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Blut und rote Seide

Blut und rote Seide

Titel: Blut und rote Seide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Qiu Xiaolong
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ersten Begegnung.«
    »Das war vor drei Jahren«, erzählte sie. »Ich ging damals noch zur Schule. Es war mein letztes Jahr, und Jia kam, um mit mir über meine Berufsaussichten zu sprechen. Ich war beeindruckt. Einige Monate später bot sich mir die Gelegenheit, eine Ausbildung als Model zu machen. Ich fragte ihn um Rat. Ehrlich gesagt habe ich die Initiative ergriffen. Aber er hat mir nach meiner ersten Show Blumen geschickt. Daraufhin gingen wir miteinander aus. Er ist ein unkonventioneller Typ, der Klatsch um meinen Beruf kümmerte ihn wenig.«
    »Was ist er sonst für ein Mann – ich meine, nicht nur als Liebhaber?«
    »Ein guter Mensch: intelligent, ehrlich und dabei erfolgreich.«
    »Hat er mit Ihnen über sein Leben gesprochen?«
    »Nein, nicht wirklich. Seine Eltern sind während der Kulturrevolution gestorben. Er hatte keine glückliche Kindheit.«
    »Hat er Ihnen jemals Fotos von seinen Eltern gezeigt, von seiner Mutter? Sie soll sehr hübsch gewesen sein.«
    »Nein. Er hat nie über sie gesprochen, aber ich weiß, daß sie aus einer bekannten Familie stammte. Einmal habe ich das Thema angeschnitten, da reagierte er überraschend gereizt. Also habe ich nie wieder danach gefragt.«
    »Ist er oft in Wut geraten?«
    »Nein, keineswegs. Manchmal hat er die Nerven verloren, aber das ist bei einem vielbeschäftigten Anwalt nur verständlich.«
    »Hat er mit Ihnen über seinen Streß und seine Probleme gesprochen?«
    »Wer hat denn in unserer heutigen Gesellschaft keinen Streß? Nein, darüber haben wir nicht geredet, aber ich konnte es spüren. Er arbeitet, wie Sie wissen, an schwierigen Fällen. In seinem Büro habe ich mehrere Bücher über Psychologie gesehen. Vielleicht suchte er auf diese Weise Wege zur Entlastung. Zwischendurch wirkte er manchmal abwesend. So als dächte er über seine Arbeit nach, selbst in unseren intimsten Momenten.«
    »Haben Sie noch weitere Symptome bemerkt?«
    »Symptome – wovon?« fragte sie. »Nun, er hatte Schlafstörungen, wenn Sie das als Symptom betrachten.«
    »Und in Ihren intimsten Momenten, hat er sich da irgendwie ungewöhnlich verhalten?«
    »Könnten Sie das genauer formulieren, Oberinspektor Chen?«
    »Wollte er beispielsweise, daß Sie etwas Besonderes anziehen?«
    »Eigentlich nicht. Wenn ich nicht auf dem Laufsteg stand, kleidete ich mich gern leger, dagegen hatte er nichts. Er hat mir auch Kleider gekauft. Elegant, teuer, aber nicht allzu modisch. Das entsprach wohl seinem Geschmack. Einmal wollte er, daß ich barfuß durch den Park ging wie ein Bauernmädchen, dabei habe ich mir den Fuß an einem Stein verletzt. Daraufhin hat er das nie wieder von mir verlangt.«
    »Gab es spezielle Kleider – etwa einen qipao ?«
    » Qipaos stehen nicht jeder Frau. Ich bin zu groß und zu dünn dafür. Das habe ich ihm erklärt, und er bestand nicht darauf.«
    »Jetzt muß ich Ihnen eine persönliche Frage stellen, Xia. Gab es Probleme oder Absonderlichkeiten beim Sex?«
    »Wie meinen Sie das?« Sie starrte ihn an. »Sie wollen wissen, ob wir uns deshalb getrennt haben?«
    »Ich frage nur, Xia, weil das bei unseren Ermittlungen eine Rolle spielt.«
    Sie antwortete nicht gleich. Als erfahrene Geschäftsfrau wußte sie, wie wichtig gute Beziehungen zu einem leitenden Polizeibeamten waren, vor allem vor dem Hintergrund solcher Ermittlungen. Sie stützte sich auf einen Stapel Kissen und nahm sich eine Zigarette.
    »Über solche Dinge spricht man nur hinter geschlossenen Türen«, nahm sie das Gespräch mit einem schiefen Lächeln wieder auf. »Wollen Sie wirklich wissen, warum wir uns getrennt haben?«
    »Ja«, sagte er und gab ihr Feuer.
    »Unsere Beziehung war zwar in aller Munde, aber in Wirklichkeit war es gar keine richtige Beziehung. In Restaurants oder Cafés durfte ich seine Hand halten, aber das war auch das Äußerste an Intimität zwischen uns. Er hat mich, ob Sie es glauben oder nicht, kein einziges Mal richtig geküßt, allenfalls auf die Stirn, mehr nicht. Vor einem Jahr gab es eine Modenschau am Tausend-Insel-See, der liegt in der Nähe der Gelben Berge. Zufällig hatte er in der Woche auch dort zu tun. Ich richtete es so ein, daß wir im selben Hotel untergebracht waren. Abends kam ich in sein Zimmer, wo wir uns zum erstenmal wie richtige Liebende umarmten und küßten. Vielleicht lag es an der Höhenlage. Wir fühlten uns der Erde entrückt, waren leidenschaftlich bewegt, wie das weiße Wolkenmeer draußen vor dem Hotelfenster. Doch plötzlich machte er sich von

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