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Blut vergisst nicht: 13. Fall mit Tempe Brennan

Blut vergisst nicht: 13. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Blut vergisst nicht: 13. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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kalkweißer Bau vor der großstädtischen Skyline aus Glas und Stahl.
    Im Aufzug stand ich zusammen mit zwei Männern und einer Frau, alle in Ärztemänteln mit Stethoskopen in den Taschen. Die Frau blätterte in einem Krankenblatt. Die Männer starrten auf die Etagenanzeige, die aufsteigend blinkte. Verstohlen las ich ihre Namensschilder.
    Nussbaum. Wong. Björnsen.
    Kulturelle Vielfalt. Honolulu pulsiert.
    Utagawas Büro befand sich im dritten Stock. Perry war bereits dort, sie saß mit dem Rücken zur Tür. Ihre Haarstacheln zeigten an diesem Tag ein geschmackvolles Magenta.
    Hinter dem Schreibtisch saß ein Mann mit Schildplattbrille und einem Haaransatz, der im Augenblick mitten auf dem Schädeldach begann. Ich nahm an, dass es sich um den eigensinnigen Dr. Utagawa handelte.
    Utagawas Gesicht war fleckig, was auf Erregung hindeutete. Oder auf Acne rosacea. Da ich Perry kannte, vermutete ich Ersteres.
    Utagawa stand auf, als ich eintrat. Zu schnell, als sei er froh über die Rettung. Seine linke Hand ruhte auf einer Akte, die Handfläche gewölbt und die manikürten Fingerspitzen gespreizt wie Spinnenbeine. Bis auf die Akte war der Schreibtisch leer.
    Wir gaben uns die Hand, stellten uns vor. Utagawa deutete auf einen Stuhl neben der ME. Ich setzte mich. Er setzte sich.
    Utagawa richtete die Akte an der Tischkante aus. Verschränkte darauf die Finger.
    »Ich habe es eben Dr. Perry erklärt, wie ich es auch schon dem Detective erklärte, mit dem ich als Erstes sprach. In diesem Fall geht es um einen Minderjährigen. Solange ich nicht die Erlaubnis eines Elternteils oder eines Vormunds oder aber einen Gerichtsbeschluss habe, kann ich über diese Akte nur insoweit sprechen, als mein Berufsethos es erlaubt.«
    Utagawa straffte die Schultern, wie um sich für einen Kampf zu wappnen.
    »Es ist doch Jahre her, dass Sie diesen Jungen behandelt —«
    »Natürlich«, unterbrach ich Perry. »Wir verstehen das völlig und verlangen nichts von Ihnen, wodurch Sie die Vertraulichkeit zwischen Arzt und Patient verletzen könnten.«
    Utagawas Miene entspannte sich leicht. Er nickte mehr mit den Lidern als mit dem Kopf.
    »Bitte.« Ich schenkte ihm mein bezauberndstes Lächeln. »Sagen Sie uns, was Sie können.«
    Utagawas Blick zuckte kurz zu Perry, zurück zu mir und senkte sich dann. Er schlug die Akte auf und fing an, gewissensverträgliche Fakten zu referieren.
    »Am 13. August 2003 wurde der fünfzehnjährige Francis Kealoha von einem Krankenwagen in die Notaufnahme des Queen's Medical Center gebracht. Kealoha hatte sich beim Surfen das linke Bein verletzt...« Utagawa schob sich seine Brille zurecht, »...der aufnehmende Arzt machte eine Röntgenaufnahme und kam zu dem Schluss, dass eine orthopädische Konsultation erforderlich war. Ich war der diensthabende Chirurg.«
    Er blätterte in den Seiten.
    »Nach einer Untersuchung nahm ich den Patienten für einen wiederherstellenden chirurgischen Eingriff auf.« Utagawa presste die Lippen zusammen. Er war fertig.
    »Kealoha hatte eine distale metaphyseale Fraktur der Tibia erlitten?«, fragte ich nach.
    »Neben anderen Verletzungen.«
    »Der Tibiaschaft war instabil, deshalb behandelten Sie die Fraktur durch Streckung mittels eines Calcaneusnagels?«
    »Und anschließender Anlegung eines Gipsverbands. Die Streckung verlief ohne Komplikationen, und die Bruchenden wuchsen wieder völlig zusammen.«
    »Wie lange behandelten Sie Mr. Kealoha nach seiner Entlassung?«
    »Bis zur Entfernung des Gipsverbands. Trotz meines Rats, die Therapie fortzuführen, nahm der Patient danach keinen Termin mehr wahr. Bei seinem letzten Besuch klagte er über eine leichte verbliebene Steifheit im Sprunggelenk.«
    »Haben Sie Mr. Kealohas Röntgenaufnahmen?«
    Ein knappes Nicken.
    »Können wir die Aufnahmen von Mr. Kealohas linkem Unterschenkel mit denjenigen von unserem Unbekannten vergleichen?«
    Utagawa stand auf und ging zu einem Lichtkasten an der Wand. Perry und ich folgten. Ein großes, schwarzes Quadrat klemmte bereits auf der Scheibe.
    Während Utagawa den Kasten einschaltete, zog Perry ihre Aufnahme aus dem Umschlag und klemmte sie neben die, die Utagawa 2003 in Auftrag gegeben hatte. Utagawa schob beide zurecht.
    Wir schauten zwischen antemortalem und postmortalem Bild hin und her und verglichen Details der Knochenarchitektur und der Mikrostruktur.
    Alles passte zusammen. Form und Robustheit des Malleolus. Durchmesser und Kontur der Markhöhle. Dichte und Orientierung der Trabekel. Anzahl

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