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Blut und Silber

Blut und Silber

Titel: Blut und Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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konnte aber nichts hören und entschied sich, sein Versteck zu verlassen.
    Wenig später hastete er durch einen der Wehrgänge und nach oben auf die Mauer. Als er weder links noch rechts von sich jemanden entdecken konnte, wickelte er sich das Seil vom Leib, das er für die Flucht unter seinem Wappenrock verborgen hatte, schlang es um eine der Zinnen und ließ sich außen an der Burgmauer hinab, so schnell er konnte.
    Die letzten zwei Mannshöhen musste er springen, landete im Graben, rollte sich ab und klomm den Wall empor.
    Gebrüll hinter ihm verriet, dass er entdeckt worden war.
    Zischend bohrten sich die Geschosse links und rechts von ihm in den Boden; eines streifte seinen linken Arm.
    Markus ignorierte den Schmerz, holte Luft und rannte, so schnell er konnte, über den schmalen Pfad, der zwei der Wehrteiche voneinander trennte und der in Kriegszeiten mit Verhack versperrt wurde. Für einen Moment riskierte er es, zurückschauen. Eine Reihe Bogenschützen stellte sich gerade auf, zwei besonders Wagemutige waren dabei, sich an dem Seil herabzulassen, um ihn zu verfolgen.
    Doch sein Vorsprung war zu groß.
    Gleich hatte er das Gebiet erreicht, in dem nahe der Stadtmauer Kauen und Scheidebänke errichtet waren, zwischen denen er Deckung suchen konnte. Problemlos hängte er die zwei Verfolger ab, wartete, bis sein Atem wieder ruhiger ging, und marschierte dann scheinbar gelangweilt durch das Meißner Tor wieder in die Stadt, den Gruß der Torwachen lässig erwidernd. Die Zeit war zu kurz gewesen, als dass hier schon der Befehl eingetroffen sein konnte, einen Aufrührer seines Aussehens festzunehmen oder auf der Stelle zu töten.
    Nun lenkte er seine Schritte nach St. Marien. Die Schäden an dem prachtvollen goldenen Portal waren während seiner Abwesenheit beseitigt worden.
    Er hatte allen Grund, dem Allmächtigen für seinen Beistand zu danken. Außerdem würde ihn Pater Clemens in der Sakristei verbergen, bis er sich im Schutz der Dämmerung wieder hinauswagen konnte. Bei dem Pater, der immer noch mit den Verteidigern der Stadt sympathisierte, konnte er auch die königliche Uniform gegen unauffällige Kleidung wechseln und sich den Bart abnehmen. Denn nun würden bald zweitausend Mann nach einem bärtigen jungen Soldaten suchen, der den Wappenrock eines mittleren Befehlshabers trug.
    »Du bist der verrückteste und wagemutigste Hauptmann, den diese Stadt je gesehen hat!«
    Umringt von seinen Gefährten und den befreiten Gefangenen, stand Markus in einem schon lange aufgegebenen Teil einer Grube, deren Mundloch innerhalb der Stadtmauern lag. Hier würde für die nächsten Tage ihr Versteck sein, bis sie die Befreiten nach und nach aus der Stadt schleusen konnten.
    Die Wirtin vom »Schwarzen Ross« hatte ihnen einen Korb mit Brot, Bier und honiggesüßtem Hirsebrei gepackt und von Christian hereinschmuggeln lassen. Nun stießen sie an und feierten die gelungene Aktion und die glückliche Rückkehr ihres Hauptmanns.
    Der trug inzwischen Tunika und Skapulier eines Franziskanermönches. Pater Clemens hatte ihm nicht nur ein Versteck geboten, in dem er den angesengten Wappenrock ablegen und sich rasieren konnte, sondern ihm die Wunde verbunden, aus dem nahe gelegenen Kloster Mönchskleider geholt und ihm eigenhändig eine Tonsur geschoren. So gelangte Markus unbehelligt durch die Stadt und hoffte, morgen in dieser Verkleidung auch das Stadttor passieren zu können.
    »Dem Allmächtigen sei Dank!«, sagte Herrmann und hob prostend die Kanne mit Bier, bevor er sie kreisen ließ.
    »Dem Allmächtigen und seinem Lehnsmann Pater Clemens«, ergänzte Markus. An einer Täuschung mitgewirkt zu haben, würde den Geistlichen vermutlich in einen Gewissenskonflikt stürzen. Aber Clemens hatte ihm versichert, sich darüber mit Gott einigen zu können.
    »Mag Adolf von Nassau auch der von Gott auserwählte König sein – was seine Gefolgsleute hier treiben, ist alles andere als gottgefällig«, hatte der Geistliche sein Tun gerechtfertigt.
    Herrmann sah im schwachen Licht immer wieder zu Markus und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.
    »Steht dir wirklich gut«, behauptete er fröhlich. »Vor allem die Haartracht. Du solltest nur nicht so grimmig gucken, wenn du glaubwürdig als Mönch durchgehen willst.«
    Die anderen stimmten in sein Lachen ein.
    Nur Jan wirkte unzufrieden.
    »Du hättest ihn töten sollen!«, sagte er zu seinem Bruder, als sich das Gelächter gelegt hatte. »So hast du seinen Rachedurst noch mehr

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