Blut soll fließen
und ausgerechnet ihre Bindung an Dwight Chalfont Holly hat sie an einen Punkt gebracht, an dem sie ihren Kummer nicht unterdrücken kann.
Joan raucht ständig und trinkt literweise selbst angesetzten haitianischen Kräutertee. Sie schluckt haitianische Kräuterkapseln zu allen ihren Mahlzeiten, zu genau bestimmten Tageszeiten. Ich habe sie deswegen befragt. Sie wollte schwanger werden. Sie wollte ein Kind bekommen.
Ich habe ihre Motivation nicht hinterfragt. Ich wusste, dass ich nicht »wieso?« sagen konnte. Joan würde einfach antworten: »Das sag ich nicht.« Eine Frau in ihrem Alter kann kein Kind mehr herbeizwingen. Joan scheint nicht zu wissen, wie unwahrscheinlich das ist. Das bleibt ungesagt, auch wenn es zwangsläufig wahr ist. Sie will dieses Kind mit Dwight haben.
Joan und ich haben stets unsere Geheimnisse voreinander gehabt. Wir sind beide gefährdet und betreiben ein Doppelspiel; wir leben in einer verlogenen Welt, die zu unterminieren wir als unseren moralischen Auftrag betrachten. Ich könnte Joan das sagen, was ich Dwight niemals gesagt habe. Das könnte sie verletzen oder auch nicht. Ich weiß, was es bei Dwight auslösen würde. Ich befürchte einen neuerlichen Zusammenbruch und die unbedingte Entschlossenheit, die daraus resultieren würde.
DOKUMENTENEINSCHUB : 18.11.71. Auszug aus dem Tagebuch von Marshall E. Bowen.
Baldwin Hills, 18.11.71
Ich dachte, dass mir der Mord geistig und körperlich schmerzhafter zusetzen würde. Das war nicht der Fall. Ich habe die Rolle des Mörders angenommen und mich wie ein Ersttäter benommen, der zu überleben gewillt ist. Es dauerte einige Tage, bis sich das geistige Gleichgewicht wieder einstellte. Ich malte mir die möglichen Folgen meiner Taten aus, während Scotty sich ums Praktische kümmerte. Ich traf ihn zu einer Reihe spätnächtlicher Steak-Dinner bei Ollie Hammond's. Wir tranken was und aßen Steak-Sandwichs. Scotty predigte. Zuletzt geht's ums eigene Überleben. Du hast getan, was erforderlich war; du tätest es wieder, wenn's sein müsste. Geht's dir jetzt besser?
So habe ich mich damals verhalten, so verhalte ich mich heute. Ich habe in unserer Partnerschaft die Oberhand. Ich weiß zwei Dinge, die Scotty nicht weiß: Reginald Hazzard und die Smaragde sind in Haiti. Die Frau ist Joan Rosen Klein.
Mein Leben besteht aus einer Reihe von Schattenspielen und Sprunghaftigkeiten. Ich arbeite in der Detective-Abteilung der Hollywood Station. Ich gehe zu Film-Cocktailpartys und genieße die ambivalenten Reaktionen, die meine Gegenwart erzeugt. Vor drei Jahren war ich ein geschlagener, ausgestoßener Polizist, der zum schwarz-militanten Glauben konvertierte. Das verlieh mir ein für die Filmindustrie glänzendes Image. Jetzt bin ich der als eingeschleuster Informant enttarnte Polizist; ein Polizist, der bei prestigereichen Vortrags-Einladungen autoritäre Werte preist und in der blauen LAPD-Uniform ausgezeichnete Figur macht. Die Leute von der Filmindustrie würden mich gern als windigen Verräter hassen, können es aber nicht. Ich habe das Spiel gewonnen und stehe gut da.
Ich gehe von Party zu Party und treffe Leute, darunter den hochattraktiven Schauspieler Sal Mineo, der in einigen bemerkenswerten zornigen Teenager-Filmen der Fünfzigerjahre ein Star war.
Sal hat die Neigung und beschlossen, sie mit mir zu teilen. Sal scheint an mir einen Narren gefressen zu haben; wir treffen ständig aufeinander; wir unterhalten uns am Telefon, flirten, gehen Kaffee trinken, aber wir tun es nicht. Sal ist sehr hartnäckig und ein süßer Kerl, aber ich habe zu viel auf dem Buckel, um mich teilweise oder ganz auf eine feste Beziehung einlassen zu wollen. Eigenartig. Vorstellungswelten. Ich rede mit Sal und hänge auf; fünf Minuten später ruft Scotty an. Scotty hat sich überzeugend und souverän des Problems mit den Thornton-Bostitch-Brüdern angenommen und eine Reihe von Polizeinachrichtendienst-Akten durchsickern lassen, die darauf hinwiesen, dass Herr Saubermann letztlich ein Mafia-Handlanger war. Eifrige Journalisten haben die Geschichte aufgegriffen; Artikel sind in Los Angeles erschienen und haben in ganz Amerika journalistische Aufmerksamkeit gefunden. Scotty verleumdet unsere Toten, während wir nach Hinweisen über unsere Lebenden suchen. Wir haben überlegt, wie wir an Thorntons FBI-Spitzel-Akte rankommen, aber Scotty hält das für zu riskant. Ich habe mir überlegt, es mit einem unabhängigen Blick darauf zu versuchen, weiß aber nicht
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