Blutbeichte
hatte.
12
Als Joe ins Büro kam, blickten die Detectives der Sonderkommission ihn freudig an.
»Was gibt’s?«, fragte Joe.
Denis Cullen winkte ihn an seinen Schreibtisch.
»Joe«, sagte er, »ich glaube, ich weiß jetzt, wie der Täter sich Zugang zu den Wohnungen verschafft hat.«
»Schieß los«, forderte Joe ihn auf.
»Alle Opfer hatten ihre Kreditkarten ein oder zwei Wochen vor ihrem Tod sperren lassen«, sagte Cullen. »Ihnen sind also die Brieftaschen gestohlen worden. Das würde auch erklären, warum Lowry zwei Brieftaschen hatte. Er hat sich neue Karten ausstellen lassen. Dann hat er die Originale zurückerhalten. In der Nacht, als er starb.«
Joe nickte. »Und wenn der Täter ihre Brieftaschen hatte, heißt das, dass er ihre Adressen, ihre Telefonnummern und ihre Arbeitsstellen kannte. Er ruft die Leute an. Und die sind natürlich dankbar. Und vor allem, sie trauen dem Mann, der so ehrlich ist, ihnen ihre Brieftaschen zurückzubringen.«
»Genau«, sagte Cullen. »Und vorher hat der Täter Zeit genug, sich ein ungefähres Bild von den Opfern zu machen. Er kann sie ausspionieren, kann feststellen, mit wem sie verkehren und wo sie einkaufen, er kann mehrmals bei ihnen anrufen, um zu testen, ob immer jemand zu Hause ist. Er könnte sogar bestimmte Männer als Opfer ausschließen, beispielsweise wenn sie Kinder haben. Jemand, derKinder hat, hat normalerweise deren Fotos in der Brieftasche.«
»Lowry hatte eine Tochter«, warf Rencher ein.
»Ja, das stimmt, aber sie ist jeden Samstag zu ihrer Großmutter gefahren. Das könnte der Täter herausbekommen haben. Vielleicht hat Lowry es am Telefon erwähnt.« Joe zuckte mit den Schultern. »Bobby, Pace – ihr habt die Telefonlisten überprüft, nicht wahr? Ist niemandem aufgefallen, dass die Opfer alle in der Nacht, als sie starben, einen Anruf erhalten haben? Oder ist euch bei den eingegangenen Anrufen irgendwas Ungewöhnliches aufgefallen?«
»Das hätten wir dir gesagt«, erwiderte Pace.
»Würde es dir etwas ausmachen, wenn ich mir die Listen noch mal ansehe?«, fragte Joe.
»Nur zu«, erwiderte Bobby. »Meinetwegen kannst du dir damit die ganze Nacht um die Ohren schlagen.«
Joe wollte gerade etwas erwidern, als das Telefon auf seinem Schreibtisch klingelte.
»Ja?«
»Detective Lucchesi? Joe Lucchesi?«
»Ja.«
»Mein Name ist Preston Blake.«
»Was kann ich für Sie tun?«
»Ich … äh, wird dieses Gespräch vertraulich behandelt?«
»Sicher, wenn Sie es möchten.«
Am anderen Ende der Leitung herrschte für einen Augenblick Schweigen. Joe hörte nur das leise Atmen des Anrufers.
»Hallo?«, sagte Joe schließlich. »Sind Sie noch dran? Was kann ich für Sie tun?«
»Sie arbeiten an dem Fall des sogenannten Besuchers, nicht wahr?«, sagte der Anrufer. »Ich habe Ihren Namen in den Zeitungen gelesen.«
»Ja, ich ermittle in dem Fall. Und? Können Sie mir irgendwelche Hinweise geben?«
»Ich glaube, dieser Besucher …« Der Mann verstummte und holte tief Luft.
Joe wartete.
»Er hat versucht, mich zu töten.«
Joe setzte sich. »Er wollte Sie töten?«
»Ja.«
»Wann war das?«
»Vor sechs Monaten.«
»Mr Blake, haben Sie die Medienberichte über die Ermittlungen verfolgt?«
»Ja, aber deshalb rufe ich nicht an. Es stimmt. Es ist wirklich passiert.«
»Ist es das erste Mal, dass Sie mit uns in Verbindung treten, Mr Blake?«
»Ja.«
»Wieso glauben Sie, dass es der Besucher gewesen ist?«
»Ich habe ihn ins Haus gelassen. Er hat mich nackt ausgezogen, hat mir das Gesicht zerschlagen und eine Waffe auf mich gerichtet.«
»Wie sind Sie ihm entkommen?«
»Ich konnte ihn überwältigen, aber er ist geflüchtet.«
»Okay, Mr Blake«, sagte Joe. »Könnten Sie uns das alles genau schildern? Ich würde gerne mit meinem Partner zu Ihnen kommen und mit Ihnen sprechen, wenn es Ihnen recht ist.«
»Ich … ich weiß nicht.«
»Wenn Sie mir bitte noch mal Ihren Namen sagen?«
»Preston Blake.«
»Geburtsdatum?«
»Sechzehnter April zweiundsiebzig.«
»Und wo wohnen Sie?«, fragte Joe.
»Achtzehn-fünfundvierzig Willow Street, Brooklyn Heights.«
»Wie ich schon sagte, ich würde gerne mit meinem Partner zu Ihnen kommen. Sind Sie heute Nachmittag zu Hause?«
»Ich weiß nicht, ob ich das durchstehe. Seit dem Vorfall war niemand mehr hier, wissen Sie …«
»Sie haben uns angerufen, Mr Blake. Also gehe ich davon aus, dass Sie uns helfen wollen. Sie wollen doch auch, dass der Täter zur Rechenschaft gezogen wird, nicht wahr?
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