Blutberg - Kriminalroman
die Geologie betrifft.«
Katrín schüttelte den Kopf. »Dann versuch doch einfach, mir das in Normalsprache zu erklären.«
»In Ordnung.« Er dachte einen Augenblick nach. Katrín wartete geduldig, doch ihr Stift blieb in Aktion. »In Ordnung«, wiederholte Matthías kurze Zeit später, »diese Untersuchungen haben ans Licht gebracht, dass das Gestein hier an einigen Stellen weniger kompakt ist, als wir angenommen hatten. Das ist eigentlich das wichtigste Ergebnis.«
»Aha. Und was bedeutet das?«
»Was meinst du damit? Es bedeutet das, was ich gesagt habe, dass das Gestein …«
Katrín fiel ihm wieder ins Wort. »Was bedeutet es für das
Projekt? Geringe Verzögerung? Erhebliche Verzögerung? Müsst ihr das Ganze vielleicht sogar abblasen und stattdessen woanders ein Kraftwerk bauen, Milliarden für die Katz? Du weißt, was ich meine.«
Das Lächeln, das Matthías jetzt aufsetzte, erinnerte Katrín an die Reaktionen bei einigen von diesen Jeep-Freaks, mit denen sie und Sveinn manchmal zusammen Abenteuertouren unternahmen, wenn sie es wagte, ihre Meinung dazu zu äußern, wie man am besten eine Furt in Angriff nahm oder auf eine Gletscherzunge hinauffuhr. Sie lächelten dann genauso. Aber selten lange.
»Nein, nein«, sagte Matthías, »so ernst ist das nicht. Es kostet uns natürlich einige Verzögerungen, und für bestimmte Probleme müssen neue Lösungen gefunden werden, aber das stoppt uns nicht. Ganz und gar nicht.«
Sehr schade, dachte Katrín, ließ sich aber nichts anmerken. »Bist du sicher?«, fragte sie. »Soweit ich weiß, wart ihr nach dem Treffen mit diesen Leuten nicht gerade fröhlich gestimmt.«
Matthías lächelte zwar immer noch, doch die Mundwinkel verkrampften sich verdächtig. »Ich bin mir sicher. Selbstverständlich gab es keinen Anlass zur Freude, denn es bedeutet ziemliche Verzögerungen und zusätzliche Kosten, aber …«
»Ich brauche die Ergebnisse dieser Untersuchung«, fuhr ihm Katrín dazwischen. »Hast du sie hier?«
Jetzt verschwand das Lächeln vollständig. Genau wie bei den Jeep-Freaks, wenn sie von dort, wo sie sich hoffnungslos festgefahren hatten, hinter Katrín hersahen, wie sie den Fluss querte oder die Gletscherzunge hinauffuhr.
»Die bekommst du nicht«, sagte er brüsk.
»Was?«
»Das sind vertrauliche Unterlagen, die …«
»Und wir untersuchen einen möglichen mehrfachen Mord«,
unterbrach Katrín ihn ein weiteres Mal. »Wir müssen diese Unterlagen einsehen, und wir werden sie bekommen, entweder hier und jetzt oder morgen, wenn die gerichtliche Verfügung vorliegt, dass ihr sie uns aushändigen müsst.«
»Herrgott noch mal, es geht hier doch nicht um Mord!«, schnaubte Matthías. »Wie oft muss ich es dir noch sagen, es war ein Unfall! Ein schrecklicher Unfall und nichts anderes!«
Katrín zog die Brauen hoch. »Wie kannst du dir da so sicher sein? Steht da vielleicht etwas in den neuen Untersuchungsergebnissen, was dich so sicher sein lässt? Wenn dem so ist, müssen wir sie auf jeden Fall einsehen.«
Matthías schüttelte den kurz geschorenen Kopf und sog lautstark die Luft durch die Adlernase ein.
»Nein«, sagte er, »darin steht nichts über eine potenzielle Gefahr, dass der Grat abstürzen könnte. Dann wären sie ja wohl auch nicht da unten herumspaziert, oder?« Der höhnische Unterton war nicht zu überhören.
»Kaum«, sagte sie mit verhaltenem Lächeln, »und genau deswegen gehen wir davon aus, dass es sich um Mord gehandelt hat, nicht wahr? Wer wollte wen umbringen? Hast du da irgendeine Idee?«
Matthías öffnete den Mund, machte ihn aber gleich wieder zu. Er lehnte sich über den Schreibtisch und die Grimasse, die er schnitt, verlangsamte den Takt von Katríns Kugelschreiber etwas, doch ihre Brauen blieben oben. Sie wartete geduldig. Er gab nach einer halben Minute auf.
»Also …«, begann er zögernd. Katrín ließ den Kugelschreiber ruhen und legte den Kopf schräg. »Ja?« Das klang fast neutral, aber gleichzeitig auch neugierig und aufmunternd, hoffte sie. Matthías verdrehte die Augen und stöhnte.
»Na schön. Wenn … also wenn das kein Unfall war …« Er schlug mit der flachen Hand auf den Tisch, um seine Ansicht
über diese absurde Theorie zu unterstreichen, »dann …« Er zögerte wieder. »Nein«, murmelte er, »das ist doch vollkommen abwegig.«
Nach einigen Sekunden Schweigen überlegte Katrín, dass sie wahrscheinlich die Taktik wechseln und den aufrichtigen Gesichtsausdruck aufsetzen müsse.
»Wir suchen nicht
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