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Blut und Kupfer

Blut und Kupfer

Titel: Blut und Kupfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Wilken
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wann immer sie wollte. Und heute Vormittag hatte Pater Anselm ihr einen Brief überbracht. Der Kapuzinermönch Thomas teilte ihr mit, dass Melchior Janus mit ihr sprechen wollte!
    Plötzlich schwang die Flügeltür von Elisabeths Gemach auf, und Gräfin von Larding trat mit zwei ihrer aristokratischen Freundinnen heraus. »Was fällt Euch ein, die arme Herzogin so aufzuregen? Euretwegen hat sie sich hinlegen müssen! Was habt Ihr nur gesagt, dass sie sich derart erregt hat?«
    »Ihre Durchlaucht selbst hat die heilige Cäcilia erwähnt, und ich habe nur um Urlaub gebeten, weil mein Oheim krank ist!« Gräfin von Larding hatte sie von Anfang nicht leiden können, also konnte sie sich Höflichkeitsfloskeln sparen.
    »Ja, wisst Ihr dummes Provinzgänschen denn nicht, dass gerade diese Heilige Ihre Durchlaucht auf so schmerzhafte Weise an ihre Kinderlosigkeit gemahnt? Bei der Heiligen Jungfrau, so ignorant, wie Ihr Euch aufführt, könnte man vermuten, Ihr haltet’s mit den ketzerischen Lutheranern.« Die Freundinnen der Gräfin nickten entrüstet.
    Ihre Wut herunterschluckend erwiderte Marie kühl: »Ihr wagt Euch weit vor mit solch einer Beschuldigung, doch ich verzeihe Euch, weil mich dringlichere Sorgen plagen. Gott zum Gruße.«
    »Sie verzeiht mir! Höre sich das einer …«
    Weitere Beleidigungen ersparte sich Marie, indem sie das Vorzimmer verließ und die Kapellentreppe hinunterlief. Himmel, was war nur in die Gräfin gefahren? Vielleicht hatte ihr Mann eine neue Geliebte, und sie hatte ihre Wut an ihr ausgelassen. Marie hatte sich nichts vorzuwerfen, denn sie hatte regelmäßig die Messe besucht und pflegte keinen Umgang mit der Ketzerei Verdächtigen. Langsam wanderte sie den Gang in Richtung Altana entlang und überlegte, ob sie eine verfängliche Bemerkung in Gegenwart der Gräfin gemacht hatte. Einmal war das Gespräch auf die gegenreformatorischen Schriften von Kaspar Schoppe gekommen, ein Kriegstreiber, wie Marie fand. Sollte es das gewesen sein?
    Sie blieb stehen und lehnte sich an einen Türrahmen. Als sie Vroni um die Ecke kommen sah, machte sie einen Schritt vor und hörte ein leises, knisterndes Geräusch. »Oh nein!«
    Sie war mit dem Ärmel ihrer kostbaren Jacke an einem Splitter hängen geblieben. Der Riss war deutlich sichtbar, so konnte sie sich in der Residenz nicht sehen lassen.
    »Kannst du das richten, Vroni?«, begrüßte Marie ihre Dienerin, die mit dem Wolfshund auf den Fersen zu ihr kam.
    »Ist nicht gerade meine Stärke, aber ich tue mein Bestes.« In einem der Ankleidezimmer des Herzoginnentrakts fanden sie Nähzeug, und mit flinken Bewegungen stieß Vroni die Nadel wieder und wieder durch das dünne Leinengewebe, das mit Seide unterfüttert, auf der Vorderseite mit Blättern und Blüten bestickt und mit einer Borte aus Silberfaden veredelt war. »Es wird schon halten, denke ich, aber danach solltet Ihr es zu einer richtigen Näherin geben. Meine Stiche sind nicht regelmäßig.«
    Marie sah dem fleißigen jungen Mädchen zu, wie es sich mit ihrer Jacke abmühte. »Ich bin sehr froh, dass du mitgekommen bist, Vroni. Inmitten dieser à la mode gewandeten Hofdamen komme ich mir recht provinziell vor.« Fröstelnd zog sie den Schal enger um die bloßen Schultern, denn wie in den meisten Nebenräumen gab es auch hier weder Kamin noch Ofen.
    In ihrer Repräsentation gab sich die Herzogin mit einem prunkvollen Schlafgemach und einem angrenzenden langgestreckten Gemach vergleichsweise bescheiden. Mehrere Zwischenzimmer und eine Galleria zum Residenzgarten gehörten ebenfalls zu Herzogin Elisabeths Wohnbereich, waren jedoch einfach möbliert.
    »So. Bitte, probiert es einmal über!« Nicht ohne Stolz reichte Vroni ihrer Herrin das eilig geflickte Jäckchen.
    Nachdem Marie es übergezogen und zugeknöpft hatte, bewegte sie vorsichtig den rechten Arm, an dem die Naht zwischen der reichen Stickerei kaum auffiel. »Du bist ein Engel, Vroni! Was täte ich nur ohne dich?«
    Das Mädchen errötete. »Schade nur, dass die Ursel das nicht sehen kann. Sie sagt immer, ich hätte zwei linke Hände und wäre noch zu dumm zum Wassertragen!«
    »Zänkisches altes Weibsbild. Aber sie ist nicht hier und sicher grün vor Neid, dass du mitdurftest und sie nicht.«
    »Was tun denn die Damen eigentlich die ganze Zeit?«, fragte Vroni und öffnete Marie die Tür.
    »Tun? Nichts! Sie tratschen, wie ich es selten irgendwo erlebt habe, zerreißen sich das adlige Maul über angebliche Verfehlungen schönerer oder

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