Blutbraut
besser zu ertragen; die G… das Verlangen nach deinem Blut zu beherrschen. «
Schlagartig war mein Mund trocken, war wieder die Enge in meiner Brust. Ich hatte gefragt, hatte es wissen wollen. Es war nicht seine Schuld, wenn die Antwort mich erschreckte. Ich räusperte mich. »Welche … Nebenwirkungen haben sie?«
Nach der Grimasse, die er schnitt, einige. »Sie machen mich langsam«, gab er dann zu. »Und laut Beipackzettel sollte man kein Auto fahren.«
Man sollte …? Ich riss die Augen auf. Er hatte zwei davon genommen, als wir uns überschlagen hatten …
Es war, als hätte er meine Gedanken gelesen. Vielleicht hatte mich aber auch einfach nur mein Gesichtsausdruck verraten. »Sie hatten nichts damit zu tun, dass ich die Kontrolle über die Viper verloren habe, als Max uns von der Straße gedrängt hat. Die Dinger brauchen zwanzig bis dreißig Minuten, bis sie richtig zu wirken anfangen.« In seinen Worten schwang ein ärgerlicher Unterton mit. »Und vielleicht hätte ich ihn ja sogar mit einer Vollbremsung und einem 180-Grad-Turn abhängen können, wenn du nur angeschnallt gewesen wärst. Aber so … wärst du mir bei der Geschwindigkeit am Ende durch die Frontscheibe geflogen.« Er fuhr mit der Hand in einer Wie-auch-immer-Geste durch die Luft.
Ich sog langsam den Atem ein, nickte schwach. »Wie viele darf man davon am Tag nehmen?«
Schulterzucken. »Keine Ahnung. Drei oder vier?«
Keine Ahnung? Wir redeten von Beruhigungstabletten, bei denen man kein Auto fahren durfte, nachdem man sie geschluckt hatte, und er hatte keine Ahnung, wie viele er überhaupt am Tag nehmen durfte? »Und wie viele hast du heute schon genommen?« Ich wagte die Frage kaum zu stellen.
Wieder hob er die Schultern. »Sieben oder acht. Glaube ich.« Glaubte er. » Wie gesagt: Du und Anna zusammen, ihr wart ein bisschen viel für mich nach diesem Tag.« Abermals zog er eine Grimasse. »Aber ich gestehe: Im Augenblick fühle ich mich irgendwie ein bisschen …« Er schien nach dem richtigen Wort zu suchen »… über-entspannt. Möglicherweise ist das auch der Grund, warum ich dir das alles so einfach erzähle.«
Über-entspannt. Innerlich schüttelte ich den Kopf. Wenn sein ›über-entspannt‹ sich auch nur im Entferntesten so anfühlte, wie es mir damals jedes Mal nach nur einer Tablette gegangen
war, wollte ich gerade nicht mit ihm tauschen. »Vielleicht solltest du dann am besten für heute schlafen gehen?«
Sein Mund verzerrte sich zu einem bitteren Lächeln. »Die Zeiten, in denen ich nachts schlafen konnte, sind für mich vorbei, Lucinda. – Seit du da bist, stehle ich mir manchmal am Nachmittag ein paar Stunden oder kurz bevor die Sonne aufgeht. Aber niemals nachts.«
Ich schluckte beklommen. »Warum nicht?« Wollte ich das wirklich wissen? Aber es war zu spät, die Frage war heraus.
»Weil der Wahnsinn der Nosferatu bei mir nachts schon zu dicht unter der Oberfläche sitzt und ich mir dann selbst nicht mehr traue.« Er trat die beiden Schritte, die er zuvor auf mich zugekommen war, wieder zurück. Seine Stimme wurde leise und bitter. »Wenn ich nachts die Augen schließe, träumt der Teil von mir, der bereits Nosferatu ist, davon, dein Blut gegen deinen Willen zu trinken, Lucinda; er träumt davon, dir wehzutun, während er immer wieder die Zähne durch deine weiße Haut gräbt, dein Blut trinkt …« Ich stolperte über den Rand der Stufe, als ich unwillkürlich zurückwich. Der Zug um seinen Mund wurde noch bitterer. Er wandte das Gesicht ab, blickte auf das schimmernde Wasser des Pools. Ich glaubte, ihn etwas flüstern zu hören, das wie »Das Risiko ist mir zu groß« klang.
Ich schlang die Arme um meine Mitte, versuchte, irgendwie das Zittern zu beherrschen, das in meinem Inneren saß. »Und bevor ich nach Santa Reyada gekommen bin?«
»Da habe ich den Vormittag verschlafen.« Die Bitterkeit war ein kleines Stück aus seinem Ton gewichen. Abermals trat er direkt an den Rand des Pools, starrte auf seinen Schatten.
Wieder herrschte sekundenlang Schweigen zwischen uns.
»Vielleicht sollte ich dann schlafen gehen«, murmelte ich irgendwann lahm. Als ich keine Antwort bekam, drehte ich mich um und wollte ins Haus zurückgehen. Die Bewegung schien ihn aus seiner Trance zu wecken.
»Warte, Luz!«
Zögernd wandte ich mich ihm wieder zu. Gerade tastete er die Taschen seines Jacketts ab, warf es über einen der Liegestühle, als er offenbar gefunden hatte, was er suchte. »Ich wollte dir das hier …« Er hob eine
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