Blut muss fließen
Teilweise ging die gelernte Floristin, die eine Umschulung zur Sekretärin gemacht hatte, sogar noch einem Job nach – teilweise war sie aber arbeitslos.
Die Vorbilder von Isabell P. waren Frauen der Nazis wie Ilse Heß, die Gattin des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß. »Man kann direkt stolz auf die Frauen sein«, schrieb sie mir. Ich wollte daraufhin wissen, was sie an diesen Frauen so bewundernswert fände. Ihre Antwort: »Alles. Die Ideale und wie sie die verfolgt haben. Ilse Heß hat bis zu ihrem Tod für ihren Mann gekämpft – dass er rehabilitiert wird …« Auch Isa kämpfte für ihren Max, getreu einem Leitspruch der AFF: »Wir werden aktiv neben, hinter und vor den Männern stehen.«
Am 11. Dezember 2003, kurz vor Mitternacht, startete Celtis AFF eine Spendenaktion für »Race War«. Begründung: »Die Band wird momentan durch wöchentliche Pressemeldungen regelrecht diskriminiert. Die Folgen daraus für die Mitglieder sind bekannt. Man versucht gezielt durch Lügen und Halbwahrheiten den Verlauf der späteren Verhandlung negativ zu beeinflussen« – also jener Gerichtsverhandlung, die Ende 2006 zu einer Verurteilung führte: Die Musiker hatten die Bildung einer kriminellen Vereinigung gestanden.
Laut AFF war es das Konto der Frauenorganisation, das »derzeit auch als Spendenkonto der Band ›Race War‹ genutzt wird«. Als Empfänger des Geldes sollte allerdings ein Mädchenname angegeben werden – der Name von Celtis jüngster Tochter, die damals noch nicht einmal in den Kindergarten ging. Was Isabell P. wichtig war: »Bei Spenden bitte unbedingt ›Solidarität‹ als Verwendung angeben.« Es dauerte keine Woche, da wurde Isabell P. auf dem alternativen Nachrichtenportal Indymedia von Antifaschisten geoutet. Die Schlagzeile: »Rechte Skinhead-Band ›Race War‹ benutzt Konto eines Kindes als Spendenkonto.« Die Überschrift: »Nazis missbrauchen ihre Kinder.« Dieser Titel dürfte für die AFF besonders bitter gewesen sein, weil eines ihrer Hauptanliegen der Kampf gegen »Kinderschänder« war. Nun wurde Celti auf einmal selbst des Kindesmissbrauchs bezichtigt – wenn auch in anderer Dimension.
Mit ihrer Spendenaktion für »Race War« machte die Neonazi- | 47 | Aktivistin obendrein die Polizei auf sich aufmerksam. »Stahlkreuz« aus Berlin, wohl ein Bekannter der jungen Frau, meldete sich am 23. Januar 2004 im Forum des politisch einschlägig verorteten Wikingerversandes zu Wort: »In den heutigen Morgenstunden wurden die Räume von Celticfrica durchsucht. Unter anderem wurden der PC, die Telefonanlage, Unterlagen und so weiter beschlagnahmt« – auch der Scanner, wie Isa mir vorjammerte, als sie mir ein Bild ihres Freundes schicken wollte, das ihr nicht elektronisch vorlag: »Mein Scanner ist bei der Polizei, so eine Scheiße.«
Weil sich Celti zeitweise ihres Computers beraubt sah, hätte beinahe das Wikingerversand-Forentreffen am 7. Februar 2004 ausfallen müssen, das die AFF organisieren wollte. Doch »Beethoven777« sprang ein. Wer war jetzt das schon wieder?
Ein neues E-Mail-Konto musste her, damit ich mich beim Wikingerversand-Forentreffen anmelden konnte – ohne eine meiner bewährten Identitäten zu verbrennen. Gedacht, getan. Und »Beethoven777« schickte mir alsbald die Rechnung über einen »Unkostenbeitrag« von 15 Euro, den ich bis zum 1. Februar 2004 überweisen solle. – was ich aber nicht getan habe. Denn ich wusste bereits, was ich wissen wollte: Uli F. hieß die Kontoinhaberin. Sie war die Stellvertreterin von Celti und kam aus der Nähe von Aalen. Es handelte sich um die Tochter eines Arztes und CDU-Kommunalpolitikers.
Isa und Uli entwickelten die AFF binnen weniger Monate zu einer der aktivsten Frauenorganisationen der deutschen Neonazi-Szene. Im Jahr 2004 hat die AFF vier von 14 Rechtsrockkonzerten in Baden-Württemberg veranstaltet oder mitveranstaltet – zum Beispiel einen Gig mit der schwedischen Sängerin Saga am 10. April 2004 bei Laupheim, an dem außerdem die Kameradschaft Widerstand Schwaben beteiligt war. Zum Begleittross der internationalen Rechtsrocksternchen gehörte »Glory Unending« aus der Kameradschaft Stuttgart. Sie traf ich am konspirativen Treffpunkt, an einer Tankstelle. Und am Eingang zum Konzertgelände stempelte mich Uli F. ab, nachdem ich den Eintritt bezahlt hatte. Von den Einnahmen spendeten die Veranstalter nach eigenen Angaben 500 Euro für das »Projekt Schulhof« – für eine Rechtsrock-CD, die kostenlos an
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