommen wurde eine Affäre vom Mai des aktuellen Jahres genannt, in der es um die Weiterleitung vertraulicher Dokumente aus dem Vatikan an die Presse durch die Hand eines Kammerdieners des Papstes ginge, welche Korruptionsvorwürfe sowohl gegen die Vatikanbank als auch den Vatikan selbst erhob.
Geldwäsche im Vatikan? Ich stutzte kurz und zuckte dann abfällig mit den Schultern. Undenkbar war es nicht, denn immerhin saßen in dieser Institution Menschen am Drücker. Da war es kaum verwunderlich, dass der Eine oder Andere der Verlockung nachgab und flott in die Kasse griff. Dennoch machte ich mir bezüglich dieser Information eine geistige Notiz. Obendrein trennte ich die Seite aus der Zeitung, faltete sie zusammen und steckte sie in meine Hosentasche. Nur, um sie kurz darauf dort wieder herauszunehmen und grübelnd zu betrachten.
Aus Erfahrung wusste ich, dass ich Dinge, die ich am Körper trug, mit durch die Zeit nehmen konnte. Grundsätzlich trug ich bei diesen Reisen stets die Kleidung, mit der ich gestartet war. Obendrein blieben mir auf der Reise zugezogene Verletzungen leider erhalten. Die Erinnerung an den Schnitt am Bein ließ mich erschauern. Andererseits war ich mir nicht sicher, was einzelne Gegenstände betraf, die nicht in meine eigentliche Zeit gehörten. Lösten sie sich auf, veränderten sie den Ablauf oder waren sie plötzlich doppelt vorhanden? Ich hatte keine Ahnung. Würde der Zeitungsartikel auch weiterhin bestehen, wenn ich ihn während des Übergangs lediglich in der Hosentasche aufbewahrte? Gleichwohl hatte ich nicht vor, das Papier in einer Körperöffnung zu verstauen, um das vielleicht zu verhindern. Plötzlich schoss mir ein Gedanke durch den Kopf, der dieses Pro-blem möglicherweise umgehen konnte. Mein Handy. Es hatte eine Kamera. Eine zugegebenermaßen alles andere als professionelle Kamera, aber für meine Zwecke mussten die zwei Mega-Pixel eben ausreichen.
Ich klappte das Telefon auf, stellte die Kamera an und knipste mehrfach den Artikel und das Bild. Dann landeten das Handy wieder in meiner Jackentasche und das gefaltete Zeitungspapier sicherheitshalber nah
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