Blutbahn - Palzkis sechster Fall
Erfreut stellte ich
in Juttas Büro mit dem ersten Blick fest, dass eine neue Keksdose auf dem Besprechungstisch
stand. Ich begrüßte Jutta und Jürgen, die immer noch am Computer sitzend recherchierten.
»Ihr habt Polizeischutz für diesen
Pit Teufelsreute angefordert«, begann unsere Kollegin. »Seht ihr da wirklich eine
Notwendigkeit? Ihr wisst ja, was das kostet und welcher administrative Aufwand für
solche Sachen nötig ist.«
Wir setzten uns und berichteten
Jutta von dem Gespräch und übergaben ihr am Ende den Brief.
»Okay, das
ändert alles. Unser Teufel plant also bereits seinen nächsten Coup. Wir werden morgen
früh sämtliche Bahnhöfe des ganzen Streckennetzes abriegeln.«
»Damit unser Teufel gleich bemerkt,
was los ist?« Gerhard war mit Juttas Plan nicht einverstanden.
»Ich werde es machen«, mischte ich
mich ein.
»Was wirst du machen?«, fragten
Jürgen und Jutta gleichzeitig.
»Na, das, was in dem Brief verlangt
wird.«
Jutta hielt inne. »Bist du wahnsinnig,
Reiner? Du kannst doch nicht dein Leben auf’s Spiel setzen. Das überlassen wir einem
Spezialeinsatzkommando. Außerdem könnte es sein, dass der Täter sein Opfer persönlich
kennt. Der würde sofort Lunte riechen.«
»Nein«, antwortete ich. »Ich denke
nicht, dass der Teufel sein Opfer kennt. Dazu erscheint mir seine Vorgehensweise
zu professionell. Wenn ihr unbedingt wollt, kann ich mich gerne etwas verkleiden.«
Ich streichelte mir über meine Haare
und lächelte süffisant. »Obwohl das bei Gerhard einfacher wäre.«
»Hör bloß auf, du Hund! Sonst machst
du den Rest des Umzugs alleine!«
Jutta und Jürgen sahen ihn fragend
an, Gerhard reagierte selten so aufbrausend wie eben. Ich klärte sie auf.
»Pit Teufelsreutes Haarschnitt hat
eher Ähnlichkeiten mit dem von Gerhard.«
»Eine Glatze hat der Typ!«, erwiderte
Gerhard erbost und strich sich über seinen stark zurückgegangenen Haarkranz.
Ich bemerkte deutlich, wie die beiden
sich ein Grinsen verkniffen. Auf Witze über seine rapid weniger werdenden Haare
reagierte unser Kollege jedes Mal ziemlich säuerlich.
Jürgen brachte einen Einwand, der
zum einen von Gerhards Haaren ablenkte und zum anderen berechtigt war.
»Bist du sicher, dass er wieder
als Teufel zuschlagen wird? Er hat doch seinen Umhang unter Metzgers Mobilpraxis
weggeworfen.«
Ich benötigte den Genuss von drei
Marzipanecken, bevor ich darauf eine Antwort wusste.
»Er wird an mit Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit wieder als Teufel zuschlagen, das Versteck unter Metzgers Wagen
war bestimmt nur eine Vorsichtsmaßnahme. Vielleicht waren die Bereitschaftspolizisten
schneller vor Ort, als er gerechnet hatte. Aber sei’s drum, alles ist auf seine
Vision ausgerichtet: der Dreizack als Tatwaffe, die fast alles verhüllende Verkleidung
bis zu der Stinkbombe unter den Sitzen. Ich bin mir sicher, das alles gehört zu
seinem Spiel.«
»Dann hat
er nur noch eine gute Woche zu spielen«, meinte Jutta, »dann ist Fastnacht vorbei
und ein Teufel wäre in der S-Bahn gleich von Anfang an verdächtig.«
Ich blickte zu Jürgen. »Schaust
du bitte noch mal nach, damit wir wirklich alle Teufelsreute haben?«
»Mach ich, Reiner. Bei dem Werkstattleiter
und dem S-Bahn-Fahrer bin ich auch noch am recherchieren. Bisher habe ich keine
verwertbaren Details gefunden.«
Ich bedankte mich und stand auf.
»Bis morgen, Leute. Gerhard, kannst
du mir morgen Abend wieder helfen? Du weißt ja, Stefanies Küche.«
Mein Kollege nickte, während Jutta
eine abschließende Frage hatte. »Ach übrigens, Reiner, was ist mit KPD los? Die
Erwähnung deines Namens reicht, um ihm über dich wildeste Lobeshymnen zu entlocken.«
»Herr Diefenbach weiß halt um meine
Qualitäten«, antwortete ich lächelnd. Demnächst würde ich meine Kollegen aufklären
müssen, doch zunächst wollte ich mein Geheimnis etwas auskosten.
»Bis morgen früh, ich komme gegen
7 Uhr«, verabschiedete ich mich.
Die größte Herausforderung hatte
ich an diesem Tag noch vor mir, doch das wusste ich zu diesem Zeitpunkt nicht. Nein,
es hatte nichts mit meiner Frau oder den Kindern zu tun. Jedenfalls nicht direkt.
Ich parkte
meinen Wagen vor unserem Haus und rieb mir verwundert die Augen: Rund ein Dutzend
aufgeblasener Kondome hingen in den Büschen vor dem Haus. Was hatte das jetzt wieder
zu bedeuten? Ich stieg aus und hatte gerade das erste Kondom erreicht, da kam meine
Nachbarin, Frau Ackermann, zur Tür heraus. Sie musste mich abgepasst haben.
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