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Blut und rote Seide

Blut und rote Seide

Titel: Blut und rote Seide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Qiu Xiaolong
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ist.«
    »Und Sie sind ein romantischer Dichter in Polizeiuniform«, kicherte sie. »Man kann schließlich nicht ewig als Model arbeiten. Pflücke die Blüte beizeiten, sonst bleiben dir nur dürre Äste. «
    Diese Zeile stammte aus einem Tang-Gedicht. Die Wahl des Zitats überraschte ihn; wer sprach schon gern von der eigenen Schönheit als etwas Vergänglichem.
    Dann drehte sie ihn auf den Bauch und kniete plötzlich über ihm. Er meinte, bei ihrer raschen Bewegung durch den geöffneten Bademantel einen Blick auf ihren Busen erhascht zu haben. Sie begann, ihm den Rücken zu massieren.
    »Sie sind ja ganz verspannt«, sagte sie und konzentrierte sich auf die Lendenwirbel. Ihre rotlackierten Fußnägel stachen apart vom weißen Frottee ab.
    Er fühlte sich an den Kommentar des Magister Zhang über die femme fatale in der »Geschichte der Yingying« erinnert. Offenbar war ihm dieser Gedanke nicht zufällig gekommen, eine rechtzeitige Warnung an ihn, der schwach und der Willkür einer schönen Frau ausgeliefert dalag.
    »Vielen Dank, Xia. Sie haben magische Hände. Ich sollte unbedingt einmal wiederkommen.« Er setzte sich auf. »Aber heute muß ich mit Ihnen über andere Dinge reden.«
    »Nur zu. Worüber Sie wollen.« Sie ging zu der zweiten Couch, und als sie sich zurücklehnte und die Beine übereinanderschlug, sah er ihre nackten Schenkel. Offenbar trug sie tatsächlich nichts unter ihrem Bademantel. »Hier wird uns niemand stören. Die nächste Show beginnt nicht vor sechs. Wir haben den Nachmittag ganz für uns.«
    »Ich will nicht lange herumreden. Es geht um Jia, Ihren früheren Freund.«
    »Jia – aber wieso?« Dann fügte sie hastig hinzu: »Wir haben uns schon vor langer Zeit getrennt.«
    »Es gibt Anlaß zu der Vermutung, daß er in einen schwerwiegenden Fall verwickelt ist.«
    »Worin auch immer er verwickelt ist«, entgegnete sie und richtete sich auf. »Ich weiß nicht mehr darüber, als in den offiziellen Zeitungen steht. Dieser Wohnungsbauskandal dürfte so manchem Kopfzerbrechen bereiten.«
    Sie meinte also diesen Fall.
    »Dabei geht es um Korruption, und er macht seine Sache sehr gut. Zweifellos werden einige bestechliche Beamte noch Kopfschmerzen bekommen. Aber deswegen bin ich nicht hier. Ich bin keiner, der sich auf die Seite dieser korrupten Roten Ratten schlägt. Unser Gespräch heute hat nichts mit diesem Fall zu tun.«
    »Ich traue Ihnen, Oberinspektor Chen. Aber weshalb sind Sie dann hier?«
    »Es geht um einen anderen Fall«, erklärte er. »Sie haben damit nichts zu tun.«
    »Was wollen Sie dann von mir wissen?«
    »Alles, was Sie mir über ihn sagen können. Natürlich bleibt das unter uns. Ich verspreche Ihnen, daß nichts davon im Prozeß um den Wohnungsbauskandal Verwendung findet.«
    »Das ist ein weites Feld«, sagte sie langsam und kreuzte erneut die Beine. »Da sollte ich wohl besser erst mit meinem Anwalt sprechen.«
    Diese Reaktion hatte Chen erwartet. Xia war nicht der Typ Frau, der sich von einem Polizisten einschüchtern ließ. Es konnte Tage dauern, bis er ihre Kooperationsbereitschaft gewonnen hätte.
    »Wissen Sie, warum ich zu Ihnen gekommen bin, Xia?« sagte Chen. »Es handelt sich um den Roter- qipao -Mord.«
    »Was? Das ist unmöglich. Weshalb sollte er etwas damit zu tun haben?«
    »Er ist derzeit unser Hauptverdächtiger.« Hier machte Chen eine demonstrative Pause. »Das Präsidium wird rigoros vorgehen. Jeder, der mit ihm in Verbindung steht, wird intensiv verhört werden. Die Medien werden die Ermittlungen genauestens verfolgen, und diese Art von Publicity tut weder Ihnen noch Ihrem Geschäft gut. Deshalb wollte ich vorab mit Ihnen reden. Ich möchte Ihnen das ersparen.«
    »Danke für Ihre Rücksicht«, sagte sie. »Ich weiß das zu schätzen.«
    »Falls er unschuldig ist, kann ihn Ihre Aussage nur entlasten. Die Sache hat nichts mit dem Bauskandal zu tun.« Er streckte die Hand aus und tätschelte beruhigend die ihre. »Herr Gu hat möglicherweise ein bißchen übertrieben, aber in einem hat er recht: gute Freunde helfen einander. Sie werden mir einen Gefallen nicht versagen, da bin ich mir sicher.«
    Diesen Hinweis auf den Austausch von Gefälligkeiten, und vielleicht sogar mehr, konnte sie nicht überhören. Keine ganz saubere Vorgehensweise für einen Oberinspektor, aber eine zu rechtfertigende Notwendigkeit, wie sie sogar die konfuzianischen Klassiker zugestanden.
    Sie sah zu ihm auf. »Wo fangen wir an?«
    »Am besten am Anfang«, sagte er. »Bei Ihrer

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