Blutbraut
allem stand der gleiche Name: Luca Marini.
Und Joaquíns Brief.
Mi luz,
wenn Du das hier liest, bin ich aus Deinem Leben verschwunden. Endgültig. Wie versprochen.
Was vor Dir auf dem Tisch liegt, ist die zweite Hälfte Deines Geburtstagsgeschenkes. jFeliz cumpleaños!
Zuerst das Wichtigste: Keiner aus der Hermandad, dem Ordre oder von den Nosferatu wird Dir jemals wieder nachstellen. Du existierst für sie nicht mehr. Zumindest solange der Siegelknoten über Deinem Knöchel unversehrt ist. Seine Macht ist unabhängig von meiner. Du bist jetzt eine ›Escondera‹, eine ›Verborgene‹, mi luz. Nach den Gesetzen der Hermandad darf es so etwas eigentlich nicht geben. Mach das Beste daraus!
Die Papiere auf dem Tisch sind echt. Sie werden jeder Überprüfung standhalten. Alles andere kannst Du mit ihnen ganz legal beantragen. Ich hoffe, Du bist mit meiner Namenswahl einverstanden.
Bei der Union Bank of California gibt es ein Konto mit der Nummer 876-6537-897-4, auf dem ein Betrag von 7,4 Millionen Dollar liegt. Das Passwort lautet: Mojave. Das Geld gehört Dir und ist auch nicht zu mir oder meiner Familie zurückzuverfolgen. Mehr konnte ich leider auf die Schnelle nicht von den diversen Konten der Familie abziehen, ohne dass es sofort aufgefallen wäre.
Das Apartment wurde bar bezahlt. Auch das ist nicht zu mir zurückzuverfolgen (auch nicht über den Makler). Das Gleiche gilt für den Wagen auf Parkplatz Nummer
2, der ebenfalls zum Apartment gehört. Tu mir nur den einen Gefallen, Luz, und lass den BMW stehen, bis Du den Führerschein hast!
Die Bilder hast Du sicher auch schon gesehen. Ich wollte, dass Du sie hast. Mach damit, was Du möchtest.
Ich gehe davon aus, dass Du in Sicherheit bist, solange Du nach wie vor niemandem zu blauäugig vertraust oder jemanden kontaktierst, der auch nur ansatzweise irgendetwas mit der Hermandad oder dem Ordre zu tun haben könnte.
Was auch immer passiert: Mich wirst Du nach heute nicht mehr erreichen. Von jetzt an bist Du wieder vollkommen auf Dich allein gestellt. Ich weiß, dass Du klarkommen wirst. Ich wünsche Dir alles erdenklich Gute für die Zukunft. Lebe Dein Leben, so wie Du es willst!
Für immer,
Joaquín
Ich ließ den Brief sinken.
In meiner Kehle saß ein würgender Kloß.
Eine Wohnung – nein, ein ganzes Haus. Ein eigenes Auto. Eine vollkommen neue Identität, mit allem, was es brauchte, um sie ›legal‹ zu machen … Sekundenlang starrte ich blind ins Leere. Er hatte mir ein komplett neues Leben geschenkt.
Wie in Trance stand ich irgendwann schließlich auf, ging zu den Glastüren, öffnete sie, stieß die Läden dahinter auf … Eine Terrasse mit sandfarbenen Fliesen. Wie auf Santa Reyada.
Ein paar Stufen führten in eine Art Garten oder privaten Park: Rasen, blühende Büsche, Palmen. Eine junge Frau, vielleicht in Soledads Alter, spielte mit zwei kleinen Mädchen ein Stück weiter im Schatten von ein paar Bäumen. Sie schaute auf, als eines der Kinder in meine Richtung wies, und lächelte mich an. Mechanisch lächelte ich zurück, ging wieder ins Haus, schloss geradezu übertrieben vorsichtig die Läden und die Glastüren wieder. Noch immer wie benommen nahm ich das Innere des Wohnzimmers wahr; Flachbildfernseher, Stereoanlage, Glastisch, cremefarbenes Sofa mit zwei Sesseln, dicker, weicher, weißer Flauschteppich … Die Küche; modern, hell; ein kleiner Tresen, auf dem eine Schale mit frischem Obst stand, Mikrowelle, Kaffeeautomat, riesiger Kühlschrank … ich öffnete ihn. Vollgestopft mit Dingen, die ich mochte. Der Korridor, ebenfalls hell, offen. Ich wagte es nicht, zu den Bildern hinzusehen, stieg die Treppe in den ersten Stock hinauf. Das unbenutzte Schlafzimmer; Futon, Nachttisch, Sessel, kleiner, runder Tisch, Türen, die zu einem Kleiderschrank führen mochten, eine weitere Tür, wahrscheinlich ins Bad, das offenbar zwischen diesem und dem Schlafzimmer lag, in dem ich zu mir gekommen war. Ich warf einen Blick hinein. Zwei Türen zu beiden Seiten. Bis unter die Decke hell, wie Perlmutt schimmernd gefliest. Dazwischen Ornamente in Blau und Silber, Whirlpool – Badewanne und Walk-in-Dusche. Tiefblaue Badvorleger. Die Sachen aus meinem Badezimmer auf Santa Reyada waren in ein Regal neben Waschbecken und Spiegel einsortiert. Ein paar benutzte Handtücher lagen im Wäschekorb. Das Schlafzimmer, in dem ich aufgewacht war: Teppiche, so dick, dass meine Zehen darin versanken. Ein begehbarer Kleiderschrank, in den die Sachen eingeräumt
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