Blut muss fließen
einem Herrn Arm in Arm bei einer Gegendemonstration durch den Stadtteil geht« – bei einer Demonstration gegen die NPD. So ein Herr? Gemeint war Ünal Kaymakci, ein Rechtsanwalt und zugleich der Generalsekretär der Hazrat-Fatima-Gemeinde, die die | 134 | Moschee in Hausen errichten wollte. Die Gemeinde erhielt später die Genehmigung, zurzeit ist sie in Bau.
Den Landespolitikern der CDU waren die Moscheegegner im Wahlkampf willkommen. Gastgeber Caspar sagte: »Ich bin insbesondere der Bürgerinitiative in Hausen dankbar dafür, dass Sie dieses Thema immer wieder auch in der Öffentlichkeit behandelt haben – wir sehen, dass es notwendig ist, hier auch politisch zu handeln.« Es ging um den Islam im Allgemeinen und die Moschee im Speziellen. Die Bürgerinitiative durfte bei der CDU-Veranstaltung sogar kleine Plakate an der Wand aufhängen. Eines zeigte eine rot durchgestrichene Moschee in einem roten Kreis. Das barg die Symbolik eines Verbotsschildes. Auf dem Büchertisch des christdemokratischen Themenabends fanden sich unter anderem Flyer mit der Überschrift »Wahlprüfsteine ›Islam und Islamisierung‹«. Das waren Fragen, mit denen beispielsweise Landtagskandidaten konfrontiert werden sollten. Ein Beispiel: »Befürworten Sie eine Überprüfung von Art. 4 GG (Religionsfreiheit) hinsichtlich seiner Anwendbarkeit auf die Politreligion Islam?«
Politreligion Islam? Im Oktober 2007 hatte der damalige Frankfurter Sicherheits- und Ordnungsdezernent Boris Rhein – der im August 2010 hessischer Innenminister wurde und sich im März 2012 erfolglos um Roths Nachfolge als Oberbürgermeister bewarb – eine NPD-Demonstration gegen die Hausener Moschee unter anderem mit folgender Begründung verboten: »Es erfolgt keine Differenzierung zwischen dem Islam als grundsätzlich friedfertige Religion und dem Islamismus als heterogene, politische, zumeist sozialrevolutionäre Bewegung, die bei militanten Anhängern eine gewalttätige Ausrichtung annehmen kann. Die Muslime in Deutschland, die ihre durch Artikel 4 Grundgesetz geschützte Religion friedlich ausüben, werden durch diese Gleichstellung in unerträglicher Weise diffamiert.«
Bei der Wahlkampfveranstaltung der CDU in Hausen wurde auch nicht differenziert. Einer der Bürger konfrontierte die CDU-Politiker mit der Aussage: »Der Islam ist für mich keine Religion.« Landtagsfraktionschef Wagner widersprach nicht. Er antwortete: »Ich habe nur gelernt, dass eine Moschee offenbar keine Kirche ist. Das ist ein politisches und Kulturzentrum.« Ein paar Sätze später | 135 | sagte er: »Das ist ja zum Schluss kein Hausener Problem und kein Frankfurter Problem, das ist ein weltweites Problem der Auseinandersetzung zwischen Islam und Christentum.« In diesem Zusammenhang erschien es dem führenden CDU-Mann passend zu sein, den ehemaligen Limburger Bischof Franz Kamphaus wie folgt zu zitieren: »Und dann fällt weltweit auf, dass der internationale Terrorismus in der Regel von Islamisten bestückt wird und nicht von anderen Religionen und insbesondere nicht von Christen.« Wagner fügte hinzu: »Deshalb finde ich es sehr gut, dass wir langsam den Mut haben, jetzt in die Gegenoffensive zu gehen, und zwar um unserer Selbstbehauptung willen.«
Die NPD wollte im Oktober 2007 unter dem Motto »Stoppt die Islamisierung Deutschlands« in Hausen demonstrieren. Dazu noch einmal ein Auszug aus der städtischen Verbotsbegründung: »Es werden die teilweise latent bestehenden Ängste und Ressentiments vor einem gewaltbereiten Islamismus und Überfremdung in der übrigen Bevölkerung bewusst genutzt und verstärkt. Dieser Intention können sich die mit dem Motto konfrontierten Menschen nicht entziehen.«
Zweieinhalb Jahre später, im Februar 2010, hatte sich an der Front zwischen »Nationaldemokraten« und Moscheebauern ein bisschen etwas verändert. Der Imam der Hausener Hazrat-Fatima-Gemeinde stand nach einem Beitrag des hessischen Fernsehmagazins Defacto in der Kritik, weil er sich an israelfeindlichen Demonstrationen beteiligt haben soll. Der Generalsekretär der Gemeinde, die sich als weltoffen darstellt, verteidigte den Geistlichen zunächst, indem er den Redakteuren eine »Schmutzkampagne« vorwarf. Eine frühere Predigt, die Ünal Kaymakci bis dahin nicht gekannt haben will, brachte ihn offenbar zum Umdenken. Der Imam trat aufgrund der gegen ihn erhobenen Antisemitismusvorwürfe zurück. Eine Situation, mit der man sich in NPD-Kreisen auskennt.
Der Frankfurter
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