Blut Schatten
da fasste mir jemand ins Haar und riss mich grob zurück. Sekunden später spürte ich eine scharfe Klinge an meinem Hals.
»Keine faulen Sachen, oder deine Leute sind erledigt, Weib. Er hat uns vorgewarnt«, drohte es grollend.
Ich merkte auf. Er? Wer war er? Doch bevor ich sprechen konnte, verschloss mir jemand den Mund mit einem Streifen Klebeband. Das Letzte, was ich sah, war Kimberlys entsetztes Gesicht. Dann stülpte man mir einen muffig stinkenden Sack über den Kopf, und ich wurde gewaltsam einige Schritte weit fortgezerrt, vermutlich quer über die Strasse. Ich stolperte, wurde grob vorangestoßen, aber doch so weit festgehalten, dass ich nicht stürzte.
Schließlich prallte ich gegen ein Hindernis. Bauchhöhe. Hart. Kalt. Vermutlich der Kuhfänger eines Jeeps. Es fühlte sich jedenfalls danach an, als ich dagegengedrückt wurde und mein Oberkörper die Motorhaube zu innig berührte. Gleichzeitig wurden meine Hände nach hinten gerissen und mit einem derben Strick gefesselt. Danach packte mich jemand rau am Oberarm und zerrte mich um den Wagen herum.
»Stehen bleiben«, befahl der Mann. Ich vernahm das typische Knacken von Wagentüren. Kurz darauf erhielt ich einen weiteren Stoß und fiel ins Fahrzeug, kam mit dem Knie schmerzhaft gegen den Schweller und wusste nun mit Sicherheit, dass es ein Geländewagen war. Für eine Limousine war es zu hoch.
Mehrere Personen stiegen in den Wagen. Jemand langte nach meinen Oberarmen, zog mich ganz in den Wagen, und drückte mich neben sich in die Rückbank, mit Nachdruck, aber dennoch erstaunlich sanft. Der rüpelhafte Kerl ließ sich links neben mir nieder. Sie nahmen mich damit in ihre Mitte und ließen mir keine Chance zum Entkommen – was mit einem Sack über dem Kopf und gefesselten Händen ohnehin schlecht zu bewerkstelligen gewesen wäre. Sie wollten wohl absolut auf Nummer sicher gehen und sprachen zudem kein Wort miteinander, als wollten sie sich nicht verraten. Wie auf Befehl klappten die Türen zu, der Wagen wurde gestartet und mit dem typischen Sound eines Achtzylinders fuhr er an.
Ich gab mich unterwürfig; zog den Kopf ein, machte mich klein, wimmerte das eine oder andere Mal und bemühte mich darum, eine glaubhafte Todesangst auszustrahlen, während mir innerlich eher eine Mischung aus Angst und überschäumender Wut den Atem verschlug. Wut auf denjenigen, der es wagte, mich aus meiner Sicherheit zu zerren, und Angst vor dem Unbekannten, in das er mich nun hineinwarf. Doch noch siegte die Wut und somit mein angeborener, aus reiner, kalter Logik bestehender Überlebenstrieb.
Vorsichtig tastete ich mich voran, ließ mein Gespür wie ein dünnes Gespinst unsichtbarer Spinnenfäden ausschwärmen, fühlte mich in die Männer hinein. Zwei von ihnen machten sich Sorgen um die Konsequenzen, sie fürchteten ihren Auftraggeber. Gut so. Zittert, ihr Schakale!
Der Rüpel selbst dachte nur an Geld. Er zählte im Kopf schon die Scheinchen zusammen, die er für meine Entführung bekommen würde. Es war interessant mitzubekommen, wie er die Summe in vier Teile dividierte, sie dann aber langsam wieder auf einen Haufen zusammenschob. Der Drecksack wollte seine Kumpels umlegen, sobald er die Kohle hatte? Na warte! Nicht, dass ich besonders traurig über das Ableben der Truppe wäre, aber so etwas gehörte sich nicht.
Der Mann rechts von mir wirkte noch jung, und in seinen Gedanken herrschte ein völliges Durcheinander. Er hatte Gewissensbisse, er wusste, dass das, was er tat, falsch war. Und doch schob sich fortwährend eine fadenscheinige Rechtfertigung für sein Tun vor diese Skrupel. Er hatte keine andere Wahl. Er musste es tun, brauchte das Geld, sonst würde er das Wichtigste verlieren. Sein Kind. Verdammt, ich konnte ihn sogar verstehen. Ich würde ebenfalls alles tun, um mein Kind zu schützen. Na ja, fast alles. Ob ich einen Mord begehen konnte, darüber wollte ich lieber nicht nachdenken.
Jetzt aber bloß kein Mitleid für einen Entführer, Faye, rief ich mich selbst zur Ordnung, konnte mich jedoch nicht davon abhalten, ihm den Gedanken, man könnte ihn nach getaner Arbeit umbringen wollen, ins Hirn zu pflanzen. Mann, manchmal arbeitete mein Instinkt schneller als mein Bewusstsein. Das musste ich abstellen. Nur wie?
Es tut mir leid, hörte ich eine nahezu verzweifelte Stimme in meinem Kopf widerhallen und wusste, dass sie vom Mann zu meiner Rechten stammte. Eine scharf genommene Kurve ließ mich gegen ihn fallen und sofort legte er schützend seinen Arm
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