Blut soll fließen
Bul-len-Groupies auf. Er stibitzte ihnen hors d'oeuvres vom Teller und lud sich zu ihren Drinks ein. Die Mädchen fanden das suuuuper.
Dwight sah zu. Die Marsh-Bowen-Figur bekam immer schärfere Konturen. Marsh war ein Draufgänger und ein Spieler. Marsh konnte ein Doppelspieler sein. Den man vorsichtshalber beschatten sollte. Als Beschatter in Frage kommend: der Crutchfield-Halbstarke.
Dwight gähnte. Sein Magen knurrte die Antwort. Essen stumpfte ihn ab. Die Niggerstadt kochte. Jack Leahy hatte ihm den neuesten Klatsch gesteckt. Den ganzen militanten Scheiß, der sich in den Gonaden des LAPD sammelte. Bullen, die in ihrer Freizeit auf Klanbruder machten. Polizeiposten, die sich Sonderausrüstungen verschafften. Hinterhalte, in die man Panther lockte, um sie zu Brei zu schlagen. Unbegründete Festnahmen wegen getürkter Rauschgiftvergehen, getürkter Alkoholvergehen, getürkter Haftbefehle und -
Eine Frau kam in die Bar. Dwight sah graue Strähnen und Brille und fuhr zusammen. Das passierte ihm andauernd. Gesichte, Fehlalarme - aber niemals sie.
Marsh ging auf Scottys Freundin zu. Er fasste sich ans Kinn -Signal für gleich-geht's-los. Scotty konnte die Augen nicht abwenden: von ihr zu ihm, von seinem Mädchen zum Sklaven-Stier.
Dwight stand auf und stellte sich in die Nähe. Marsh machte sich an die Freundin ran. Da, jetzt knabbert er ihr am Hals. Da, jetzt leckt er ihr am Ohr. Da, jetzt zupft er ihr mit seinen allzu strahlenden Zähnen am Ohrring.
Scotty rannte rüber und griff ihm von hinten in die Haare. Scotty versetzte ihm beidhändig Handkantenschläge in die Nierengegend. Marsh fiel nach vorn und drehte sich mit erhobenem Unterarm um. Er erwischte Scotty, der sich auf ihn stürzte. Der Schlag warf Scotty auf die Bar. Scotty fasste sich an den Hals und schnappte nach Luft. Er trat mit Füßen. Er verfehlte Marsh. Er fuchtelte über die Bar und schnappte sich ein Steakmesser. Marsh stellte sich präzise vor ihm auf. Marsh brach ihm mit einem Handflächenschlag die Nase, die in Strömen zu bluten begann. Dwight hörte den Knochen brechen. Scotty ließ das Messer fallen, wischte sich die Augen und versuchte Marsh zu beißen. Ein Dutzend weißer Bullen nahm ihm die Arbeit ab.
DOKUMENTENEINSCHUB : 16.10.68. Auszug aus dem Tagebuch von Marshall E. Bowen.
Los Angeles, 16. Oktober 1968
Ich habe jetzt Scotty Bennetts Blut geschmeckt. Eine sehr späte Rache für die Prügel, die mir Scotty im April 1966, ein Jahr vor meinem Eintritt beim LAPD, angedeihen ließ. Ich hatte sie provoziert, indem ich einige tintenbefleckte Banknoten aus dem Bankraum weitergab, nicht anders als die jüngste gewaltsame Auseinandersetzung mit Scotty und die Hiebe, die ich anschließend von seinen LAPD-Genossen unter der Oberaufsicht von Special Agent Dwight C. Holly bezog. Beide Male übernahm ich die Doppelrolle des Opfers und Provokateurs. Zwei Ereignisse im Abstand von zweieinhalb Jahren. Wobei das bestimmende Moment die beiden Raubmorde vor nun vier Jahren und acht Monaten sind. Zwei Konfrontationen mit ein und demselben Motiv: Ich will den Raubmord anonym lösen und das noch versteckte Geld und die Smaragde für mich behalten.
Ich habe keiner Seele von meiner Absicht erzählt und die Entscheidung, ein Tagebuch zu führen, absichtlich hinausgezögert. Ich wollte auf den entscheidenden Augenblick warten, in dem die Suche durchführbar erscheint. Den sehe ich jetzt gekommen. Ich hätte das Einschleusen in linke Organisationen im Auftrag von Clyde Duber beschreiben können, wo ich die Schauspielkünste, den Listenreichtum und die selbstbewusste Haltung gelernt habe, die mich so weit gebracht haben, bin aber froh, mich nicht auf eine solch eitle Selbstbespiegelung eingelassen zu haben. Ich habe die Rolle des unterschätzten schwarzen Mannes stets genossen und bin nun zu einer hochgelobten Lokalgröße und einem penibel beobachteten schwarzen Mann geworden. Ein Abenteuer, das beschrieben und analysiert werden will, während ich es erlebe, denn im Mittelpunkt meiner Geschichte steht die gegenwärtige Konfluenz der Ereignisse.
Ich bin von zwölf bis sechzehn Polizeikameraden schwer zusammengeschlagen worden und habe vier Tage im Central Receivi ng Hospital verbracht. Die gebrochene Nase, die Gesichtsverletzungen und asymmetrisch verbogenen Ohren haben mein bisher eher durchschnittlich gutes Aussehen ins Interessante gesteigert und zu meinem sich langsam festigenden Ruf als schwarzer Militanter beigetragen. Das habe ich Mr. Holly zu
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