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Blut Schatten

Titel: Blut Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Abrantes
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und Antworten zu finden versuchte, die ich ihm nicht geben konnte. Und ich spürte, wie ich automatisch einen Schutzwall aufbaute, ganz wie Thalion es mich gelehrt hatte, und so Letavians Übergriffe mühelos ins Leere laufen ließ.
    »Was hast du mir angetan?«, fragte er leise, sah mich dabei an und gleichzeitig irgendwie durch mich hindurch, als meinte er gar nicht mich.
    Bedächtig brachte ich Distanz zwischen uns, rutschte von ihm fort und zerrte zugleich an meinen Fesseln. Sie gaben leicht nach, rissen aber nicht. Das Material war nicht genug geschwächt.
    »Was bist du?« Seine Hand schnellte vor, ergriff meinen linken Fuß und zog mich ruckartig zu sich heran.
    Ich keuchte verängstigt und wollte seine Hand wegtreten. Da kippte ich zur Seite und kam mit der Schulter auf, schlug zusätzlich mit meiner geschwollenen Wange auf den Boden. Der Schmerz raste durch meinen Kopf und verschlug mir erneut den Atem. Kraftlos blieb ich liegen, zog die Beine dicht an meinen Körper und verharrte in dieser embryonalen Haltung. Ich hatte nicht einmal mehr die Kraft, um zornig zu werden. Meine Atmung rasselte, die fehlende Luft ließ mich unendlich müde werden.
    Ein weiterer Ruck folgte, ich spürte sein Gewicht erneut auf mir. Es war mir schon beinahe egal. Wieder zog er meinen Kopf an den Haaren zurück, und sein Gesicht kam meinem nahe. »Was bist du wirklich, Faye McNamara?«
    »Halb tot«, krächzte ich heiser, röchelte und gönnte ihm gerade eben einen ergebenen Augenaufschlag. »Ich ersticke fast unter dir und kann dir ohnehin keine befriedigende Antwort liefern.« Ein heftiges Husten erschütterte meinen Körper und ließ meine Nervenbahnen lichterloh brennen. Der Schmerz rang meinem brachliegenden Ego eine letzte Zuckung ab: »Verdammt, du bist schwerer als ein Pferd!«
    Einen Wimpernschlag später verschwand das Gewicht. Die Hand blieb in meinem Haar, und mit einem wohldosierten Ruck zog er mich in eine sitzende Position. Dann aber ließ er mich los, und seine Hände huschten über mein Gesicht, strichen mir die Haare aus der Stirn, umfassten prüfend meine Schultern. Plötzlich erhob er sich und trat um mich herum. Im rechten Augenwinkel gewahrte ich das Aufblitzen einer Klinge, glaubte endgültig, meine letzten Sekunden zu erleben, als kurz darauf meine Fesseln durchtrennt zu Boden fielen.
    Ich wagte kaum zu hoffen, rührte mich nicht und erlaubte mir nun selbst keinen Atemzug. Wollte er mir jetzt eine sportliche Chance einräumen? Hatte er Schuldgefühle wegen meiner Fesseln bekommen und konnte mich deswegen nicht töten? Das Timing dafür war inzwischen mehr als beschissen. Zumal Vampire und Schuldgefühle an sich ein Paradoxon darstellten.
    »Steh auf, befahl Letavian harsch, umfasste meinen Oberarm und zog mich auf die Füße. Was zum Henker hatte er vor?
    Er ließ mich stehen, hob den Stuhl auf und stellte ihn neben mich. »Setz dich.«
    Zögernd setzte ich mich auf die vordere Kante und sah den Vampir argwöhnisch an. Dabei rieb ich mir die aufgescheuerten Handgelenke, berührte mit großer Vorsicht meinen Hals und die geschwollene Wange. Anschließend faltete ich die Hände im meinem Schoß, spürte in mich hinein und lauschte besorgt auf jede noch so kleine Regung meines Ungeborenen. Ich bezweifelte nicht im Mindesten, dass er mich töten würde. Nur hatte ich keine Ahnung, warum er es hinauszögerte. Und ich hatte verdammte Angst zu sterben, ich brauchte dringend einen Plan.
    Ich könnte versuchen, fortzulaufen. Doch wie weit würde ich kommen? Einen Meter? Vielleicht zwei? Wenn nicht die Schnelligkeit und Kraft dieses Vampirs meiner Flucht ein vorzeitiges Ende setzen würde, die vorherrschende Atemnot und Kraftlosigkeit würde mich nicht weit kommen lassen. Meine mit Sauerstoff unterversorgte Muskulatur zitterte wie Espenlaub. Außerdem hatte ich keine Waffe mehr bei mir. Der Stern steckte in der Wand, einen Pflock hatte ich nicht dabei. Und den Stuhl zu zerlegen, würde zuviel Zeit und Kraft verschwenden, abgesehen davon, dass es wenig unauffällig wäre. Ich könnte ihn mit sehr viel Glück durch einen gezielten Tritt oder Schlag verletzen, doch war seine Regeneration rasant und seine Reaktion noch schneller. Vielleicht hätte ich das Tor kriechend erreicht, wahrscheinlicher aber war, dass er mich vorher stoppte. Sämtliche Überlegungen waren somit recht ausweglos. Nein, wenn ich schon dem Tod ins Auge blickte, dann zumindest aufrecht ... sitzend.
    Letavian fuhr sich mit den Händen durch die Haare,

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