Blutbraut
möglich, seine Macht auf dich zu übertragen.«
Schweigen, dann endlich leise: »In Ordnung.«
Sentimentales Balg!
»Schleicht er um die Kleine eigentlich noch immer herum wie die Katze um den heißen Brei?«
»W-was?«
Er verdrehte die Augen. Der Bengel war eine solche Enttäuschung. Aber er würde nun einmal wesentlich einfacher zu kontrollieren sein als jeder andere aus dem Konsortium.
»Hat er das Band mit ihr schon geschlossen?«
»Nein. Zumindest nicht, dass ich wüsste. – Wie du es wolltest.«
Sehr gut. »Dann solltest du dafür sorgen, dass sie das bis morgen Abend auch nicht tun.«
Ein scharfer Atemzug. »Er wird morgen den ganzen Tag mit ihr allein sein. Wie soll ich da …«
Diesmal konnte er ein Knurren nicht unterdrücken. »Dann solltest du beten, dass er seine Zähne weiterhin aus ihrem Hals lässt. Immerhin willst du, dass beide noch immer bei klarem Verstand sind, wenn wir unsere Pläne in die Tat umgesetzt haben. « Nicht, dass das für ihn wirklich von Bedeutung war. Die Kleine wurde danach ohnehin nicht mehr gebraucht. Es sei denn als Spielzeug, mit dem er Joaquín von Zeit zu Zeit belohnen könnte, wenn er tat, was er sollte. Immerhin war es nicht ausgeschlossen, dass sein unwilliger Enkel auch dann noch hin und wieder ein bisschen … ›motiviert‹ werden musste.
Übertrieben laut, damit der Bengel es auch auf jeden Fall hörte, stieß er ein Seufzen aus. »Entschuldige, Cristobál, mir liegt nur an eurem Wohlergehen.« Er leerte das Glas und hielt es César hin, damit er es ihm erneut füllte. »Sorge du dafür, dass dein Bruder und das Mädchen morgen nach Sonnenuntergang noch in dem alten Dorf sind, um den Rest kümmere ich mich. – Gute Nacht, mein – «
»Warte!«
Elendes Balg. »Was noch?«
»Hast du wirklich nichts mit dem Anschlag letzte Nacht zu tun?«
»Du meinst doch nicht wieder dieses ausgebrannte Auto mit dem Burschen aus San Isandro und seinem Mädchen? – Ich habe dir bereits bei deinem Anruf heute Morgen gesagt, dass ich damit nichts zu schaffen habe. Wenn ich deinen Bruder tot sehen wollte, wäre das schon vor Jahren erledigt worden. – Und ehrlich gesagt schmerzt es mich, dass du glaubst, ich würde dich hintergehen.«
Ein Murmeln, das wie eine Entschuldigung klang.
»Du solltest besser wissen, wer deine Verbündeten sind. Und jetzt endgültig: gute Nacht, Junge.« Damit legte er auf, lehnte sich auf der Chaiselongue zurück und nahm erneut einen tiefen Schluck. Das Bouquet dieses ›Weines‹ war einfach ausgezeichnet. »Weißt du, wo das alte Santa Reyada liegt?« Er neigte den Kopf ein klein wenig zur Seite, ließ den ›Wein‹ im Glas kreisen.
»Ja, Patron.«
»Mein zweiter Enkel wird die morgige Nacht dort mit seiner Sanguaíera verbringen. Ich will die beiden bis Sonnenaufgang hier haben. Egal wie. Du hast freie Hand. Sie sollten allerdings noch am Leben sein.«
»Ich verstehe, Patron.«
Lächelnd trank er einen weiteren Schluck. Ja, dessen war er sich sicher. Er betrachtete das Glas. Dieser ›Wein‹ war wirklich exquisit. Schade, dass das Paar, aus dessen Adern er stammte, schon tot war.
23
M ein Rücken war schmerzhaft gegen das Kopfende meines Bettes gepresst, als ich am Morgen aufwachte. Irgendwann in der Nacht musste ich eingeschlafen und daran herabgerutscht sein. Zumindest kauerte ich mit eng angezogenen Beinen auf der Seite, regelrecht um mein Kissen gewickelt. So verkrampft, dass mir alles wehtat. Mein Messer lag noch immer neben mir. Offen. Vermutlich sollte ich froh sein, dass ich mich nicht selbst daran aufgespießt hatte. An meinem Handgelenk schimmerten die Mondsteine neben den Türkisen, dem Bernstein und den Korallen. Das Armband. Mein Geburtstagsgeschenk. Von ihm. Behutsam fuhr ich mit den Fingerspitzen darüber. Mein Herz schlug schneller, während es sich zugleich verkrampfte. Jetzt im Tageslicht war es noch schöner …
Es dauerte einige Sekunden, bis mir bewusst wurde, was nicht stimmte: die Sonne; sie schien zu hell, um gerade erst aufgegangen zu sein. Joaquín hatte mir das ›alte‹ Santa Reyada zeigen wollen … Hastig stemmte ich mich in die Senkrechte. Und stockte in der Hälfte der Bewegung. Bevor er über mich hergefallen war und mir seine Fänge um ein Haar in den Hals geschlagen hatte. Das Messer war der Schwerkraft gefolgt und gegen meine Hand gerutscht. Schaudernd zog ich die Schultern hoch. Aber ich hatte trotzdem Ja gesagt. Nur um mich direkt
danach selbst zu fragen, ob ich von allen guten Geistern
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