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Blut muss fließen

Blut muss fließen

Titel: Blut muss fließen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kuban
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von Lifestyle und Nazi-Ideologie, nimmt an Neonazi-Aufmärschen teil, organisiert Konzerte und arbeitet im Security-Gewerbe.«
    Zum Kampf erschien Rico Malt mit dem Schriftzug des Chemnitzer Nazi-Labels PC-Records, einem Nachbarn von Backstreet Noise, auf seiner Kleidung. Im Brustbereich stand: »Protex Druck«. Das Unternehmen aus Wurzen gehörte Thomas Persdorf und residierte unter derselben Adresse wie dessen Nazi-Label Front-Records. Ein weiterer Werbepartner des schlagkräftigen Nazis: Bandogs Security Chemnitz – ein Unternehmen, das sogenannte Sicherheitsdienstleistungen erbringt. In den Ring marschierte Rico Malt zu einem Schlägersong der »Lunikoff-Verschwörung« ein, dem Bandprojekt des verurteilten »Landser«-Sängers Michael Regener: »Mundschutz und Schienbeinschoner gehören zu unserer Garderobe. In dieser Stadt weiß jedes Kind: Wir sind die Jungs fürs Grobe.«
    Allerdings fehlte der angekündigte Gegner von der Polizei. Ralf K. hatte abgesagt. Für ihn sprang ein Tscheche ein: Radek Marianka. Er kämpfte mit Malt nach K-1-Regeln. Im Internetlexikon Wikipedia steht: »K-1 kombiniert Techniken aus dem Boxen, Karate, Muay Thai, Taekwondo, Kickboxen, Savate und vielen anderen Kampfsportarten.« Malt wich den Schlagversuchen seines Gegners tänzelnd aus und boxte nach 50 Sekunden erstmals auf ihn ein, angefeuert von johlenden Fans. Einige Sekunden später nahm er Anlauf und trat im Sprung gegen Mariankas Brust. Der Tscheche ging zu Boden, k.o. nach einer Minute und 23 Sekunden. Sieg für den Nazi. | 221 |
    Diese Brutalität, als Sport verbrämt, derart nahe zu erleben, hat mich schockiert. Das also drohte mir, wenn ich bei einem Neonazi-Konzert mit meiner versteckten Kamera erwischt werden würde. Ohne Regeln und ohne Ringrichter. Ein lebensbedrohliches Risiko, wie mir an diesem Abend eindrücklich vor Augen geführt wurde.
    Einen Tag, nachdem ich im Chemnitzer Backstreet Noise den Fightclub entdeckt hatte, sah ich im Pirnaer Crime-Store (dessen Verkäufer mich spaßeshalber mit »Shalom« begrüßte), dass auf den dort angebotenen Textilien der »Fußballkrieg 2006« beziehungsweise der »Official Worldcup Hooligan 2006« angekündigt wurde. Ich beschloss, auf die Fußball-Weltmeisterschaft hin eine Hooligan-Recherche zu beginnen und mich unter die gewaltbereiten Fans zu mischen.
    Während Hooligans mit traditionellem Selbstverständnis nur gegeneinander kämpfen und sich teilweise sogar fern des Stadions zur »dritten Halbzeit« verabreden, schlagen gewalttätige Ultras unmittelbar nach den Fußballspielen los und gefährden dabei andere Stadionbesucher. Als Ultras gelten Fans, die choreografische Aktionen vorbereiten, um im Stadion für Stimmung zu sorgen. Dazu gehört auch der Einsatz von Feuerwerkskörpern.
    Die Bundesregierung hat auf eine Anfrage der Bundestagsfraktion der Linken am 2. Dezember 2011 mitgeteilt, dass Polizeibehörden »eine zunehmende Steigerung der Aggressivität von Angehörigen der ›Ultra-Gruppierungen‹ sowie eine Solidarisierung gegenüber Ordnungsdiensten und Einsatzkräften feststellen, wenn diese gegen die Mitglieder der jeweiligen Gruppe einschreiten«. Teile der »Ultragruppierungen« könnten in die Fan-Kategorien B (gewaltbereite Störer) und C (gewaltsuchende Störer) eingestuft werden. »Nach den geschätzten Angaben der Polizeibehörden über Personen der Kategorie B und der Kategorie C summiert sich in den Anhängerschaften der 1. und 2. Bundesliga die Anzahl der Störer auf zirka 9685 Personen (7240 Kategorie B und 2445 Kategorie C).« Zum Vergleich: In der Saison 1999/2000 habe die Zahl noch bei 6805 Personen gelegen. »Für den Bereich der 3. Liga betrug die geschätzte Gesamtzahl 3024 und für die Regionalligen 2230 Personen« – Ende des Jahres 2011. Am 16. November 2011 waren in der bundesweit geführten | 222 | Datei »Gewalttäter Sport« 12 996 Personen erfasst, wie die Bundesregierung mitgeteilt hat. Rund 10 Prozent davon seien »dem Bereich Rechtsextremismus zuzuordnen«.
    Die Auswirkungen beschreibt die Bundesregierung wie folgt: »Gewalttätige Ausschreitungen bewegen sich seit Jahren auf einem hohen Niveau, jedoch kann langfristig betrachtet eine zunehmende Steigerung der gewalttätigen Handlungen festgestellt werden. […] Die Anzahl von insgesamt 846 Verletzten an den Standorten beider Bundesligen stellt einen Höchststand dar.« In der Saison 2010/2011 seien mehr als 1,5 Millionen Polizeiarbeitsstunden »zur Bewältigung der Einsätze bei

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