Blut Schatten
waren im Zeltbereich hinzugekommen, in die ich mich im Schlaf gern gehüllt hätte. Eigentlich war ich müde gewesen. Eigentlich.
Träume und Visionen waren zwar ausgeblieben, dafür hatte mich die Erinnerung an die Begegnung mit der merkwürdigen Obdachlosen vor dem Drugstore nicht mehr losgelassen. Ständig waren mir ihre Worte im Kopf herumgespukt, und ich glaubte allmählich, einen Sinn dahinter entdecken zu können.
Welcher Mond mochte gemeint sein? Vollmond? Halbmond? War überhaupt dieser Mond gemeint? Und welches Wort? Die Bibel? Da die Frau auf Darian gewiesen hatte, konnte ich mir ausmalen, was sie mit dem, was verborgen war gemeint, haben könnte.
Es war also wenig verwunderlich, dass ich mich unruhig von einer Seite auf die andere gewälzt hatte, irgendwann im Morgengrauen eingeschlafen war und mich nun fühlte, als hätte mich ein Panzer überrollt.
Die Eiswasserdusche weckte meine Lebensgeister ein wenig. Barfuß und nur ins Handtuch gehüllt, eilte ich über den Flur und traf auf Kimberly.
»Frühstück?«, fragte sie im Vorbeieilen in Richtung Bad.
»Ich setze einen Kaffee auf, rief ich ihr nach, drehte um und erreichte kurz darauf die Küche. Nur in Jeanshose gekleidet stand mein Bruder mit gefurchter Stirn vor der Kaffeemaschine und haderte offensichtlich mit der Technik.
»Weißt du, wie viele Löffel da rein müssen?«
»Sechs gehäufte, wenn die Kanne voll ist«, gab ich zur Antwort. »Dir übrigens auch einen guten Morgen, Alistair.«
»Ah, okay. Ja, dir auch. Und wo drückt man?«
Kurzerhand entwendete ich ihm das Kaffeepulver, füllte sechs Löffel in den Filter, klappte die Maschine zu und drückte auf den seitlich angebrachten Knopf. »Da.«
»Echt praktisch. Hätte ich das eher gewusst, hätte ich mir auch eher eine zugelegt. Renn doch nicht gleich wieder weg.«
Ich hatte bereits den Flur erreicht, mein Handtuch nicht. Als ich mich umdrehte, befand es sich in Alistairs Hand. Und seiner Mimik nach zu urteilen, war es schon etwas länger her, dass er eine unbekleidete Frau vor sich gesehen hatte. Ich trat auf ihn zu, nahm ihm das Handtuch ab und wickelte mich wieder darin ein. »Nur, um deinem Gedächtnis auf die Sprünge zu helfen, Alistair. Ich bin deine Schwester. Sonst soweit alles klar?«
»Darian ist ein Glückspilz«, rutschte es ihm heraus, dann erschien ein wölfisches Grinsen auf seinem Gesicht. »Und er ist ein Idiot, dass er dich allein schlafen lässt. Ich wusste gar nicht, dass du ...«
Vor seiner Nase tauchte abrupt mein Zeigefinger auf. »Hüte deine Zunge, großer Bruder. Und hüte vor allem deine Fantasie.«
»Nun mal langsam.« Zurückweichend hob er beide Hände. »Ich habe lediglich bemerkt, dass dein Bauch noch recht flach ist und dass du ein Muttermal um den Nabel hast, das ...«
Das Muttermal! »... die Form einer Mondsichel hat«, ergänzte ich mit großen Augen Alistairs Satz. Das ist es. Spontan küsste ich ihn, wirbelte herum und stieß in der Tür mit Darian zusammen, der mich außerordentlich interessiert musterte.
»Wie du schon sagtest, Liebster. Mein Bruder.« Damit gab ich ihm ebenfalls einen Kuss und eilte hinaus. Hinauf ins andere Stockwerk. Anziehen.
»Hatte das etwas zu bedeuten, worüber ich mir vielleicht Gedanken machen müsste?«, klang Darians Stimme dumpf durch meinen Pullover.
Ich tauchte daraus hervor, schob die Arme durch die Ärmel. Während ich die enge Jeans schloss, blickte ich Darian beinahe trotzig an. »Durchaus, mein Liebster. Denn er hat mir Antwort auf eine Frage gegeben, der du tunlichst ausgewichen bist.«
»Aha.« Er stieß sich von der Wand ab und kam mit geschmeidigen Bewegungen auf mich zu. »Und die wäre welche? Dass du einen verflucht knackigen Hintern hast? Oder ob du einen tibetischen Mönch dazu bringen könntest, sein Gelübde ernsthaft zu überdenken?«
»Die Richtung könnte es treffen, wenn ich mir seinen Blick genauer vor Augen führe. Er könnte tatsächlich eine Frau an seiner Seite gebrauchen«, überlegte ich laut und schüttelte dann den Kopf. »Aber nein, das war es nicht wirklich. Er hat meine Mondsichel bemerkt.«
»Deine was?« Er blieb stehen.
»Mein Muttermal. Von daher bin ich ihm sogar dankbar, dass er mich gesehen hat, wie Gott mich schuf.«
»Ich weniger«, brummte Darian und wollte nach mir greifen. Leicht schlug ich ihm auf die Finger. »Später, Schatz. Wir haben zu tun.« Mich an ihm vorbeischlängelnd, zwinkerte ich ihm frech zu. »Im Übrigen liebe ich dich auch. In Zukunft
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