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Blut muss fließen

Blut muss fließen

Titel: Blut muss fließen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kuban
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mit der Reiseplanungssoftware heraus. Wie schon im Internet bekam ich den falschen Zielort gezeigt. Es begann eine Irrfahrt durch die Dunkelheit. Denn auf der richtigen Strecke (wie ich später erkannte) hatte ich zunächst umgedreht, weil ich glaubte, sie würde ins Niemandsland führen – eine Kreisstraße, die teilweise den Ausbaustand eines besseren Feldwegs aufwies.
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    Hände zum Hitlergruß erhoben – bei einem Auftritt der rechtsextremen Hooligan-Band »Kategorie C« im thüringischen Zella (bei Krölpa) am 29. August 2009.
    Gegen 23 Uhr kam ich endlich an. Eintritt musste ich keinen mehr bezahlen. »Kategorie C«, pardon, »Hungrige Wölfe« spielten gerade ihr vorletztes Lied für den Abend, wie sich zu meinem Leidwesen herausstellte. Überraschend früh, für mich schon nach einer runden Viertelstunde, war Schluss. Immerhin einen ersten Eindruck von so einem angeblich unpolitischen Hooligankonzert konnte ich ge | 229 | winnen. Besuchermäßig war kein Unterschied zu einem klassischen Rechtsrock-Gig festzustellen. Lediglich der Thekendienst mit Rastalocken schien hier nicht hineinzupassen. Der junge Mann zeigte aber keine Berührungsängste gegenüber der Skinhead-Szene.
    Am Tresen entdeckte ich ein Flugblatt: »Wir trauern um unseren Sportfreund Rico Malt, der im Alter von 32 Jahren viel zu jung verstorben ist.« Was war mit dem Fightclub-Recken passiert? Laut einem Eintrag in einem entsprechenden Forum ist er als Gerüstbauer bei einem Arbeitsunfall ums Leben gekommen. Manche Antifaschisten vermeldeten sein Ableben auf pietätlose Weise im Internet: »Der 32-jährige Nazi Rico Malt ist endlich tot. […] Ein Hoch auf die Gerüstbauerinnung!« Im August 2007 sei er von einem Gerüst gefallen. In einem Blog schrieben Neonazis gegen frohlockende Antifa-Aktivisten an: »Mit Rico verloren wir einen großen deutschen Krieger. Es war uns eine Ehre, mit und neben ihm zu kämpfen.« In einem seiner letzten Kämpfe in sportlicher Hinsicht oder gar in seinem letzten war er k.o. gegangen – am 7. April 2007 im Fightclub zu Plauen. Er hinterließ einen fünfjährigen Sohn und eine hochschwangere Lebensgefährtin. Das Flugblatt beim Hooligankonzert rief dazu auf, für seine Familie zu spenden.
    Die Nutzung etablierter Vorverkaufsstrukturen dürfte sich an diesem Abend für alle Beteiligten ausgezahlt haben. Die »Hungrigen Wölfe« konnten auf diese Weise 200 bis 300 Zuschauer in die sächsische Provinz locken. Und der Kneipier konnte in dieser entlegenen Gegend vermutlich selten so viele trinkfreudige Gäste empfangen. Sie waren teilweise mehrere hundert Kilometer weit angereist und passten kaum in seinen Saal. Tropische Temperaturen waren die Folge – das Bier floss in Strömen. Eine Win-win-Situation: Ohne einen wohlgesinnten Wirt, der gegebenenfalls polizeilichem Druck trotzt, muss eine Band wie »Kategorie C« konspirativ arbeiten. Und das kostet Besucher.
    Der Ticketverkauf via Internet-Kartenhaus blieb allerdings eine Ausnahme in der Bandgeschichte – vermutlich, weil es an geeigneten Gaststätten fehlte. Auch das Etablissement The Rock stand nicht mehr lange zur Verfügung. Am zweiten Weihnachtsfeiertag 2007 brannte es dort, wie die örtliche Tageszeitung Freie Presse schrieb. | 230 | Der Berichterstattung zufolge ging die Polizei von Brandstiftung aus, der oder die Täter konnten nie ermittelt werden. Im Gegensatz zur Gaststube blieben der Saal und die sanitären Anlagen vorerst nutzbar. »Kategorie C« gab dort am 9. Februar 2008 zwar noch ein weiteres Konzert, aber ein Termin im Mai wurde abgesagt.
    Die Band wollte unbedingt raus aus dem Untergrund, wohl um kommerziellen Erfolg zu erzielen. Im Laufe der Zeit entstanden KC- die-Firma für den Tonträger- und T-Shirt-Verkauf, KC-Events für den Ticketvorverkauf und der Fanclub Rückendeckung. Bereits Anfang 2008 schaltete »Kategorie C« eine ganzseitige Werbeanzeige im Musikmagazin Metal Hammer, deren Abdruck der Zeitschrift im eigenen Internetforum einige Leserkritik einbrachte. Der Sänger Hannes Ostendorf meldete sich augenscheinlich am 24. Februar 2008 dort an, um für seine Truppe Stellung zu beziehen. »Hannes O.«, so der Forennickname, schrieb: »Für meinen Teil war die Anzeige im Metal Hammer ein voller Erfolg, und wir werden weiter mit solchen Aktionen die etablierten, eingefahrenen, nach festen Regeln lebenden Gutmenschen ärgern und damit neue und alte Fans dazu bringen, unsere Musik zu hören und nicht den von

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