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Blut und Silber

Blut und Silber

Titel: Blut und Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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Abstand hatten es ein paar von Markus’ Leuten geschafft, eine angelegte Sturmleiter mit langen Stangen umzustoßen. Schreiend stürzten die Angreifer in die Tiefe. Doch weiter links scheiterte der Versuch; den Männern gelang es nicht, die Leiter wegzustoßen.
    »Beiseite!«, schrie Ulrich sie an. »Wir empfangen sie mit dem Schwert!«
    Er stach zu, als der erste Kopf die Höhe der Mauer erreicht hatte. Der Mann kam nicht mehr dazu, einen Schrei auszustoßen, bevor er hinabstürzte. Dafür brüllte der zweite umso mehr. Einer der jungen Ritter der Burgbesatzung hatte ihm die Hand abgeschlagen, die er auf das Mauerwerk gelegt hatte, und stieß ihn dann mit dem Schwertknauf hinab.
    Immer neue Angreifer strömten nach, doch nicht einer von ihnen gelangte über die Mauer.
    Vier der eigenen Männer hatten die Kämpfer in diesem Abschnitt der Burgmauer schon verloren: Jedes Mal, wenn der Angriff für einen Augenblick stockte und einer der Verteidiger die Gelegenheit nutzen wollte, heißes Pech über die Männer auf der Leiter zu gießen, traf ein tödlicher Pfeil. Die Burg hatte an dieser Stelle keine Pechnasen, durch die sie die siedende Masse hätten gießen können.
    »Macht die Scharfschützen ausfindig und schießt sie nieder!«, brüllte Markus in dem Getöse seinen Leuten zu.
    Endlich gelang es zwei Männern, das heiße Pech über die Mauer zu schütten. Gellende Schreie kündeten davon, dass sie gut gezielt hatten. Mehrere der Getroffenen ließen die Leiter los und stürzten in die Tiefe. Nun schafften es die Verteidiger, die Leiter umzustoßen. Brandpfeile ließen das Holz in Flammen aufgehen und verwandelten die getroffenen Gegner in lebende Fackeln.
    »Bleib hier und warte auf den nächsten Angriff«, rief Ulrich Reinhard zu, der kurz nickte zum Zeichen dafür, dass er verstanden hatte. Dann rannte er los, nach rechts, denn dort schienen die Männer in Bedrängnis.
     
    Wieder brach der gegnerische Angriff erst ab, als der Morgen graute. So, als wollte der König, dass die Belagerten ihre Verluste bei Tageslicht betrachten konnten. Vielleicht war es sogar so. Irgendwann musste jede Seite ihre Toten bergen und den Verletzten die Wunden verbinden.
    Erschöpft lehnte sich Ulrich gegen eine Zinne und sah sich um. Sein Abschnitt der Burgmauer war am härtesten umkämpft gewesen – wohl wegen Markgraf Friedrichs Banner, das nicht nur die Angreifer herausfordern musste, sondern auch signalisierte, dass hier der Anführer der Burgbesatzung kämpfte.
    Sie hatten mehr als ein Dutzend Männer verloren – durch Pfeile oder Angriffe mit Schwertern und Äxten von den Sturmleitern aus. Doch sie hatten standgehalten.
    Hildegard, die Witwe des Burgvogtes, kam und teilte Brot an die erschöpften Männer aus; ein paar Mägde mit Bier begleiteten sie.
    Ihre Söhne, deren Ernennung zum Ritter noch nicht lange her sein konnte, hatten in Ulrichs Nähe gekämpft und sich tapfer gehalten. Dem Jüngeren hatte ein Schwertstreich die Wange zerteilt. Seine Mutter wurde blass, als sie das sah, und schlug die Hand vor den Mund. Dann bekreuzigte sie sich hastig, Tränen stiegen in ihre Augen, doch keine Klage kam über ihre Lippen.
    Ulrich ging auf den jungen Mann zu, der nicht viel mehr als zwanzig Jahre zählen mochte, auch wenn er jetzt älter wirkte.
    »Geh ins Prägehaus und lass dich verbinden«, sagte er und legte ihm die Hand auf die Schulter. »Du hast tapfer gekämpft. Aber nun sieh zu, dass die Wunde nicht brandig wird.«
    Selbst wenn die Verletzung sauber abheilte – das Gesicht des jungen Mannes würde für immer entstellt bleiben.
    Ulrich schritt die Mauerkrone ab, um die Toten zu zählen und zu sehen, wen er davon kannte.
    Dabei fiel ihm wieder ein roter Haarschopf ins Auge.
    »Du da, Bursche, komm sofort her!«
    Schon stand der Halbwüchsige atemlos neben ihm. »Habt Ihr einen Auftrag für mich, Herr?«
    »Auf die Knie!«, fuhr Ulrich ihn an. Erschrocken gehorchte der Junge, mit zerknirschter Miene, denn ihm wurde sofort klar, dass es jetzt wohl darum ging, dass er einen Befehl missachtet hatte.
    »Nur weil du so jung bist, will ich dir ein letztes Mal die Wahl lassen: Entweder du verschwindest sofort in die Stadt und siehst dort zu, wie du dich nützlich machen kannst, oder du bleibst hier, unter meinem Kommando. Aber wenn du dann noch einmal deinen Posten verlässt, lasse ich dir die Hand abschlagen. Also?«
    »Ich bleibe«, meinte der Rotschopf überraschend kleinlaut. »Und ich werde Euch nicht noch einmal

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