Blut von meinem Blut: Thriller (German Edition)
Einzimmerapartment. Die einzige Tür führte zu einem winzigen Badezimmer; Jazz konnte sich nicht vorstellen, dass es tatsächlich benutzbar war. Um aufs Klo zu gehen, musste er sich durch eine schmale Lücke zwischen Waschbecken und Dusche zwängen. Es war unmöglich, sich am Waschbecken auch nur umzudrehen.
Er öffnete das Arzneikästchen, fand aber nichts von Interesse darin und verließ das Badezimmer wieder.
In einer kleinen Nische, die man beim besten Willen nicht als Küche bezeichnen konnte, gab es einen winzigen Herd und einen halbhohen Kühlschrank. Offenbar musste Belsamo sein Geschirr im Waschbecken des Badezimmers spülen.
Jazz machte den Kühlschrank auf und erwartete halbwegs, eine Sammlung von Penissen und Eingeweiden darin zu finden und vielleicht noch ein, zwei Augäpfel. Aber nichts dergleichen. Nur ein Becher Joghurt, etwas Sellerie und eine Packung Energydrinks.
Auf dem Revier kaum mehr als ein Landstreicher, aber im richtigen Leben … von den Energydrinks abgesehen, schien er sich gesund zu ernähren.
Er hebt alles auf. Aber was ist mit den Trophäen? Wo bewahrt diese Packratte ihren Lieblingskäse auf? Wo sind sie?
Jazz untersuchte das ordentlich gemachte Bett. Nichts Ungewöhnliches. Die Buchablagen waren vollgestopft mit größtenteils Sachbüchern – wahre Verbrechen. Das musste nichts zu bedeuten haben. Viele Leute lasen Tatsachenliteratur über Verbrechen. Er überflog die Sammlung trotzdem. Keine Bücher über Billy. Das erschien ihm ein wenig merkwürdig. Würde ein echter Freund wahrer Kriminalfälle nicht wenigstens ein Buch über den größten lebenden Unhold des einundzwanzigsten Jahrhunderts besitzen?
Vielleicht. Vielleicht auch nicht.
Auf einem Beistelltisch lag ein Stapel Post, ordentlich aufeinander. Rechnungen. Jazz sah sie durch. Ein Schreiben war nicht für Belsamo. Die Adresse stimmte, aber der Name war ein anderer. Wer hob fehlgeleitete Post zusammen mit seiner eigenen auf?
Jazz bedauerte allmählich, dass er hergekommen war. Er überlegte, ob er einfach noch einmal ins Bad gehen und nach einem Haar suchen sollte, damit die Polizei die DNA mit der an verschiedenen Hut & Hund-Tatorten gefundenen vergleichen konnte. Vielleicht hatte er sich getäuscht in Bezug auf Belsamo. Vielleicht war seine Logik falsch. Seine Intuition. Und diese magische Gewissheit, die er beim Betreten der Wohnung gespürt hatte – vielleicht war auch die falsch.
Er beschloss, an einem letzten Ort nachzusehen, und legte sich auf den Bauch, um mit der Taschenlampe unter das Bett zu leuchten. Er wusste nicht, was er erwartet hatte, aber es war nicht das, was er fand: einen Laptop. Alt und kastenförmig.
Er zog ihn unter dem Bett hervor und öffnete ihn. Auf dem Desktop war nur ein Ordner.
Er war mit Spiel beschriftet.
Jazz schluckte schwer. Er versuchte, den Ordner zu öffnen, wurde aber nach einem Passwort gefragt, und er hatte keine Ahnung, welches das sein könnte.
WILLKOMMEN IM SPIEL , JASPER .
Der Laptop war nicht mit dem Internet verbunden, aber er checkte trotzdem die zuletzt aufgerufenen Seiten. Er fand eine Menge Links, bei denen es sich um SM -Pornoseiten zu handeln schien, aber ohne Internet-Verbindung konnte er es nicht mit Sicherheit sagen. Er war nicht unfroh darüber.
SM -Pornografie war nicht gerade Jazz’ Ding, aber es hatte nicht unbedingt etwas zu bedeuten. Eine Menge Leute standen auf so etwas, und die überwältigende Mehrheit von ihnen war kein Vergewaltiger und Mörder.
Sonst war nichts von Interesse auf dem Laptop.
Spiel.
Nicht Spiele . Man konnte vielleicht erwarten, dass jemand einen Ordner auf seinem Computer hatte, der mit Spiele beschriftet war. Solitär, Videopoker, Angry Birds und dieses dämliche Minensuchspiel, das Howie so gern spielte.
Aber » Spiel « ? Einzahl?
Enthielt der Ordner etwa Informationen über die Opfer von Hut & Hund? Profile, Dossiers, Listen … Ausschnitte von Webseiten über die Morde? Cyber-Trophäen für einen Irren des Internet-Zeitalters?
Aber wo bewahrt er die echten Trophäen auf? Die Körperteile, die er mitgenommen hat? Wo bewahrt er seine Mordausrüstung auf? Waffen? Stricke? Klebeband? Messer?
Plötzlich nahm Jazz, der sich bisher nur auf den passwortgeschützten Ordner konzentriert hatte, Belsamos Desktop-Hintergrund wahr.
Es war das kristallklare Foto eines schwarzen Vogels. Einer Art Krähe oder Rabe.
Er erinnerte sich an das Geräusch, das Belsamo im Vernehmungszimmer gemacht hatte. Das Krächzen. Genau wie
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