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Blutbraut

Blutbraut

Titel: Blutbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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Ich konnte seine Fänge sehen. »Die Jungfrau eilt herbei, um ihren Liebsten vor der Bestie zu retten. Wenn das keine Ironie ist, was dann?« Von einer Sekunde zur anderen war seine bittere Heiterkeit verflogen. »Hier hat niemand geschrien, mi vida. Auf dem Dach ist eine uralte Wetterfahne. Total verrostet. Wenn sie sich tatsächlich mal bewegt, kann das klingen wie ein Schrei.«
    Ich wusste nicht, was ich sagen sollte.
    Irgendwann räusperte ich mich. »Dann sollte ich wohl mal wieder …« Mit einer unsicheren Bewegung wies ich zur Decke.
    Joaquín nickte. Doch dann zog er die Brauen ein wenig zusammen. »Du hast den ganzen Tag noch nichts gegessen, oder? Zumindest nicht, dass ich es mitbekommen hätte. – Vielleicht solltest du dir etwas holen, bevor du nach oben gehst.«
    Unschlüssig sah ich zur Tür. Ich hatte heute tatsächlich noch nichts gegessen. Irgendwie war es in all dem, was seit dem Mittag geschehen war, untergegangen. »Willst du auch etwas?«
    Er beugte sich weiter vor. Die Flüssigkeit schwappte in seinem Glas. »Das, was ich will, kann ich nicht haben.« Sehr langsam holte er Atem. Dann wandte er das Gesicht ab. Das Kerzenlicht fing sich im Stein seines Ringes. »Vielleicht ist es besser, du gehst gleich wieder nach oben. Ich sage Cris, er soll dir etwas hinaufbringen, wenn er wieder auftaucht.«
    Unwillkürlich machte ich einen Schritt zurück. Meine Hand zuckte zu meiner Kehle. Seine Finger schlossen sich fester um das Glas. Seine Oberlippe hob sich, entblößte seine Fänge. »Geh, Luz. Offenbar haben auch fünf Tabletten nicht gereicht.«
    Ich wagte es erst, mich umzudrehen, als ich wieder in der
Halle und sicher war, dass er mich ebenso wenig sehen konnte wie ich ihn. Die Augen die ganze Zeit auf der Tür zum Wohnzimmer stieg ich die Treppe hinauf. Ich kam bis knapp über den ersten Absatz, als das Splittern von Glas erklang. Gefolgt von einem spanischen Fluch. Abrupt blieb ich stehen. Und kämpfte plötzlich mit dem Verlangen, wieder zurückzulaufen, sicherzustellen, dass er nicht noch mehr von dem trank, was auch immer in seinem Glas gewesen war; zu verhindern, dass er noch mehr von diesen elenden Tabletten schluckte; dafür zu sorgen, dass er nicht irgendwelchen anderen Unfug machte.
    Der Regen prasselte gegen die Haustür.
    Schließlich setzte ich mich auf die Treppenstufen, direkt an die Wand, da, wo die Schatten am dichtesten waren. Wie heute Mittag; wie früher so oft; kauerte mich zusammen, damit mich niemand sah; zog das T-Shirt über meine Knie, bis hinunter zu meinen Füßen; legte die Wange darauf; wie früher so oft. Und schaute durch die gedrechselten Säulen des Handlaufs zur Wohnzimmertür. Saß einfach nur da. Abgesehen von den Geräuschen des Regens war es still. Beinah … friedlich.
    Die Frage, was ich hier eigentlich tat, stellte sich mir erst, als im hinteren Teil des Hauses eine Tür ins Schloss fiel und gleich darauf Cris im Durchgang zur Küche erschien. Der Gedanke an Flucht war als Nächstes da. Ich wollte nicht, dass er mich hier sitzen sah, dass am Ende Joaquín davon erfuhr, dass ich die ganze Zeit hier auf der Treppe gewesen war … Mit viel Glück schaffte ich es vielleicht noch, von hier wegzukommen, ohne dass Cris mich bemerkte … Er hatte schon die Hand auf dem Pfosten am Ende des Handlaufs, als Joaquín unvermittelt in der Wohnzimmertür stand und ihn mit einem »Cris, warte!« aufhielt.
    »Was willst du?« Sichtlich widerwillig drehte Cris sich um.
    Ich sank auf meine Stufe zurück, drückte mich gegen die Wand. Wenn sie beide in der Halle waren, hatte ich endgültig keine Chance mehr, ungesehen nach oben zu kommen.
    »Hast du einen Moment Zeit?«
    Cris nahm die Hand vom Treppenpfosten und machte ein paar Schritte auf Joaquín zu. Blieb dann aber wieder stehen. »Was willst du?«, wiederholte er ebenso unwillig wie zuvor.
    »Ich kann hier nicht weg. Nach letzter Nacht ist das Risiko zu groß, Lucinda allein zu lassen. Auch hier auf Santa Reyada.«
    »Sie ist nicht allein. Ich bin auch hier. Schon vergessen?« »Du weißt, was ich meine.«
    Cris ließ ein Schnauben hören. »Ja. Schon klar. – In Ordnung. Du kannst hier nicht weg. Und was habe ich damit zu tun?«
    »Ich muss trinken.« Klangen die Worte tatsächlich so … gequält oder bildete ich mir das nur ein?
    Mit einem Zischen wich Cris zurück. »Das ist pervers.« Offenbar hatte er deutlich schneller begriffen, was sein Bruder von ihm wollte, als ich. Oh mein Gott.
    »Lucinda ist da oben.« Ich

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