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Blut muss fließen

Blut muss fließen

Titel: Blut muss fließen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kuban
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Staatsschutz einen schönen Gruß! Hey, habt ihr ihn schon gehört, den Stuttgart-Stammheim-Blues?«
    Instrumentalisten der Berliner Band »Spreegeschwader« unterstützten die »Lunikoff-Verschwörung«. Denn die »Landser«-Musiker fielen aus, weil sie vor Gericht geplaudert hatten und daher als Verräter galten. Ihr ehemaliger Bandleader sang in Mücka: »Ich hör noch die Sprüche, Kameradschaft für immer, und dann vor Gericht erbärmliches Gewimmer. Die großen Ideale alle nur vorgetäuscht. Ihr seid das Allerletzte, ich spucke auf euch. Vom Frühstück bis zum Abendbrot wünscht ich mir, ihr wäret tot.«
    Für den 10. Dezember 2004, also zwei Wochen nach dem »Lunikoff«-Konzert, kündigten die JN bereits die nächste Debatte unter dem Motto »Singen und Tanzen für Deutschland« an: »Zur Diskussion stehen diesmal ›Sachsonia‹ (Dresden), ›Asatru‹ (Bautzen), ›Brigade M‹ (Niederlande). […] Im Rahmen dieser Veranstaltungsreihe finden ab Februar 2005 regelmäßig Diskussionsrunden zum Thema Meinungs- und Versammlungsfreiheit in Mücka statt.«
    Im Februar erlebte ich die Versammlungsfreiheit der Neonazis nahe der polnischen Grenze erneut. Die Kamerasuche des Saalschutzes überstand ich abermals ohne Probleme. Per Handzettel wurde ich wie die anderen Konzertbesucher auf Folgendes hingewiesen: »Die Polizei beansprucht im Saal einen Tisch mit vier | 120 | Stühlen. [. ] Der Hintergrund ist, Verbotsgründe für zukünftige Veranstaltungen zu finden.« Es folgten Verhaltensregeln: »Jegliche Armzuckungen sind zu unterlassen, die man in irgendeiner Form als strafbaren Akt interpretieren kann.« Auf diese Weise sollten Hitlergrüße verhindert werden. Weiter: »Es wird nur gesungen, was von den Musikgruppen vorgegeben wurde.« Das hatte sich bei der vorangegangenen Veranstaltung mit »Lunikoff« und der Dortmunder Band »Oidoxie« anders verhalten. Da intonierte der Publikumschor beispielsweise das Blutlied: »Blut muss fließen Knüppelhageldick und wir scheißen auf die Freiheit dieser Judenrepublik.« Außerdem wurde gebrüllt: »Deutschland den Deutschen – Ausländer raus!«
    Was hat eine Band namens »Kampfzone« am 5. Februar »vorgegeben«? Sie besang eine »Welle der Gewalt«, die in Form eines Massenpogos spürbar wurde. Die Skinheads zeigten bei diesem »Tanz« so viel Brutalität, dass er teilweise kaum von einer Schlägerei zu unterscheiden war. Der Top-Act dieses Abends war jedoch »Hauptkampflinie«, kurz »HKL«. Der Frontmann versuchte sich in politischer Agitation: »Ich hoffe, dass ihr alle bereit seid, für Deutschland zu kämpfen – dafür, dass wir deutsch bleiben, und dafür, dass wir weiß bleiben.« Und die Braunen blieben tatsächlich weiß, zumindest an diesem Abend.
    Einen Monat später musste Veranstaltungsleiter Sascha Wagner in Mücka feststellen, dass die »Freunde in Grün jetzt offenbar einen Dreh gefunden haben, um künftige Veranstaltungen hier platt zu machen«. Da als öffentliche Veranstaltung angemeldet, habe »rein rechtlich gesehen jeder Zutritt«. Und den verschafften sich nicht nur Beamte in Kampfanzügen, sondern auch ein Kamerateam, dessen Reporter mich prompt interviewen wollte, als ich das CD-Angebot eines Verkaufsstandes in Augenschein nahm. Ich machte es einfach wie die anderen: Ich wies ihn unwirsch ab.
    Es bedurfte einiger Gespräche zwischen NPD-Leuten und Ordnungshütern, ehe die Band »Selbststeller« beginnen konnte. Nach zwölf Liedern erschien aber wieder Sascha Wagner auf der Bühne, um über die Polizeitaktik zu klagen: »Sie kommen hier rein, nehmen Leute fest. […] Sie wollen hier eine Schlägerei provozieren.« Wagner gab die Schlacht verloren und löste die Veranstaltung offiziell auf. Daraufhin lief Skinhead-Musik aus der Dose: »Skinhead, | 121 | Skinhead, lass dich nicht unterkriegen« von der Band »Endstufe« zum Beispiel.
    Ein paar Nazi-Songs später folgte eine neuerliche Unterbrechung. Dieses Mal griff die Wodan-Betreiberin Annett Myrtha zum Mikro: »Ich bin gerade von der Polizei darauf aufmerksam gemacht worden, dass bei dem nächsten Verdacht auf eine Straftat die Discothek geräumt wird. Es tut mir sehr leid, dass ich euch jetzt nicht mehr mit der bekannten oder der von euch geliebten Musik bedienen kann. Ich möchte ganz einfach, dass mein Laden heil bleibt.« Hölle, Hölle, Hölle  … Danach lief normale Discomucke von Wolfgang Petry und anderen Interpreten. Und es bot sich ein ungewöhnliches Bild: Die Skinheads

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