Blut muss fließen
Wölfe‹. ›KC – Hungrige Wölfe‹ ist besonders wegen ihrer gewaltverherrlichenden Lieder in der Skinhead-Szene beliebt und trat in der Vergangenheit zusammen mit rechtsextremistischen Skinhead-Bands bei Konzerten auf.« Zudem wurde auf die Hooligan-Gruppierungen »Standarte Bremen«, »City Warriors« und »Nordsturm Brema« hingewiesen, ohne dass »auch diese Gruppierungen« als rechtsextremistisch eingestuft worden wären. »Dabei darf jedoch nicht verkannt werden, dass einzelne Mitglieder sehr wohl Rechtsextremisten sind und auch entsprechend eingestuft werden. Hooligans sind fanatische, gewaltbereite Fans eines Vereins und in der Regel unpolitisch, lediglich ein kleiner Teil ist fremdenfeindlich motiviert. Seit den 80er Jahren versuchen Rechtsextremisten, sowohl Hooligans gezielt abzuwerben als auch die Hooligan-Szene zu unterwandern. In Bremen bestehen enge Verbindungen zwischen der Hooligan- und der Neonazi-Szene. […] Diese enge Verflechtung führte dazu, dass Mitglieder der ›Standarte Bremen‹ immer häufiger an rechtsextremistischen Veranstaltungen teilnahmen.«
Eine abstruse Logik. Zu behaupten, dass eine Hool-Truppe mit Rechtsextremisten, deren Mitglieder zunehmend bei rechtsextre | 233 | mistischen Veranstaltungen anwesend sind, noch lange nicht rechtsextremistisch sein muss – das ist Verfassungsschutzformalismus. Homepage-Anmelder der »Standarte Bremen« ist übrigens Henrik Ostendorf, ein Bruder von »Kategorie C«-Sänger Hannes Ostendorf.
Polizei und Ordnungsbehörden hatten die rechtsextreme Hooligan-Band zumindest mancherorts auf der Agenda. In der Folge gab es immer wieder Konzertabsagen. Zum Beispiel, wenn die Polizei einen Saalverpächter dazu bewegen konnte, den Mietvertrag zu widerrufen. Oder wenn ein Ordnungsamt feststellte, dass am fraglichen Ort keine Großveranstaltung stattfinden dürfe – etwa aus brandschutzrechtlichen Gründen.
Die Band stellte sich darauf ein. Sie entwickelte eine teilkonspirative Organisationsform: Der Termin wurde bekannt gegeben, aber zum Saal wurde – wie aus der klassischen Rechtsrockszene bekannt – per Handy und über einen Treffpunkt gelotst, so dass eine Gesichtskontrolle möglich war. Dieses System ermöglichte es der Band, einen eigenen Kartenvorverkauf zu etablieren, was das finanzielle Risiko minimierte. Ist erst einmal eine Lautsprecheranlage gemietet, muss sie schließlich auch bezahlt werden, selbst wenn der Gig kurzfristig platzt. Das sorgte unter den Fans teilweise für zusätzlichen Unmut. Manchmal waren sie schon unterwegs oder gar vor Ort, wenn sie von der Absage erfuhren: Sie hatten also für Sprit und Karten gelöhnt, aber kein Konzert erlebt. Teilweise bekamen sie zu einem späteren Zeitpunkt ein Ersatzkonzert geboten. Aber einigen ging es womöglich so wie mir bei der Recherche: Dann passt es zum Nachholtermin zeitlich nicht, und das Geld ist futsch.
Sänger Hannes Ostendorf reagierte auf diese Problematik, indem er nach einem verbotenen Konzert am 30. Mai 2009 im Raum Rostock eine Videobotschaft an die Fans richtete. Er wollte ihnen »mal so einen kleinen Einblick geben, was der Staat in Verbindung mit Ordnungsamt« und »in Verbindung mit Antifa« versuche, »um so ein unpolitisches ›KC‹-Konzert zu verhindern, wo viele Jugendliche einfach abends ihren Spaß haben wollen«. Seine Schilderung: »Es wurde angezweifelt, ob wir einen Gewerbeschein haben, für unseren T-Shirt-Verkauf. Alles wurde angezweifelt, und wir haben alle Beweise und alle Erweise erbracht, damit die Polizei und der Staat | 234 | nichts dagegen tun können. Trotzdem wurde dann einfach ganz zum Schluss auf den Hof gefahren, und es wurde gesagt: ›Diese Veranstaltung ist untersagt.«« Die Band werde »kriminalisiert«, klagte der Sänger: »Und so werden wir eben halt auch gezwungen, praktisch wieder in den Untergrund zu gehen und dort wieder Konzerte zu organisieren, mit Telefon, mit Heimlichtuerei und so weiter und so fort.« Wenn »Kategorie C« offensiv nach vorne gehe, einen Vorverkauf mache und Hallen bekanntgebe, dann habe das nämlich Konsequenzen: »Das wird einem nicht gedankt, sondern im Endeffekt wird das nur ausgenutzt, um Druck auf die jeweiligen Vermieter und Besitzer der Läden und der Kneipen und der Restaurants zu machen, und teilweise wird sogar mit Enteignung gedroht.« Im Rostocker Fall sei die Band »extra schon ausgewichen aus der Innenstadt, damit es dort nicht zu Streitigkeiten kommt mit anderen Demonstranten, die
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