Blutbeichte
Wir werden nichts tun, was die Sache für Sie schlimmer macht. Das verspreche ich Ihnen. Wir kommen kurz vorbei, stellen Ihnen ein paar Fragen, und dann sind wir auch schon wieder verschwunden. Wenn es der Killer war, müssen wir dafür sorgen, dass er gefasst wird, bevor weitere Menschen sterben.«
Blake atmete tief ein. »Sie haben gesehen, was er mit seinen Opfern gemacht hat, nicht wahr? Sie haben ihre Leichen gesehen. Nun, der lebende Beweis wird schwerer zu verkraften sein.«
Brooklyn Heights war ein ruhiger Stadtteil und eine der bevorzugten Wohngegenden der gehobenen Mittelschicht, nur eine U-Bahn-Haltestelle von der Wall Street entfernt und doch eine andere Welt. Nachmittags um drei sah man in den Straßen hauptsächlich Kindermädchen, die Sportwagen zu dem kleinen Spielplatz an der Promenade schoben.
»Hübsche Häuser hier«, sagte Joe.
Er bog links in die Willow Street ein, eine ruhige Alle, an der sich gepflegte Villen reihten. Preston Blakes Haus stand auf der rechten Straßenseite in der Nähe einer Straßenkreuzung – ein zweistöckiges, unterkellertes Haus in anglo-italienischem Stil mit einer antiken schwarzen Tür.
Joe klingelte und sagte in die Gegensprechanlage: »Mr Blake? Detective Joe Lucchesi und Detective Danny Markey. Wir hatten telefoniert.« Sie hielten ihre Dienstmarken in die kleine Sicherheitskamera, die in der rechten Ecke über der Tür angebracht war. Nach ein paar Sekunden hörten sie ein mehrmaliges gedämpftes Piepen von innen, gefolgt vom Klacken stählerner Riegel, die zur Seite geschoben wurden. Die Tür schwang nach innen auf.
Joe und Danny wechselten einen Blick. Es war niemand zu sehen. Joe trat ein. Ihm stockte der Atem, als sein Blick durch die große weiße Eingangshalle schweifte. Gut zwei Meter hohe Bücherregale aus weißem Plastik hingen in regelmäßigen Abständen an Stahlseilen von der Decke. Weiße, blitzsaubere Bodenfliesen strahlten im hellen Licht Dutzender Spotlights, die an den Regalen angebracht waren.
Joe trat ein paar Schritte vor und ließ den Blick über die Buchrücken schweifen. Es waren vor allem Bücher über Esoterik, alternative Heilmethoden, Buddhismus und Meditation, Reiki und Yoga.
»Guten Tag«, erklang eine Männerstimme.
Joe und Danny drehten sich um. Der Mann, der auf sie zukam, trug eine weite Khakihose, einen schwarzen Rollkragenpullover und eine rote Baseballkappe, die er tief in die Stirn gezogen hatte. Er war hager, sein Rücken gekrümmt, und er bewegte sich mit schleppenden Schritten. Er machte nicht den Eindruck, als hätte er in den Büchern Antworten auf seine Fragen nach körperlichem Wohlbefinden, innerem Frieden und seelischer Ausgewogenheit gefunden.
Blake hob die Hände. »Keine Sorge«, sagte er. »Auch ich habe den Da Vinci Code gelesen.« Er schenkte den Besuchern ein schiefes Lächeln, das nur die rechte Mundhälfte erreichte. Speichel tropfte auf seine Unterlippe. Er tupfte ihn mit einem Kleenex weg. »Aber mit den Kombinationen ist es so eine Sache.« Er zeigte auf das Tastenfeld der Alarmanlage neben der Tür. »Ich bin sicher, jemand könnte es schaffen, den Code zu knacken. So schwierig ist es nicht.«
»Danke, dass wir kommen durften, Mr Blake«, sagte Joe.
Blake erwiderte nichts, musterte die Detectives nur mit sorgenvoller Miene, als hätte er Angst, Joe und Danny könnten nicht die sein, als die sie sich ausgaben. Blakes Gesichtzeigte deutliche Spuren seiner schrecklichen Erlebnisse. Er war bleich und hatte dunkle Ringe unter den Augen. Die Haut am Kinn war rissig und vernarbt.
Als er sah, dass die Tür noch geöffnet war, flackerte Panik in seinen Augen auf. Rasch schloss er die Tür und schob die Riegel vor.
»Kommen Sie«, sagte er dann.
Blake führte die Detectives an den Regalen vorbei und durch eine schwere Doppeltür in ein spärlich ausgestattetes, geräumiges Wohnzimmer. Der Boden bestand aus poliertem Eichenholz, die Wände waren in einem zarten Gelb gestrichen. Vor dem Fenster hingen schwere grüne Vorhänge. In einer Vase vor dem großen, leeren Kamin standen getrocknete weiße Blumen.
Blake setzte sich auf das weiße Sofa gegenüber der Tür und zeigte auf ein identisches Sofa ihm gegenüber. Danny und Joe nahmen Platz.
»Sie haben ein schönes Haus«, sagte Joe.
»Danke«, erwiderte Blake. »Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten? Kaffee?«
»Gern«, sagte Joe.
»Ja«, sagte Danny. »Danke. Wir trinken ihn beide schwarz.«
Blake zögerte kurz, ehe er aufstand, zu einer
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