Blut Und Knochen: Thriller
dritten weiter, der sie zu einem Klapptisch trug. Dort saß Isobel und begutachtete die Stücke.
»Hier stinkt's, Mann ... « Steellegte die Hände um ihren Kaffeebecher. »Also, nun erzählen Sie schon
- Anwohnerbefragungen?«
Logan deutete auf die rückwärtige Wand der Knochenmühle. »Sämtliche Häuser auf dieser Seite stehen leer - offenbar will niemand eine Vier-Zimmer-Doppelhaushälfte in Windrichtung von einem Schlachthof kaufen.«
»Na, so was aber auch.«
»Die Uniformierten klappern gerade den Rest ab. Bis jetzt Fehlanzeige.«
»Tja, und der ebenso gut aussehende wie talentierte Des Bain befragt in diesem Moment die Belegschaft. Da ist also die Katastrophe schon vorprogrammiert.« Sie nippte an ihrem Kaffee und verzog das Gesicht. »Finden Sie nicht auch, dass der irgendwie komisch schmeckt?« »Drüben im Pförtnerhaus war er noch okay ... «Aber Steel hatte recht, hier hatte er einen unangenehmen Beigeschmack nach ranzigem Schweineschmalz angenommen.
»Also ... « Sie lehnte sich auf das Geländer und sah zu, wie 1sobel einen langen Knochen in eine Schubkarre warf und ein Zeichen machte, dass sie ihr das nächste Stück bringen sollten. »Es ist halb sieben - im Schlachthof fahren sie Doppelschichten, um den Rückstand aufzuholen, weil sie einen Geräteausfall hatten -, und irgendein armes Schwein muss die Knochenmühle frei machen. Wie's der Zufall will, ist der Kerl daheim in Polen Facharzt für Orthorexie oder so ähnlich, und deshalb klingelt's bei ihm gleich, als er einen menschlichen Oberschenkelknochen aus dem Haufen rausgucken sieht. Er zieht sofort die Notbremse und weigert sich, seinen Posten zu verlassen, bis sie die Polizei gerufen haben.« Sie schüttelte den Kopf. »Abartig, oder? Da studiert der Typ Medizin, und dann verschlägt's ihn nach Schottland, weil er offenbar mehr Geld verdient, wenn er hier in einem Schlachthof Knochen schaufelt, als wenn er daheim Patienten behandelt.« »Haben Sie ihn vernommen?« Steel drehte sich zu ihm um. »Nein, ich hab ihm geglaubt, als er mir versichert hat, dass er niemanden zerstückelt hat. Schien mir 'n ehrlicher Kerl zu sein ... « Sie boxte Logan in denArm. »Na klar hab ich ihn vernommen, Mann.« Isobel stand von ihrem Tisch auf und reichte ihrem Assistenten ein dreieckiges Knochenstück. »Schulterblatt.« Es kam zu den anderen in eine blaue Plastikkiste. Steel deutete auf den wachsenden Haufen menschlicher Überreste. »Es ist Tom Stephen, sie haben seinen Kopf gefunden ... wollen Sie ihn sehen?« »Verzeihung?« Ein Mann in weißen Gummistiefeln, weiten Plastikhosen, Mantel, Haarnetz und Helm war hinter ihnen auf der Brücke aufgetaucht. »Denken Sie, dass Sie bis heute Abend hier fertig sind? Es ist nur, weil wir schon im Rückstand sind -« »Wie sind Sie denn hier raufgekommen?« Er deutete hinter sich. »Es gibt eine Zugangstür von der Kuttelei
- das ist der Raum, wo wir die Mägen und Därme ausspülen ... « Er senkte die Stimme zu einem Flüstern. »Sagen Sie, können Sie nicht einfach das ganze Zeug ausräumen und mitnehmen?« »Entschuldigen Sie mich einen Moment, Sir.« Steel beugte sich über das Geländer und rief jemandem unten am Boden zu: »Ich hab doch gesagt, ihr sollt die verdammten Eingänge abriegeln! Und das heißt alle Eingänge, nicht bloß die, auf die ihr gerade Bock habt!« Sie wandte sich wieder dem Herrn in Weiß zu. »Tut mir leid. Also, wenn Sie nichts dagegen haben - wir kommen hier wesentlich schneller voran, wenn Sie uns einfach unsere Arbeit machen lassen.« »Aber -«
»Passen Sie auf, das läuft so ab: Wir müssen jedes Fitzelchen aus dem Haufen da unten einzeln unter die Lupe nehmen. Anschließend untersuchen wir jedes einzelne Stück Fleisch in dem Laden hier. Und solange wir damit nicht fertig sind, zerhacken Sie hier kein einziges Stück Vieh mehr. Comprende?«
»Aber ich habe Aufträge abzuarbeiten! Wir müssen-«
»Ah, es passt Ihnen gerade nicht, wie? Hätten Sie das doch gleich gesagt! Wissen Sie was, dann vergessen wir jetzt ganz einfach, dass wir in Ihrer Abdeckerei Leichenteile gefunden haben -« »Tierkörperverwertung. Wir sprechen nicht mehr von >Abdeckerei<, da das -«
»Ist mir wurst! Sie machen hier dicht, bis ich Ihnen sage, dass Sie wieder loslegen können!« Sprach's und stapfte davon. Es wäre ein eindrucksvoller Abgang gewesen, wenn sie nicht auf halbem Weg nach unten stehengeblieben wäre, um sich den Tatort-Schutzanzug aus der Pofalte zu zupfen.
Der Mann in Weiß sah ihr nach.
Weitere Kostenlose Bücher