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Blut muss fließen

Blut muss fließen

Titel: Blut muss fließen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kuban
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Persönliche Bekanntschaften? Bei Rockern gibt es Bruderschaften, bei Nazis Kameradschaften – beide basieren ausschließlich auf persönlichen Bekanntschaftsverhältnissen. Diese Gruppierungen führen schließlich kein Mitgliederverzeichnis, das sie über V-Leute in ihren Reihen dem Verfassungsschutz zuspielen könnten.
    »Überschneidungen von rechtsextremistischen Aktivitäten mit gleichzeitigem Engagement in kriminellen Rockergruppierungen« konnte der Verfassungsschutz jedenfalls nicht identifizieren. »Einzelpersonen fanden jedoch nach dem Ende ihrer rechtsextremistischen Karriere‹ eine neue Betätigung bei kriminellen Rockergruppierungen.« Das klingt so, als böten Motorradclubs ein Resozialisierungsprogramm für Nazi-Aussteiger.
    Ein Begriff wie »Einzelpersonen« entlarvt die verbale Schaumschlägerei des Verfassungsschutzes. Jede Person ist zwangsläufig | 250 | eine Einzelperson, Mehrfachpersonen gibt es nicht. Indem die Behörde von »Einzelpersonen« spricht, erweckt sie den Eindruck, als handle es sich um Einzelfälle. Das ist irreführend. Neonazis fühlen sich im Rockermilieu augenscheinlich wohl, sei es nun als Mitglieder, Anwärter oder Sympathisanten der Clubs – das habe ich vielfach gesehen und gefilmt. Die Immobilien einiger Chapter und Charter sind ein Teil der Infrastruktur geworden, die Neonazis für Konzerte zur Nachwuchsrekrutierung nutzen. Denn Rocker kündigen keine Mietverträge, wenn die Polizei Druck macht.
    Trotzdem ist mit Nazi-Konzerten im Alten Labor in Unterwellenborn vorübergehend Schluss – weil Brandschutzauflagen nicht erfüllt wurden, wie die Landtagsabgeordnete König am 25. Juni 2012 in einer Kleinen Anfrage feststellte. In der Antwort vom 8. August 2012 schreibt das Thüringer Innenministerium: »Das Gebäude wird gegenwärtig zu Wohnzwecken genutzt. Die Gewerbeerlaubnis für das ›Alte Labor‹ zum Betrieb eines Jugendtreffs mit Schankwirtschaft und Imbiss zur Durchführung von regelmäßigen Tanzveranstaltungen wurde am 31. Mai 2012 rückwirkend zum 31. Dezember 2011 abgemeldet. Darüber hinausgehende Erkenntnisse zur aktuellen Nutzung liegen nicht vor. Die Gebäudeeigentümer waren zum Zeitpunkt des Erwerbes des Gebäudes Mitglieder des inzwischen aufgelösten Motorradclubs ›Red Devils MC Saalfeld‹, einem Supporterclub der ›Hells Angels‹. Wenngleich es sich bei den Eigentümern nicht um aktive Rechtsextremisten handelt, nahmen einzelne von ihnen zumindest in einem Fall an einem rechtsextremistischen Konzert in dem Objekt teil. […] Es liegen Hinweise darauf vor, dass die drei Bewohner des Gebäudes dem ›Blood Red Section Hof‹, einem Supporterclub der ›Hells Angels Hof‹ angehören.« Und: »Es wurden bislang weder die Brandschutzauflagen erfüllt, noch deren Erfüllung bis zu einem bestimmten Zeitpunkt angekündigt.« Bereits am 3. Juli 2012 hatte jemand im Online-Gästebuch der Bremer Band »Kategorie C« nachgefragt: »Kann man sich dieses Jahr noch auf ein Konzert im Raum Saalfeld freuen oder eher nicht?« Die Antwort: »Abwarten.«
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    Auf Stoff zur Schau gestellte Militanz: Dieses Ku-Klux-Klan-Shirt gab es 2010 im Seesener Ladengeschäft von Thomas »Pit« Wipperich zu kaufen, der auch als »Presi« der »Red Devils Seesen« fungierte, ehe sie ohne Begründung wieder von der Bildfläche verschwanden.
    Der Verfassungsschutz an der Heimatfront der Bremer Stadtmusikanten sieht zwischen rechtsextremistischer und Rockerszene | 251 | ebenfalls »keine strukturellen Verbindungen«. Auch wenn das Landesamt eingestandenermaßen nur die Nazi-Szene beobachtet und die Rocker rechts liegen lässt, hätten den Hansestädtern die Verbindungen auffallen müssen. Außer »Kategorie C« stammt auch »Endstufe« aus Bremen. Wes Geistes Kind diese, eigenem Zeugnis zufolge, älteste deutsche Skinhead-Band ist, wurde beispielsweise bei einem Auftritt am 6. November 2010 vor rund 1000 Leuten in einem belgischen Clubhaus der Red Devils in Leffinge nahe Ostende deutlich. Antifaschistisch gesinnten Sharp-Skins (Skinheads against racial prejudice) drohte ihr Frontmann Jens »Brandy« Brand in einem Lied: »Wir kriegen euch alle!« Und noch ein Bekenntnis zur Szene: »Skinheads, Hooligans, Straßenschläger, wilde Partys die ganze Nacht. Heute, da hört uns die ganze Stadt: Wir sind die Macht!« Das Publikum feierte den Auftritt mit Hitlergrüßen. Einige Fans ver | 252 | suchten sich a cappella: »Hisst die rote Fahne, hisst die rote Fahne

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