Blut muss fließen
nächsten Songs waren einzelne Hitlergrüße zu sehen, im weiteren Konzertverlauf wurden es mehr. Zwischendurch kam Stimmung gegen die abwesende Polizei auf: »All Cops Are Bastards – A.C.A.B.« Und dann war wieder die Antifa das Hassobjekt. »Hasta la vista, Antifascista«, schrie das Publikum. Daran knüpfte Hannes Ostendorf im nächsten Song an: »Jeden Tag haben wir sie im Nacken, den Haufen von der Antifa. […] Wir sagen ›Auf Wiedersehn‹. Denn wir scheißen auf euch. […] Fahrt zur Hölle mit eurer Moral.« Danach feierten die Fans: »Scheißt auf die Antifa – schalalalala. Scheißt auf die Antifa – schalalala .« Dazu gingen rechte Arme in verbotener Weise nach oben. Weder von den Bandmitgliedern noch vom Ordnungsdienst wurde das unterbunden.
»Kategorie C« bedauerte einige Lieder später: »Patriotismus und Kampfgeist seh’n die rote Karte, nur Multikulti-Mannschaften, Kommerz und Größenwahn.« Und selbstverständlich gab es auch Mucke für den klassischen Hooligan: »Ich bin gewalttätig, stehe zum Kampf bereit. Habt ihr damit ein Problem, dann zeigt mir, wer ihr seid. Auge um Auge, Zahn um Zahn, auf der Straße herrscht Krieg. Wir kommen immer wieder, bis der Letzte von euch liegt.« Direkt vor der Bühne feierte übrigens ein führender Vertreter der Kleidermarke Erik & Sons mit.
Die passende Kleidung für »Kategorie C«-Anhänger verkauft ein weiterer Bruder des Sängers: Marten Ostendorf. Sein Ladengeschäft Sportsfreund liegt an einer Bremer Einkaufsstraße. Dorthin führte | 237 | mich die nächste Etappe meiner Recherche, am 5. Februar 2010. Außer der Bandbekleidung fand ich beispielsweise Mode von Thor Steinar vor und T-Shirts mit Aufdrucken wie »Sport frei Feld Wald Wiese« und »Spezialist für Körperverletzung«. Ein anderes Motiv bestand aus Polizisten und dem Schriftzug: »Während ihr versucht, uns zu stoppen, besuchen Nachbarn eure Frauen.« Manche Hooligans versuchen offenbar, humorvoll zu sein. Noch ein T-Shirt: »Hey, Mister Taliban, wolln wir heut zur Hölle fahrn.«
Wenn sich aus den Aktivitäten einer Szene heraus ein besonderer Lifestyle mit eigener Mode und Kultur entwickelt, dann wächst sie. Was ich im klassischen Nazi-Milieu erlebt hatte, sah ich jetzt im Hooliganbereich. Krawall, Konzerte und Kleidung harmonierten miteinander, und immer wieder traf ich auf Nazis. Als ich am 28. Februar 2010 mit Fans des 1. FC Kaiserslautern zum Zweitligaspiel nach Karlsruhe fuhr, skandierten gewaltbereite Ultras im Bus zum Stadion: »SS, SS – es eskaliert. SA, SA – es artet aus.« Anschließend sangen sie das mir schon vertraute U-Bahn-Lied. Dieses Mal legten sie die Gleise von Karlsruhe bis nach Auschwitz.
Im Fanzug des Berliner Fußballclubs (BFC) Dynamo, in dem Hooligans am 12. März 2010 nach Cottbus fuhren, hörte sich das ähnlich an: »Alle Türken sind Schweine, alle Türken sind Schweine . « Am Stadion des Gastgebers angekommen, durchsuchte mich ein Ordner, der Thor-Steinar-Kleidung trug – während Fans etwa in den Bundesligastadien von Dortmund, Wolfsburg und Bremen mit Thor-Steinar-Klamotten nicht ins Stadion dürfen. Die Modemarke ist übrigens darauf eingestellt. Sie produziert Jacken, auf denen ihr Schriftzug nur angeklettet ist, so dass er im Fall eines Falles einfach abgezogen werden kann.
Von der polizeilich definierten »Kategorie C« wandte ich mich wieder der gleichnamigen Band zu. Am 17. April 2010 spielte sie abermals in Thüringen, in der »Erlebnisscheune« des Hotels Romantischer Fachwerkhof in Kirchheim, mitten im Ort. Die angeblich unpolitische Gruppe brachte sich wie folgt in Stellung: »Ich scheiß’ auf Indymedia und die Antifa sowieso …« In einer seiner Moderationen drückte sich Hannes Ostendorf vergleichbar deutlich aus: »Antifa halt’s Maul, verdammte Fotze.« Zum Repertoire zählten an diesem | 238 | Abend die Lieder Mein Kampf und Hoch auf dem gelben Wagen sitz ich beim Führer vorn. Zwischendurch wusste der Frontmann mit Affenlauten – »uh-uh-uh-uh« – zu begeistern. Bevor er die Polizei beleidigte, gab er sich rechtschaffen: »Aus rechtlichen Gründen müssen wir erstmal fragen: Ist hier irgendjemand Polizist?« Als sich niemand meldete, folgerte er: »Okay, dann sind ja keine anwesend.« Und er brüllte los: »All Cops Are Bastards – A.C.A.B.«
Hitlergrüße im Publikum und die Parole »Hasta la vista, Antifascista« ergänzten das Abendprogramm. Nach dem Konzert dröhnte klassische Nazi-Musik aus
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